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Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Spur Anerkennung lag, bevor er Wulf am Kinn packte und ihn mundtot machte. »Tu dir selbst einen Gefallen und halt das Maul«, riet er beinahe freundlich. »Dann kommst du heute vielleicht ohne Prügel davon.« Damit nickte er seinem Begleiter zu und trottete zurück zum Ausgang. Als hätten diese Worte die Kraft aus Wulfs Gliedern gesogen, sackte der junge Mann in sich zusammen, während sein Magen sich verkrampfte.

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    Versonnen drehte Eberhard von Württemberg den Siegelring an seinem Finger hin und her. Auch wenn ihm der erste Impuls eingeflüstert hatte, den unverschämten Katzensteiner auf der Stelle in Ketten legen und zu seinem Bastard schaffen zu lassen, hatte die kaum vernehmbare Stimme seines Verstandes ihn davon abgehalten, diesen Fehler zu begehen. Denn ein Fehler wäre es zweifellos gewesen. Waren die Häuser derer von Oettingen und Württemberg nicht seit über einem halben Jahrhundert durch Heirat und gemeinsame Interessen miteinander verbunden? War nicht Konrad von Oettingen vor beinahe sechzig Jahren geächtet worden, weil er für einen Württemberger Partei ergriffen hatte? Er presste das Kinn auf die Brust und starrte auf den fein bestickten Saum seines Gewandes. Und kämpften die Oettinger nicht genauso erbittert wie er selbst gegen die sich immer weiter ausbreitende Macht der Reichsstädte an? Geistesabwesend vertrieb er eine aufdringliche Fliege, die sich immer wieder auf seinem Arm niederlassen wollte.
    Um sich vor den Forderungen des Kaisers Karl IV. zu schützen und ihre Privilegien zu wahren, hatten sich einige der Reichsstädte zu einem Schwäbischen Städtebund zusammengeschlossen, der Eberhard ein besonderer Dorn im Auge war. Da der Kaiser es unter anderem ihm übertragen hatte, die von den Bürgern geforderten Abgaben einzutreiben, missfiel ihm die zunehmende Stärke der reichen Städter zusehends. Vor allem die Macht der Stadt Nördlingen, vor deren Ringmauer sich die Ländereien der Grafen von Oettingen erstreckten, bereitete ihm Kopfzerbrechen. Was, wenn die aufmüpfigen Bürger auf die Idee verfallen sollten, ihr Einflussgebiet auszudehnen oder gegen ihn als Landesherrn aufzubegehren?, grübelte er. War es dann nicht besser, die nur wenige Meilen entfernt liegende Burg Katzenstein in befreundeter Hand zu wissen? Hin und her gerissen zwischen Enttäuschung und Hochstimmung rieb er sich mit der Linken über den beinahe kahlen Kopf, den er von dem zu warmen Samthut befreit hatte.
    Zwar lockte die Versuchung, den anmaßenden Burschen vollkommen zu ruinieren, doch damit würde er ohne Zweifel den Groll der Oettinger auf sich ziehen. Immerhin war der Einfaltspinsel mit einer Schwester der Grafen verheiratet. Ein Lächeln huschte über seine faltigen Züge. Ob diese Dame wohl von der unglücklichen Liebschaft ihres Gatten wusste?
    Er stemmte die Hände auf die Knie und erhob sich mit knackenden Gelenken. Wie der Vater, so der Sohn, dachte er beinahe heiter, als er sich ausmalte, wie viel Sturheit nötig war, um Arnfried – dem flachsblonden Ritter, den er mit der Befragung des Gefangenen beauftragt hatte – zu trotzen. Zugegeben, der junge Bursche schien zäh – eine Tatsache, die für gewöhnlich Eberhards Bewunderung erregte. Doch war er seiner Mutter zu sehr aus dem Gesicht geschnitten, als dass der Graf die Gefahr ignorieren konnte, die von ihm ausging. Sollte seine eigene Gemahlin ihm endlich den lang ersehnten Sohn schenken, durfte er auf keinen Fall das Risiko eingehen, dessen Ansprüche durch einen Bastard seiner Schwägerin zu gefährden!
    Sein Blick fiel auf das zerknitterte Wappen, das seine Männer – neben einer nicht unbeträchtlichen Summe Geldes – in den Kleidern des Jungen gefunden hatten. Offenbar hatte er gewusst, dass er ein Sohn Wulf von Katzensteins war, auch wenn er das trotz der peinlichen Befragung immer wieder geleugnet hatte. Mit einem tiefen Seufzer trat Eberhard ins Freie und ließ den Blick zu dem Schimmelhengst auf der an sein Lager angrenzenden Koppel wandern. In diesem Punkt würde er hart bleiben. Auch wenn es einen Weg geben sollte, mit dem er sein Gesicht wahren und dem Katzensteiner gleichzeitig ein horrendes Lösegeld ersparen konnte; auf das feurige Vollblut würde er nicht verzichten! Als zöge ihn das Tier magisch an, lenkte Eberhard die Schritte auf das Gatter zu und beugte sich wenig herrschaftlich darüber, um dem neugierigen Araber die Flanke zu tätscheln. Morgen würde er eine Entscheidung treffen. Und wie dieser Entschluss

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