Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)
bevor der Schlaf ihn endgültig übermannte. »J e öfter du Narr von Halbling das tust, desto mehr erfahre ich über dich, deine Gefährten und eure Absichten!«
Abermals fiel Neldo in einen traumverwirrten Schlaf. Als er das nächste Mal erwachte, waren sie immer noch in einer Wüste. Aber es konnten nicht mehr die Aschedünen sein. Der Sand war rotgelb. Felsmassive ragten in der Ferne empor. Nachdem Neldo sich etwas an das grelle Licht gewöhnt hatte, bemerkte er einen dunklen Fleck in der Ferne.
Es dauerte noch ein wenig, bis er erkannte, was es war.
Eine schwarze Festung!
An der Küste der Orks
»I ch spüre nichts«, erklärte Arvan, nachdem Lirandil die Finger von seinen Schläfen genommen hatte. Das bläuliche Leuchten in seinen Augen, das Arvan bis dahin unangenehm geblendet und ihm in den Augen geschmerzt hatte, verschwand von einem Augenblick auf den anderen. »A ls Ihr das letzte Mal mit mir eine Verschmelzung des Geistes durchgeführt habt…«
»… war das etwas grundsätzlich anderes«, schnitt der Elb ihm in ungewohnter Ungeduld das Wort ab. Irgendetwas machte den Fährtensucher erkennbar gereizt. Das war Arvan in letzter Zeit immer wieder aufgefallen, und er nahm an, dass es damit zu tun hatte, dass der Elb sich selbst nicht sicher war, ob das, was er tat, wirklich richtig war und sie ihrem Ziel näher brachte. Das Wissen, das er im Turm des Asanil erhalten hatte, schien keineswegs immer einen so eindeutigen Weg zu weisen, wie er es gehofft hatte. »W as du wissen musst, sobald du Ghool gegenüberstehst, ist jetzt in dir.«
»A ber– da ist nichts.«
»D ieses Wissen kann dir erst in dem Augenblick offenbar werden, wenn du es auch tatsächlich brauchst.«
»D amit du keinen Unsinn damit anstellst«, mischte sich Borro in gewohnt vorlauter Weise in das Gespräch zwischen Lirandil und Arvan ungebetenerweise ein. Borro hatte die ganze Zeit schon genauestens verfolgt, was der Fährtensucher mit seinem Menschlingsgefährten so alles anstellte. »M uss ein wirklich extrem misstrauischer Kerl gewesen sein, dieser Erste Elbenkönig.«
»E r hatte allen Anlass dazu, vorsichtig zu sein«, glaubte Lirandil.
»I ch weiß nicht. Jemand, der niemandem traut außer sich selbst und der jeden unter Verdacht hat, irgendwelche magischen Kräfte zu missbrauchen, die aber nun einmal notwendig sind, um eine Kreatur wie Ghool zu besiegen…« Borro zuckte mit den Schultern. »W enn Elbanador damals in der Schlacht am Berg Tablanor alles richtig gemacht hätte, dann wäre das Problem doch gelöst, und es gäbe heute keinen Schicksalsverderber mehr– oder habe ich da irgendetwas falsch verstanden?«
Lirandil sah den Halbling einige Augenblicke nachdenklich an. »U mso wichtiger ist es, dass diesmal nicht dieselben Fehler gemacht werden«, erklärte er. »I ch denke schon seit Langem an kaum etwas anderes. Wir wissen nicht, was geschieht, wenn Ghool auch dieses Mal nicht endgültig besiegt wird. Aber es gibt die Theorie, dass er durch jeden misslungenen Versuch, ihn endgültig vom Antlitz unserer Welt zu tilgen, nur noch stärker wird…«
»D ann ist Ghool heute stärker als damals, als Elbanador gegen ihn kämpfte?«, fragte Arvan.
»G ut möglich. Jedenfalls würde es diesmal nicht so viele Zeitalter dauern, bis wir wieder von ihm hören.«
»Z unächst einmal sollten wir diesen Ghool überhaupt erst einmal in Reichweite haben«, meinte Whuon, der schon seit Stunden damit beschäftigt war, sehr sorgfältig die Klingen seines umfangreichen Waffenarsenals zu schärfen.
Osgeion stand unterdessen am Heck der Nebelbringer und lenkte das Schiff mit einer geradezu traumwandlerischen Sicherheit. Der Wind schien günstig zu stehen und blähte stets die Segel so, dass die Nebelbringer gute Fahrt hatte. Allerdings war das Schiff wohl auch so konstruiert, dass es nicht viel Wind brauchte. Eigenartig war, dass das Elbenschülerschiff stets von Nebel umgeben war, der eigentlich von ihm hätte vertrieben werden müssen. Ein deutlicheres Anzeichen für Illusionsmagie konnte es kaum geben.
Aber Arvan verzichtete auf die Anstrengung, diese Illusion zu durchschauen– was durchaus möglich war, wie er selbst für kurze Zeit feststellte.
Borro hingegen genoss einen freien Ausblick auf das Meer, wie er nicht müde wurde zu betonen. Er hatte sich zuvor ausführlich zuerst von Lirandil und dann von Brogandas erklären lassen, wie man es anstellte, dass sich der Nebel vor einem lichtete. Vor der Benutzung magischer Formeln
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