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Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)

Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Fackeln in den Händen der Orks schien die Finsternis dieser Gestalt kaum erhellen zu können. Aber immerhin traten die Umrisse seines Kopfes jetzt deutlicher hervor.
    Ein Vogelreiter, durchfuhr es Neldo mit eisigem Entsetzen.
    Der Reiter kam heran. Dunkler Rauch drang aus den Nüstern des Pferdes. Die dämonisch leuchtenden Augen des Vogelkopfes waren auf Neldo gerichtet. Der Vogelreiter stieß einen weiteren, sehr tiefen Laut aus. Es klang beinahe so, als würde er Worte sprechen. Die Orks schienen ihn jedenfalls zu verstehen. Sie wichen zur Seite. Auch jener Ork, der gerade noch die Axt gegen Neldo erhoben hatte, zog sich zurück, auch wenn er sich ein weiteres ärgerliches Knurren nicht verkneifen konnte. Er bleckte die Zähne, sodass nicht nur die sowieso unübersehbar aus dem Maul herausragenden Hauer, sondern auch der Rest des raubtierhaften Gebisses gut sichtbar wurde.
    Für Augenblicke war es vollkommen still.
    Die Orks schienen abzuwarten, was der Vogelreiter als Nächstes tun oder anordnen würde. Er näherte sich Neldo noch etwas mehr.
    Der Halbling war wie gelähmt und vollkommen unfähig, sich zu bewegen. Der Vogelreiter streckte einen Arm aus, an dessen Ende sich eine klauenartige Pranke befand. Er umfasste Neldos Stirn. Die Klauen stachen schmerzhaft in beide Schläfen. Neldo wollte sich wehren und diesen grausamen Griff abschütteln. Aber er hatte längst keine Kontrolle mehr über seinen Körper.
    Er spürte plötzlich, wie eine Flut fremder Gedanken seinen Geist erfasste und durchdrang. Ein Mahlstrom von Bildern, Stimmen und Eindrücken durchraste ihn. Es waren alles Erinnerungen. Erinnerungen an ein ganz gewöhnliches Halblingleben, das erst in dem Augenblick eine dramatische Wendung genommen hatte, als er sich Lirandil angeschlossen hatte. Davon flimmerten besonders viele Eindrücke durch seine Gedanken. Er hatte das Gefühl, dass der Vogelreiter seine Seele genau danach durchsucht hatte. Und noch jemand schien ihn besonders zu interessieren.
    Arvan!
    All diese Eindrücke durchrasten Neldo in immer schneller werdender Geschwindigkeit, sodass schließlich alles nur noch zu einem wirbelnden Mahlstrom aus Farben, Formen und Tönen verschmolz. Ein stechender Schmerz durchfuhr ihn gleichzeitig, als wäre sein Kopf eine einzige blutende Wunde.
    Der Vogelreiter beugte sich tiefer. Seine zweite Pranke berührte ihn an der Schulter. Eisige Kälte durchfuhr Neldo daraufhin. Es kam ihm vor, als würde er innerhalb eines Augenblicks innerlich gefrieren. Der Schmerz in seinem Kopf ließ dafür nach, aber es wurde jetzt schwierig, überhaupt noch einen eigenen Gedanken zu fassen. Neldo hatte das Gefühl, sich aufzulösen. Für einige Augenblicke fragte er sich, wer er eigentlich war, und ihm wollte nicht einmal mehr sein Name einfallen. Dann sank er in sich zusammen und blieb reglos auf dem weichen Waldboden liegen.
    Der Vogelreiter stieß einen seiner sehr tiefen Töne aus. Dabei zeigte er nacheinander auf zwei der wie erstarrt dastehenden Orks, die gebannt das Geschehen verfolgt hatten.
    Ein durchdringender Krächzlaut folgte anschließend aus dem langen, nach unten gebogenen Schnabel des Vogelreiters. Dieser schien dessen Willen genügend Nachdruck zu verleihen.
    Die beiden Orks, auf die er gedeutet hatte, näherten sich, zuerst scheu und vorsichtig, dann jedoch entschlossener. Sie nahmen Neldo sein Langmesser und die Schleuder sowie die Tasche mit den Herdenbaumkastanien ab. Außerdem durchsuchten sie die Taschen seines Wamses. Dann hoben sie ihn hoch und hievten ihn hinter den Vogelreiter auf dessen Pferd. Einer der Arme des Vogelreiters bog sich auf eine Weise nach hinten, wie es keinem Ork und keinem Menschen möglich gewesen wäre, und umfasste Neldo. Etwas Blut sickerte aus dessen Wunden, die er an der Schläfe davongetragen hatte.
    Der Vogelreiter preschte vollkommen lautlos davon. Augenblicke später war er nur noch ein Schatten in der finsteren Nacht der Dichtwaldmark. Nur einmal sah man ihn noch, als er den Blick kurz zurückwandte und das dämonische rote Leuchten seiner Augen selbst durch das dichte Unterholz hindurch zu sehen war.
    Die Orks warteten noch einige Augenblicke, bis sie sicher waren, dass der Vogelreiter wirklich fort war.
    Dann erst stieß derjenige unter ihnen, der gegen Neldo seine Axt erhoben hatte, einen durchdringenden, triumphierenden Schrei aus. Für die anderen war er das Signal, sich nun ungehemmt über ihre Beute hermachen zu können.
    Neldo wusste nicht, wie viel Zeit

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