Das Erbe der ersten Menschheit (German Edition)
Yras Augen strahlten grün wie Smaragde, viel mehr, als Anne das im Wasser des Sees wahrgenommen hatte. Yras Haut war so grün wie ein frisch gemähter Rasen und trug einen Glanz, als ob sie gerade in der Sauna angenehm geschwitzt hätte. Dabei war sie trocken und samtig.
Yra begutachtete eine Stelle über ihrer linken Hüfte genauer. Da gab es einen schokoladenbraunen Fleck, etwa so groß wie ein Handteller. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund verweigerte ihr Körper dort das Chlorophyll. Selbst mehrere Nachbehandlungen hatten zu keinem Erfolg geführt. Sie musste damit leben, eine Erinnerung an die eigentliche Farbe ihrer Haut vor der Genbehandlung.
„Wasser“, sagte Yra.
In der gleichen Sekunde fing es an zu regnen. Jedenfalls fühlte es sich so an. In der Decke verborgene Düsen verteilten das Wasser gleichmäßig. Ein sanfter Regen prasselte auf sie herab. Es begann, exotisch zu duften, mit einem Hauch von Minze. Das Reinigungsmittel prickelte auf der Haut, unterstützt durch den Infraschall aus den vibrierenden Wänden. Dann kam wieder nur Wasser, dieses Mal stärker. Das Wasser hörte auf und aus der Decke und den Wänden wehte ein Lufthauch. Yra hob wieder die Arme und genoss die warme, trocknende Brise.
In der Wohnung war ein Geräusch. Das konnte nur Korgh sein, er besaß als Einziger außer ihr Zutrittsrecht. Ihre Pulsfrequenz erhöhte sich leicht.
Yra verließ die Hygiene -Nische und ging ins Wohnzimmer. So leise, dass selbst Korgh sie nicht bemerkte. Da lag er auf der Couch, auch schon nackt. Sein Körper strahlte Kraft aus. Korgh hatte ihn nach allen Regeln der Kunst optimiert, kein Gramm Fett, überall wohlausgebildete Muskeln. Seine Augen zeugten von dem unbedingten Willen nach Macht. Seine Männlichkeit war beeindruckend, die Erregung deutlich sichtbar. Jetzt bemerkte er Yra. Zur Macht gesellte sich Gier.
„Komm her“, sagte er bestimmt. „Heute Abend ist eine Sitzung des Hohen Rats, und vorher habe ich noch einen Termin.“
„Der Hohe Rat wartet nicht auf dich?“, sagte Yra lässig. Sie wusste, wie sehr es Korgh ärgerte, dass er dort kein Mitglied war. Er hatte viel unternommen, um in den Rat gewählt zu werden, hatte aber nie Erfolg gehabt, der erfolgsverwöhnte Korgh.
Sie sah, wie sich seine Muskeln spannten. Neben die Gier in seinen Augen trat Wildheit.
„Ich habe nicht viel Zeit“, sagte er mühsam beherrscht.
Andere hätten sich jetzt beeilt, hätten Angst gehabt, wenn sie Korghs Blick gesehen hätten. Ein gereizter Velociraptor. Yra freute sich auf ein berauschendes Erlebnis.
Sie ging betont langsam auf ihn zu. „Du wirst so viel Zeit für mich haben, wie ich brauche.“
Jetzt streckte sie die Hand aus, um ihn zu berühren ...
Autsch!
Der Film war gerissen, die Sequenz zu Ende. Anne hatte nicht aufgepasst, um rechtzeitig den „Sprung in der Platte“ zu überbrücken. Sie war zu sehr selbst gefangen gewesen von der Szene. Die Folgen ihrer Unaufmerksamkeit waren heftige Blitze in ihrem Kopf. Sie musste erst wieder in der heutigen Realität ankommen. Irgendwie spürte sie Enttäuschung.
Aus dem Schlafzimmer tönte die Melodie von Olafs Wecker. Es war zu spät, um die Szene zu wiederholen.
Anne horchte in sich hinein. Sie war selbst erregt, so real war alles gewesen. Puh. Auf ihrer Haut zeichnete sich ein leichter Schweißfilm ab.
Sie schloss ein letztes Mal die Augen.
Yra, wer bist du? Und vor allem: Wie kommst du in meinen Kopf?
30.
Walter Bullrider wartete in der Empfangshalle auf Anne. Er trug ein kurzärmeliges blaues Hemd und eine leichte Stoffhose.
„Schön, dass du dich entschlossen hast mitzumachen“, sagte er.
„Ich kann dich doch nicht in so einer Sache alleine lassen. Aber ob es am Ende schön wird, müssen wir erst mal abwarten. Falls wir Erfolg haben sollten, wird Myers den nicht umsonst bekommen. Er wird einen Preis zahlen müssen.“
Walter fasste Anne am Arm, so dass sie stehen blieb.
„Was ist?“, fragte sie.
„Du hast dich sehr verändert.“
„Man verändert sich ständig.“
„Du bist so unbeugsam, so tough, unerschrocken.“
Anne lachte. „Als wir uns kennengelernt haben, war ich bis kurz vorher noch Studentin gewesen. Seitdem habe ich mit Geheimdiensten zu tun gehabt, zwei lebensgefährliche Einsätze hinter mir, mehrmals dem Tod in die Augen gesehen, die eine oder andere Katastrophe verhindert - das ist ja schon was. Das geht kaum spurlos an einem vorbei.“
„Klar. Aber ich meine, es wäre in der letzten Zeit mehr
Weitere Kostenlose Bücher