Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)
Allerdings musste er zugeben, niemals ganz allein und ohne einen lenkenden Ork auf dem Rücken einer Hornechse gereist zu sein.
Als Arvan schon glaubte, trotz magischer Unterstützung durch Lirandil sowie einer Mischung von Heilkräuterextrakten, die Zalea ihm zubereitete, nicht länger ohne Schlaf bleiben zu können, tauchten in der Ferne Bäume und Sträucher auf. Ein Fluss zog sich durch das Land.
»D en Waldgöttern sei Dank!«, stieß Zalea hervor. »D as muss doch der pandanorische Grenzfluss sein, oder nicht?«
»J a, das ist er«, bestätigte Lirandil. »W ir werden ihm eine Weile nach Westen folgen und dann zwangsläufig zur Flussinsel Colintia gelangen.«
»E hrlich gesagt: Lange könnte ich der Hornechse auch nicht mehr meinen Willen aufzwingen«, gestand Arvan. Er unterdrückte ein Gähnen, woraufhin das Reptil einen dröhnenden Ruf hören ließ und auf eine Art und Weise schnaufte, die ihm nicht gefiel. Er spürte, wie seine Willenskraft schwächer und schwächer wurde, je unwiderstehlicher das Bedürfnis nach Schlaf ihn heimsuchte. Die Echse wartet nur auf die Stunde meiner Schwäche, dachte er. Aber Arvan hatte sich fest vorgenommen, es nicht zuzulassen, dass das Reittier seiner Herrschaft entglitt. Um keinen Preis!
Der pandanorische Grenzfluss wurde an beiden Ufern von einem Streifen zum Teil bewaldeten Grünlandes umsäumt. Dieser Streifen hatte manchmal ein Breite von mehreren Meilen, wogegen er an anderen Stellen so schmal war, dass man durch die wenigen Bäume auf den Fluss sehen konnte, der so nahe an der Mündung bereits ziemlich breit war.
»D ie am weitesten flussabwärts gelegene Brücke an diesem Strom gibt es bei Seopa«, sagte Nomran-Kar. »A llerdings ist die wohl jetzt zu einer Heerstraße für Orks und Wolfsmenschen geworden.«
»I ch kenne die Brücke sehr gut«, antwortete Lirandil. »U nd ich kannte auch schon jene Brücke, die vorher an gleicher Stelle errichtet worden war und durch die Sturmflut im Jahr des salzigen Wassers fortgerissen wurde, als die Meeresfluten selbst das nahe dem Quellsee gelegene Kyth noch überschwemmt hatten.«
»I st diese Brücke denn gegenwärtig groß genug, um all die Katapulte tragen zu können, die wir bei Ghools Heer gesehen haben?«, wollte Whuon wissen. »I ch habe ja auch schon ein paar Brücken in meinem Leben gesehen, aber ehrlich gesagt noch keine, die diese gewaltigen Mordmaschinen hätte tragen können.«
»N ein, das halte ich für völlig ausgeschlossen«, ergänzte Nomran-Kar.
»D a Ihr die Brücke als Letzter gesehen habt, während ich vor gut achtzig Jahren zuletzt über sie geritten bin, seid Ihr sicherlich der besser Informierte von uns beiden«, erklärte Lirandil. »U nd Eure Worte geben mir Hoffnung…«
»I hr glaubt, dass der Vormarsch von Ghools Horde dadurch aufgehalten wird?«, fragte Borro.
»Z umindest verzögert«, schränkte Lirandil ein. »E s sei denn, die Eroberung des Nordens ist Ghool so wichtig, dass er sehr viel Magie einsetzt, um die Kriegsgeräte schneller an das pandanorische Flussufer bringen zu können.«
»W ie sollte das denn geschehen?«, fragte Borro zweifelnd. »V ielleicht durch einen magischen Tunnel oder etwas in der Art?«
Lirandil bedachte Borro mit einem Kopfschütteln. »I ch nehme an, Ghool wäre in der Lage, mithilfe seiner magischen Kräfte eine Brücke zu erschaffen, die breit genug wäre, auch das größte Katapult zu tragen. Es ist nur die Frage, welcher der vielen verschiedenen Kriegsschauplätze für ihn im Moment die größte Wichtigkeit hat und wie viel seiner Kraft er wo zu verwenden gedenkt…«
»I hr meint, wenn er zum Beispiel all die Untoten nicht mehr am Leben erhalten muss, die er von den Schlachtfeldern auferstehen ließ, dann wäre das für ihn eine Leichtigkeit?«, schloss Borro.
»J a, zum Beispiel.«
Die Hornechse vollführte jetzt einen kleinen Sprung– fast so, als wollte sie versuchen, ihre Reiter abzuschütteln. Nur ruhig, versuchte Arvan das Geschöpf mit einem sehr energischen Gedanken zur Räson zu bringen. Ein Baumschaf wäre bei diesem Maß an Strenge vielleicht sogar in eine kurze Schreckstarre verfallen und im ungünstigsten Fall vom Baum gestürzt. Der Hornechse, die es gewohnt war, dass ihr ausgeprägter Eigensinn von Orks auf sehr viel gröbere und handfestere Weise gezähmt wurde, machte das natürlich kaum etwas aus. Und Arvan musste feststellen, dass er nicht nur immer müder wurde, sondern dass seine Gedanken insgesamt auch einen immer
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