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Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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erschlaffen. Wie war er nur in diesen Schlamassel geraten?, fragte er sich matt, während er die Winkel seines Gedächtnisses durchforstete. Was für einen Grund konnte es geben, dass ihn einer der mächtigsten Männer des Reiches hatte festnehmen lassen?
    Eine lange Zeit lag er regungslos da und lauschte dem immer heftiger werdenden Austausch, der aus dem Nachbarzelt zu kommen schien, ohne jedoch die Worte zu begreifen. Während er gegen die zunehmende Panik ankämpfte, konzentrierte er sich darauf, tief und bewusst zu atmen und seine Kräfte zu sammeln, bis er schließlich das Gefühl hatte, einen weiteren Versuch unternehmen zu können. Die Ketten, mit denen man ihn an einen in die Erde gerammten Pflock gefesselt hatte, klirrten leise, als er sich quälend langsam in eine sitzende Position schob. Wenngleich er sich um ein Haar übergeben musste, biss er die Zähne zusammen und robbte weiter nach hinten, bis er seinen geschundenen Rücken gegen das raue Holz lehnen konnte.
    »So viel habe ich nicht!«, knurrte ein nur mühsam beherrschter Bariton nebenan, woraufhin ein hässliches Lachen erscholl.
    »Nun, das ist Pech für Euch«, höhnte die Stimme, die Wulf als die des Grafen von Württemberg erkannte. Sein Magen rebellierte, als das hassverzerrte Gesicht des Adeligen vor seinem inneren Auge auftauchte.
    »Endlich!«, hatte dieser gezischt, als der blonde Ritter Wulf vor zwei Tagen vor ihm auf die Knie gezwungen hatte. »Seit über zwei Jahren suche ich nach dir!«
    Benommen und verängstigt hatte Wulf versucht, die Verwechslung aufzuklären, um die es sich zweifellos handeln musste, als der Fette mit dem Elefantenwappen vorgetreten war und mit einem zufriedenen Lächeln eine Geldkatze entgegengenommen hatte. »Wenn wir mehr Männer wie Euch hätten, gäbe es sicherlich keine Probleme mehr im Land«, hatte der Graf zynisch gesagt und dem Mann ein Zeichen gegeben, sich zu entfernen. Daraufhin hatte er sich wieder seinem Gefangenen zugewandt und honigsüß bemerkt: »Warum nehmen wir nicht die tote Hure als Anlass dafür, dich nach Augsburg zu verkaufen?« Ein kaltes Lächeln hatte die blassen Lippen geteilt. »Zufällig weiß ich, dass man dort seit Monaten versucht, Verbrecher für eine Hinrichtung zu erwerben. Ansonsten langweilt sich der Pöbel!«
    Obschon Wulf bis zu diesem Moment gegen die Furcht angekämpft hatte, hatten ihm bei diesen Worten die Zähne geklappert. Doch bevor er ein weiteres Mal protestieren konnte, hatte der Graf dem blonden Ritter und einem weiteren riesigen Kerl zu verstehen gegeben, ihm Wulf aus den Augen zu schaffen. Und was dann gekommen war, wollte er am liebsten vergessen. Behutsam versuchte er, die Beine an den Körper zu ziehen, doch das Feuer, das dabei seine Seite hinablief, ließ ihn entkräftet aufgeben. Beinahe ängstlich tastete er mit brennenden Augen seinen nackten, mit Platz- und Schürfwunden übersäten Körper ab, bis er sich schließlich ermattet und erleichtert wieder nach hinten sinken ließ, um die Augen zu schließen.
    Offenbar hatte er Glück im Unglück gehabt und es war nichts gebrochen – außer der Nase, die immer noch die Spuren des Kampfes mit Ortwin trug. Ortwin! Wie aus dem Nebel tauchte die Szene am Donauufer vor ihm auf – die tote Frau und der triumphierende Ausdruck auf Ortwins Visage, als die Männer des Grafen Wulf abgeführt hatten. Die schreckliche Erkenntnis fuhr ihm glühend heiß ins Mark.
    »Oh, mein Gott«, flüsterte er entsetzt und bäumte sich mit einem Schrei auf, um die Ketten aus dem trockenen Holz zu reißen. Vergessen waren die Qualen, die vor dem unvermittelt aufflammenden Zorn verblassten. Während er sich immer und immer wieder nach vorn warf, um seine über dem Kopf gefesselten Hände zu befreien, troff ihm der Speichel vom Kinn und Tränen der Verzweiflung rannen seine Wangen hinab. Er musste Brigitta warnen! So heftig zerrte er an den Fesseln, dass die Haut an seinen Handgelenken bereits nach wenigen Momenten zu bluten begann.
    Sein Toben lockte in Windeseile die beiden Wächter herbei, die vor dem Eingang Posten bezogen hatten. »Brigitta!!«, brüllte er heiser und schluchzte trocken, als ihn der Handrücken des blonden Hünen mitten im Gesicht traf. Er konnte sie doch nicht hilflos einem Mörder ausliefern! »Bitte«, wimmerte er und versuchte, nach den Männern zu treten, die sich kopfschüttelnd zu ihm hinabbeugten. »Ich muss zu ihr!« »Müssen wir das nicht alle?«, spottete der Blonde, in dessen eisblauen Augen eine

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