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Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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bevor sein Mut ihn verlassen konnte, setzte er hastig hinzu: »Ich werde nicht zurückkommen.« Seine Stimme erstarb, als ihm der Schmerz die Kehle zuschnürte.
    Verwirrung huschte über das Gesicht des Ritters, das von den ersten, noch schüchternen Strahlen der Morgensonne erhellt wurde. Während er allmählich zu begreifen schien, was diese Aussage zu bedeuten hatte, versteifte sich seine Haltung und zwei steile Falten traten zwischen die dichten, grau melierten Brauen. Die breiten Schultern schoben sich nach vorn, beinahe als wolle er sich auf den einen halben Kopf kleineren Wulf stürzen, um ihm den Verstand zurechtzurütteln.
    Den Bruchteil eines Momentes fürchtete Wulf, er könne ihn erneut ins Angstloch werfen und für immer dort schmoren lassen, doch ungeachtet dessen brach der Damm in ihm und er platzte hervor: »Es tut mir leid, wenn ich Euch enttäuscht habe, aber aus mir wird nie ein Ritter. Ganz egal, wie sehr Ihr Euch das wünscht. Ich bin und bleibe ein Steinmetz!« Er holte tief Luft, um fortzufahren, doch sein Vater, dessen Kopf mit einem Mal zu schwer schien, um ihn hochzuhalten, kam ihm zuvor.
    »Du hast mehr von einem Ritter in dir als manch anderer«, erwiderte dieser leise, und der traurige Unterton in seiner Stimme bedrückte Wulf mehr, als wenn der Ritter getobt, geflucht oder ihn angebrüllt hätte.
    »Ich kann nicht hierbleiben«, versetzte der junge Mann niedergeschlagen und hob verzweifelt die Hände. »Dieses Leben ist nicht mein Leben.« Entgegen aller Anstrengungen schwammen seine Augen, da sich die Trauer nicht mehr länger unterdrücken ließ. Während sein Vater ihn wortlos betrachtete, kämpfte Wulf gegen den Aufruhr der Gefühle an. Zuerst dachte er, Verachtung und Enttäuschung in den Zügen des Katzensteiners zu lesen, doch als auch dieser sich verstohlen mit dem Handrücken über die Augen fuhr, wurde ihm klar, dass es dem Älteren genauso schwer fiel wie ihm selbst, wenigstens den Anschein der Selbstbeherrschung zu wahren.
    »Triff keine übereilte Entscheidung«, bat der Hüne schließlich tonlos. »Wenn du das Mädchen gefunden hast, ändern sich deine Gefühle vielleicht und du kannst sehen, wie viel mehr dir ein Leben als Ritter zu bieten hat.« Sein Brustkorb drohte, den Rock zu sprengen, als er einen tiefen Atemzug tat.
    »Ich weiß, dass ich deine Entscheidung nicht umkehren kann. Ich würde an deiner Stelle vermutlich genauso handeln.« Ein Schatten verdunkelte das wettergegerbte Gesicht und die kampferprobte Pranke zitterte, als er nach der Hand seines Sohnes griff. Er lachte trocken. »Es scheint, als hätten wir den gleichen Sturkopf.« Ein kaum wahrnehmbarer Funken glomm in seinen dunklen Augen. »Aber vergiss niemals, dass das Blut eines Katzensteiners in deinen Adern fließt. Und auch nicht, dass du der Spross einer mutigen und selbstlosen Frau bist.«
    Die Enge in Wulfs Brust wollte ihn ersticken, als sein Vater ihn losließ, um sich den fein bestickten Wappenrock über den Kopf zu ziehen. Zusammen mit seinem Siegelring, den er vom Finger gestreift hatte, reichte er ihn seinem Sohn, der nicht wusste, was er sagen sollte.
    »Trage diese Farben mit Stolz.« Er biss die Zähne aufeinander, bevor er hinzufügte: »Wann immer du es dir anders überlegst oder Hilfe brauchst, die Tore Katzensteins werden immer weit offen stehen.« Sein Mund verzog sich zu einem schwermütigen Lächeln, als er seine Geldkatze losmachte, um diese eigenhändig an Wulfs Gürtel zu befestigen. »Das sollte reichen, um Brigitta freizukaufen und eine Handvoll Kaltblüter zu erstehen. Wenn der Boden des Handwerkes nicht so golden ist, wie du denkst, und du trotzdem an deinem Entschluss festhältst, dann nimm das, um eine eigene Zucht aufzubauen. Du hast das richtige Gespür.« Ein Muskel in seiner Wange zuckte, als er um Haltung rang. Einen Moment wirkte es, als wolle er sich selbst Lügen strafen und Wulf gewaltsam zurückhalten, doch dann ließ er die Hände an die Seiten sinken und stieß gepresst hervor: »Geh mit Gott, mein Sohn. Ich werde jeden Tag dafür beten, dass du das Glück findest, das du dir erhoffst.« Mit diesen Worten drückte er die Hand seines Sohnes ein letztes Mal mit knochenbrechender Kraft, bevor er sich hastig abwandte und ohne sich umzublicken in der Halle des Palas verschwand.

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    Als Wulf von Katzenstein wenig später mit tränenverschleiertem Blick die Zinnen des Bergfriedes betrat, fand er seine Gemahlin bereits dort vor. Eingehüllt in einen leichten

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