Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)
Selbst wenn Ihr sie nicht als solche anerkennt. Denn bevor Ghools Horden Albanoy erreichen, werden sie erst dieses Herzogtum durchqueren müssen, und Ihr könnt dafür beten, dass sie es schaffen, die Orks eine Weile aufzuhalten.«
»S osehr es mir widerstrebt, aber ich muss leider zugeben, dass Ihr recht habt, Lirandil. Nur fürchte ich, dass die Mächtigen von Khemrand ihre Entscheidung, auf welche Seite sie sich in diesem Krieg stellen sollen, nicht so rasch treffen, wie Ihr Euch das wünschen mögt. Ich wünschte mir übrigens eine baldige Entscheidung und fürchte, dass man es in Albanoy noch sehr bedauern wird, Ghool nicht rechtzeitig in die Schranken gewiesen zu haben.«
Lirandil nickte. »E s ist gut zu wissen, dass Ihr auf unserer Seite steht, werter Brogandas.«
Sie brachen auf und kämpften sich durch das dichte Unterholz, bis sie schließlich in Bereiche des Waldes gelangten, die zumindest am Boden weniger dicht bewachsen waren.
Schon beim Einsetzen der Dämmerung wurde es so dunkel, dass man kaum noch etwas sehen konnte. Das Blätterdach der Riesenbäume wurde immer dichter, der Bewuchs im Unterholz dafür immer spärlicher.
Hier begann die Dichtwaldmark, und sie machte ihrem Namen alle Ehre. Selbst am Tag und bei höchstem Sonnenstand drang kaum Licht bis zum Waldboden. Die Bäume waren hier im Durchschnitt noch etwas höher als in den Wäldern am Langen See, und man hatte den Eindruck, dass sie miteinander in ihrem Wachstum um die rare Helligkeit wetteiferten. Am Boden konnten sich nur wenige Moose halten, und hin und wieder sah man Kolonien von Sinnlosen blühen. Diese von Elben und Halblingen gleichermaßen geschätzte Heilpflanze blühte sinnloserweise stets im Schatten großer Bäume, was ihr den Namen gegeben hatte, und als Arvan diese Ansammlungen von vergeblichen Blüten sah, atmete er tief durch. Nichts ist vergeblich, auch wenn es zunächst so scheinen mag, überlegte er. Und dabei glitt seine Hand zu dem Elbenstab, den er hinter dem Gürtel trug. Wir kommen, Ghool! Und du hast allen Grund, dich vor mir zu fürchten!
Sie errichteten ein Lager, verzichteten aber auf ein Feuer. Während ihres Ritts hatten sowohl Lirandil als auch Brogandas immer wieder Geräusche aus der Ferne gehört, die für die Anwesenheit von Orks sprachen. Die Schergen Ghools durchstreiften offenbar ganz systematisch die Dichtwaldmark. Und wenn man nach dem Bild des Grauens ging, das sie weiter südlich hinterlassen hatten, dann ging es ihnen wohl auch hier darum, die Wohnbäume der Halblinge aufzuspüren und samt ihren Bewohnern zu vernichten.
Die Gefährten wichen diesen umherstreunenden Orkgruppen immer wieder aus und kamen ihnen nie nahe genug, als dass ein Mensch oder Halbling sie hätte hören können.
Allein auf den Zauber, den Brogandas an ihnen allen vorgenommen hatte, wollte sich insbesondere Lirandil wohl lieber nicht verlassen, zumal Brogandas selbst zugab, dass er mit der Zeit nachließ.
So kauerten sie im Schatten eines mittelgroßen Baums, dessen Stamm schon von weniger als hundert Halblingen hätte umringt werden können. Als Wohnbaum wäre er damit schon unbrauchbar gewesen. Die Pferde waren ruhig und erschöpft.
»D enkt ihr auch manchmal an Neldo?«, fragte Borro an Zalea und Arvan gerichtet.
»A n ihn auch. Aber vor allem an alle, die von den Orks abgeschlachtet wurden.« Zaleas Stimme klang belegt und hatte in diesem Moment einen ungewohnt metallisch klingenden, harten Klang. »I ch glaube, das hat noch keiner von uns so richtig begriffen. Alle, die auf Gomlos Baum gelebt haben, sind vermutlich tot, und den Bewohnern anderer Wohnbäume wird es kaum besser ergangen sein. Wer weiß, wie viele Angehörige unseres Stammes es überhaupt noch gibt.« Sie schluckte. Ob sie Tränen in den Augen hatte, war bei der Dunkelheit nicht zu sehen. »M eine Eltern haben nie etwas anderes getan, als andere zu heilen. Sie hätten sogar einen Ork geheilt, wenn er ihnen verletzt vor die Füße gefallen wäre. Zumindest hätten sie es versucht.«
Als Zalea geendet hatte, herrschte Schweigen.
Arvan steckte ein Kloß im Hals. Er fühlte das Bedürfnis, ihr zu antworten, etwas zu sagen, sie vielleicht zu trösten. Aber er konnte es nicht. Er dachte an Gomlo und Brongelle, die ihn als Säugling an Kindes statt angenommen und großgezogen hatten wie ihren eigenen Sohn. Bilder erschienen vor seinem inneren Auge. Er erinnerte sich daran, wie Gomlo ihm das Klettern beizubringen versucht und wie Brongelle ihn immer
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