Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)
reckte die Streitaxt empor und rief: »W o sind Ghools Orks? Wo sind Ghools Dämonen? Sie sollen nur kommen, und euer König wird sie eigenhändig erschlagen!«
Jubel brandete auf. Dass Grabaldin bis zuletzt gegen die Feuerdämonen in der Tiefe gekämpft hatte, mochte zwar tollkühn und unvorsichtig gewesen sein. Aber in der Zwergenheit war der Respekt, den man ihm entgegenbrachte, dadurch noch größer geworden, als er ohnehin schon gewesen war. Und viele, die selbst früh vor der Überlegenheit der Feuerdämonen an die Oberfläche geflohen waren, fühlten sich insgeheim durch das heldenhafte Verhalten ihres Königs beschämt. Von dem Umstand, dass sein getreuer Waffenmeister ihn gewaltsam aus dem Thronsaal hatte schaffen müssen, um dem Zwergenreich den König zu retten, wusste natürlich niemand etwas.
Niemand außer Rhelmi, dem Umbro davon erzählt hatte.
Ob dem König selbst klar war, dass ein Schlag seines eigenen Waffenmeisters und nicht ein herunterfallender Stein ihn vorübergehend außer Gefecht gesetzt hatte, da war Umbro sich nicht ganz sicher.
Und so hatten beide– der König und sein Waffenmeister– bisher tunlichst vermieden, über die Einzelheiten der Geschehnisse während des Kampfes im Thronsaal von Kergur-Dun zu sprechen.
Wahrscheinlich ist es auch am besten, wenn es dabei bleibt, dachte Umbro.
»V erderben dem Schicksalsverderber!«, brüllte Grabaldin heiser, und die Zwerge, die sich um ihren König geschart hatten, fielen in diesen Ruf mit ein.
Groß war die Verbitterung darüber, dass das Reich in der Tiefe vollständig und auf unbestimmte Zeit an die Feuerdämonen verloren war. Wie viele Opfer das gekostet hatte, war noch immer nicht abzusehen. Aber fest stand wohl, dass es keinen Zwerg gab, der nicht den Verlust von Angehörigen zu beklagen hatte.
Entsprechend groß war das Bedürfnis danach, denjenigen zu bekämpfen, der diese mörderischen Kreaturen ausgesandt haben musste – und das Bedürfnis nach purer Rache.
Für Augenblicke konnte man in all dem wüsten Zwergengeschrei sein eigenes Wort nicht verstehen. Waffen wurden gereckt, und am liebsten wären die meisten wohl trotz der strapaziösen Seereise, die hinter ihnen lag, auf der Stelle aufgebrochen, um in die Schlacht zu ziehen.
Nur Umbro blieb verhaltener.
Er stimmte nicht in diesen allgemeinen Chor blutrünstiger Begeisterung ein. Dieses Gefühl der eigenen Stärke, das durch die Kriegsrufe Tausender Zwerge verursacht wurde, war nur allzu trügerisch. Umbro sah hinauf zu den nahen, mächtigen Mauern von Carabor, an deren Brustwehren die Söldner des Admiralsrates patrouillierten und Katapulte in Stellung gebracht worden waren. Nie zuvor hatte Umbro Mauern dieser Stärke gesehen, und doch schienen jene, die sich dahinter verbargen, Grund zu der Befürchtung zu haben, dass sie dem Ansturm der Feinde nicht würden widerstehen können.
Ein Zwerg drängelte sich durch die Masse der Jubelnden und trat auf den König zu, der noch immer völlig außer sich war.
»R helmi!«, rief Umbro, obwohl es so laut war, dass der Gesandte des Zwergenreichs ihn wahrscheinlich kaum hören konnte.
Der König begrüßte Rhelmi überschwänglich.
»M ein König, ich muss Euch dringend sprechen«, verlangte der Gesandte.
»S päter, Rhelmi! Jetzt ist die Zeit der freudigen Erwartung, der Vorfreude auf die Schlacht!« Grabaldin schrie dem Gesandten diese Worte regelrecht in die Ohren, damit er sie überhaupt hören konnte.
»M ein König!«
»S päter, Rhelmi! Später!«
Und dann schritt König Grabaldin voran, um sich von den Zwergen feiern zu lassen, die sich auf die kommende Schlacht einstimmen wollten. Streitäxte wurden mit der flachen Seite rhythmisch und so heftig gegen Schilde geschlagen, dass man meinen konnte, Letztere würden nach den ersten Schlägen zerbrechen müssen.
Umbro schloss sich diesem Zug nicht an. Der Waffenmeister nahm Rhelmi zur Seite. Sie entfernten sich so weit von den anderen, bis sie sich verständigen konnten.
»I ch nehme an, es gibt schlechte Neuigkeiten«, schloss Umbro.
»A llerdings! Und es wäre gut, wenn der König so schnell wie möglich davon in Kenntnis gesetzt würde.«
»D as soll nun meine Sorge sein«, erklärte Umbro. »W orum geht es?«
»W ir sind betrogen worden. Dies ist nicht der Ort, an dem Athranor gegen die Schergen Ghools verteidigt wird. Wir sollen hier mithelfen, eine Stadt zu verteidigen, die von ihren Bewohnern für den wichtigsten Ort der Welt gehalten wird, und man wird uns
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