Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)
gut überblicken– allerdings nur, soweit es das dichte Geäst und Blätterwerk der umliegenden, niedrigeren Bäume zuließ. »V ielleicht fällt Euch ja ein einzelner Halbling auf, der sich durch die Äste von Krone zu Krone schwingt«, gab Arvan seiner ziemlich irrealen Hoffnung Ausdruck.
»I ch werde darauf achten«, versprach Grebu. »D u allerdings solltest dich vollkommen auf die Aufgabe konzentrieren, die vor dir liegt. Auch der Gedanke daran, dass sich dein Gefährte Neldo vielleicht in Gefahr befindet, darf dich davon nicht abhalten.«
»I ch weiß«, flüsterte Arvan.
»E s geht umso viel mehr, als wir alle uns vorstellen können. Man erzählt überall davon, dass du ein großer Held seist, weil du den siebenarmigen Riesen erschlagen hast.«
»I ch hatte noch wenig Zeit, irgendwelchem Gerede zuzuhören«, sagt Arvan.
»D ann sieh zu, dass man dich nicht eines Tages verflucht– als denjenigen, der die Möglichkeit gehabt hätte, uns alle zu retten, und es nicht getan hat, weil er eine einzigartige Chance ungenutzt ließ.«
Als Arvan sich schließlich von einer gehorsamen Ranke zu den Wurzeln des Runenbaums tragen ließ, warteten die anderen bereits auf ihn.
»W ir brechen gleich auf«, kündigte Borro an und fasste damit wohl das zusammen, was Lirandil inzwischen zu den anderen gesagt hatte. »E hrlich gesagt hätte ich ja nichts dagegen gehabt, wenn wir noch die Nacht hier verbracht hätten. Das wäre auf jeden Fall sicherer, als es da draußen in den Wäldern ist, wo es doch überall von Orks nur so wimmelt. Aber Lirandil meint, dass wir keine Zeit hätten und die Stunden bis zum Einbruch der Dunkelheit noch nutzen sollten.«
»W ir ziehen nach Nordosten zur Dichtwaldmark«, erklärte Lirandil. »U nd von dort aus weiter nach Pandanor. An der Küste werden wir dann hoffentlich ein Schiff bekommen, das uns ins Ost-Orkreich bringt.«
»I ch hatte gedacht, dass wir denselben Weg nehmen, den wir gekommen sind, und dann auf dem Landweg in die Länder der Orks gelangen«, gestand Arvan.
»D as wäre viel zu gefährlich, und es würde auch zu lange dauern.«
»H auptsache, du kennst auch tatsächlich jemanden, der bereit ist, uns mit seinem Schiff an die Küste des Ost-Orkreichs zu bringen«, meinte Whuon. »I ch könnte mir denken, dass das erstens für den betreffenden Kapitän sehr risikoreich ist und dass zweitens im Augenblick sowieso jede einzelne Schiffsplanke dringend gebraucht wird.«
»I ch wette, dass Lirandil auch in Pandanor seine hervorragenden Beziehungen spielen lassen kann«, mischte sich Brogandas ein. Seine Worte hatten dabei einen etwas säuerlichen Unterton.
»I ch kann verstehen, dass es Euch nicht gefällt, dass wir den Weg über Pandanor zur Küste nehmen«, erklärte Lirandil gelassen.
»N icht gefällt ?« Brogandas machte eine wegwerfende Handbewegung. »D ie Pandanorer sind Landräuber. Sie halten ein Fünftel von Albanoy besetzt und nennen es Neu-Pandanor.«
Whuon verzog daraufhin das Gesicht. »W ird in Wahrheit vielleicht nicht nur die Magie der Elben, sondern auch eure immer schwächer?«, grinste er. »O der wie kommt es, dass sich die Dunkelalben nicht gegen die Truppen des Herzogs von Pandanor wehren konnten, die– soweit ich darüber Bescheid weiß– nur aus ganz gewöhnlichen Männern bestehen.«
»K rieger, die in ihrem Hass auf uns Dunkelalben so fanatisch sind, dass ihr Wille durch Magie kaum noch beeinflussbar ist.«
»E in Hass, den ihr Dunkelalben euch zu Recht zugezogen habt!«, mischte sich Zalea ein. »W er über Zeitalter hinweg andere unterdrückt, kann nicht damit rechnen, dass ihm etwas anderes entgegenschlägt als eine Welle aus Hass.«
»D ie Starken müssen die Schwachen lenken, die Weisen die Dummen. Nichts anderes haben wir Dunkelalben je getan«, verteidigte sich Brogandas.
»A nscheinend sind Halblinge und Menschen für euch nichts anderes als…«
»… Baumschafe?« Brogandas’ Lächeln wurde breiter. Die Runen in seinem Gesicht bewegten sich dafür ausnahmsweise nicht, sondern behielten starr ihre Formen. Zurzeit überwogen Zeichen mit sehr spitzen, dornenähnlichen Streifen. »I ch frage mich, welcher Halbling wohl dafür plädieren würde, Baumschafen zu gestatten, ihre Herdenbäume zu verlassen und sich von hungrigen Katzenbäumen fressen zu lassen, anstatt dass ihr das Privileg behaltet, sie zu schlachten.«
»D ieser Streit führt zu nichts«, sagte nun Lirandil. »D ie Pandanorer sind jetzt aber Eure besten Verbündeten.
Weitere Kostenlose Bücher