Das Erbe der ersten Menschheit (German Edition)
machte eine ärgerliche Handbewegung. „Das ist überhaupt nicht hervorragend. Sie kommen viel zu schnell voran. Wenn ich die Suche nach der richtigen Energieversorgung nicht verzögert hätte, wären sie noch weiter. Sie haben schon begonnen, Pflanzen zu züchten. Und im vierten Container dürften aller Logik nach neben weiterer Technik einfache Tiere zu finden sein.“
„Wo ist das Problem?“, fragte Bakshi.
„Wo das Problem ist?“ Der Professor sah Bakshi an und schüttelte dann den Kopf. „Sie verstehen wirklich nicht. Wenn sie mit Container 4 durch sind, wollen sie den fünften. Das Argument der gefährlichen Strahlung zieht dann nicht mehr. Ohne die Aufgaben aus Nummer fünf zu lösen, geht es nicht weiter. Wir müssen spätestens dann etwas präsentieren, wenn sie mit dem vierten Container fertig sind. Wenn wir das schaffen, wird die Überraschung so groß sein, dass kritische Fragen untergehen. Wenn wir das nicht schaffen, haben wir ein Problem. Wir werden keinen Ruhm haben, sondern Ärger. Und dafür habe ich das Ganze hier nicht aufgebaut.“
Bakshi sagte nichts. Er konnte Hawker in gewisser Weise sogar verstehen. Anfangs hatte er selbst so gedacht. Aber da hatte er noch nicht gewusst, was sie in Container 5 finden würden. Er sah wieder zu dem Wesen in der Nährlösung. Irgendwie änderte das alles.
Hawker sah suchend über den Monitor der Steuerkonsole.
„Sie haben mir vor ein paar Tagen die Steuerung erklärt. Es gab da eine Anzeige für die Leistung des Brüters. Wo finde ich die?“
Bakshi rief das Menü auf. Es war eigentlich nur ein Balken mit Zahlen von null bis einhundertachtzig. Bis hundertzwanzig war er Gelb, bis hundertvierzig orange und dann wurde er rot. Im gelben Bereich war alles in Ordnung, darüber wurde es kritisch. Jetzt lief der Brüter bei einhundert.
Der Professor berührte den Balken und zog die Anzeige auf hundertvierzig. Das blaue Licht um den transparenten Behälter wurde heller, die Vibrationen verstärkten sich.
„Was machen Sie da?“, fragte Bakshi erschrocken.
„Ich erhöhe die Leistung. Wir müssen schneller fertig werden.“
„Das ist riskant. Wenn etwas schiefgeht, stehen wir mit leeren Händen da.“
Der Professor winkte ab. „Das Gerät der Lantis hält das mit Sicherheit aus, und Y bestimmt auch. Wer so eine Skala macht, hat immer eine Sicherheitsreserve drin. Erst ab Rot wird es wirklich kritisch.“
Das Wesen im Brüter bewegte sich schneller, irgendwie hektisch.
„Sehen Sie doch“, sagte Bakshi.
„Das halte ich bei einem beschleunigten Prozess für eine natürliche Reaktion. Y wird sich dran gewöhnen, und in ein paar Tagen ist sowieso alles vorbei.“
Hawker ging.
Bakshi stand neben dem Wesen und wusste nicht, was er tun sollte. Er hätte es am liebsten in den Arm genommen und getröstet.
Jetzt zuckte es, als hätte es einen Krampf.
Bakshi musste an seine Tochter denken. Einmal war er verheiratet gewesen, das war lange her. Für einen Mann seiner geringen Größe war es extrem schwierig, eine Frau zu finden. Er hatte Asha, seine Frau, geliebt, und dann kam Devi, eine Tochter und der Traum seines Lebens. Bis zu diesem Verkehrsunfall, den Bakshi jede Nacht neu durchlebte. Betrunkene Jugendliche waren zu schnell gefahren, hatten ihn abgedrängt und waren danach einfach abgehauen. Die ganze Beifahrerseite seines Wagens war zerfetzt. Asha war sofort tot gewesen, Devi eine Viertelstunde später. Er hatte sie im Arm gehalten, sie hatte ihn aus großen Augen angesehen - und dann auch gezuckt. Ein letztes Mal.
Bei dieser Erinnerung bahnten sich Tränen ihren Weg. Das Wesen vor ihm verschwamm.
Bakshi wartete einen Moment, bis er wieder klar sehen konnte. Dann ging er zur Konsole und fuhr den Balken auf einhundertzwanzig. Das war immer noch mehr als bisher, aber doch im sicheren Bereich. Mochte Hawker das später in den Protokollen sehen, was spielte das am Ende für eine Rolle? Bakshi wollte nie wieder eine kleine Leiche in Armen halten, ob braun oder grün war doch unwichtig.
Das Wesen zuckte unruhig mit Armen und Beinen und krümmte sich zusammen.
29.
Olaf und die Kinder schliefen noch, Anne nicht mehr. In der Nacht hatte sie das Gefühl gehabt, dass sich ein neuer Teil in ihrem Kopf öffnen würde, und das ließ ihr keine Ruhe.
Sie stand auf und ging auf die Terrasse. Es war ein lauer Sommermorgen, die Sonne war gerade aufgegangen, die Luft roch unverbraucht und frisch. Für einen Gang in den Wald reichte die Zeit nicht, mittags
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