Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)
Rasene in einem Tonfall, der eisig klang. »D enn dadurch haben wir etwas getan, was wir nicht wollten: uns in den Krieg eingemischt, der zurzeit Athranor erschüttert. Und jetzt tun wir es wieder.«
»R asene!«, versuchte Osgeion ihren Redefluss zu stoppen. Aber das schien unmöglich zu sein. Zu vieles schien sich da aufgestaut zu haben, von dem Rasene das Gefühl hatte, dass es aller Höflichkeit gegenüber den Gästen zum Trotz einfach ausgesprochen werden musste.
»I ch war dagegen, dem Ork zu helfen. Und ich war auch dagegen, dass wir uns ausgerechnet jetzt von Lirandil und seinen Begleitern besuchen lassen.« Sie wandte den Blick in Richtung ihres Mannes. »U nd ich bin dagegen, dass du diese Leute über das Elbische Meer zur Küste der Orkländer segelst!«
»R asene! Nicht hier und jetzt!«, erwiderte Osgeion.
»D arüber sind Beschlüsse gefasst worden«, griff nun Ferach ein. »U nd die waren eindeutig. Wir haben das Für und Wider ausführlich erörtert und werden es jetzt in diesem Kreis nicht noch einmal tun!«
»D ieser Elb, der seit Jahrhunderten ein Kriegsbündnis zu schmieden versucht, nutzt uns doch nur für seine Zwecke aus. Genauso wie der Ork, der ja mal in seiner Heimat ein großer Anführer war und es wohl nicht erträgt, dass die Orks heute von einem anderen geführt werden«, ereiferte sich Rasene. »W ir werden zu einem Teil ihrer Pläne, ohne dass es gleich zu bemerken war. Offenbar ist die geistige Verbindung zwischen dem Vorsitzenden unseres Ältestenrates und Lirandil schon völlig ausreichend, um unsere Gemeinschaft in einer Weise zu manipulieren, wie es den Grundsätzen des wahren Elbenschülertums widerspricht.« Sie atmetet tief durch, und ihr Gesichtsausdruck drückte jetzt eine Entschlossenheit und einen Widerspruchsgeist aus, der so sehr im Gegensatz zu ihrer ansonsten nach außen hin gezeigten Sanftmut stand, dass Arvan sie nur vollkommen perplex ansah.
Rasene wandte jetzt den Blick in Arvans Richtung und fuhr fort: »U nd zu allem Überfluss schmachtet meine Tochter einen in ganz Athranor bekannten Schlächter an, dass man nicht mehr zusehen mag.«
»W ie ich schon einmal sagte, die Beschlüsse sind gefasst, und wahre Elbenschüler sind nicht nur friedfertig, sondern sie stehen auch zu ihrem Wort«, erklärte Ferach nun ziemlich ärgerlich.
»I ch weiß, dass an den Beschlüssen wohl nichts mehr geändert werden wird. Und mir ist auch klar, dass sich mein Mann nicht davon abhalten lassen wird, die Gefahren auf sich zu nehmen, die eine Reise zur Küste der Orks in jedem Fall mit sich bringen wird. Aber es muss mir ja nicht unbedingt gefallen, und wenn jemand erwartet, dass ich meine Meinung für mich behalte, dann kennt er mich nicht.«
Rasene erhob sich von ihrem Platz. »W ir Elbenschüler haben seit undenklich langer Zeit keinen Krieg mehr geführt und uns auch in keinen eingemischt. Aber genau das ist nun geschehen, und ich fürchte, für eine der beiden Seiten werden wir jetzt ein Feind sein.« Damit verließ sie den Raum. Osgeion eilte ihr nach und kehrte lange Zeit nicht zurück. An der Tafel war die Gesprächsatmosphäre nicht mehr wie vorher. Und Arvan stellte fest, dass sogar Lesene seinen Blicken jetzt überwiegend auswich.
In aller Frühe brachen die Gefährten am Morgen auf. »W ir müssen zu einer Anfurt, die ein Stück nördlich von hier liegt«, erklärte Osgeion. »D ort liegt ein Schiff, das groß genug ist, um damit bis zur Küste des Ost-Orkreichs zu segeln«, erklärte der Elbenschüler.
Einige Elbenoiden hatte sich versammelt, um Arvan und seine Gefährten zu verabschieden– darunter auch Ferach und Osgeions Frau Rasene mit ihrer Tochter. Rasene allerdings verabschiedete nur ihren Mann und würdigte die Gefährten keines Blickes.
Und natürlich hatte sich auch Nomran-Kar eingefunden.
»R ichtet Eurem König aus, dass wir unser Bestes tun werden«, wandte sich Lirandil an den Libellenreiter, bevor sie losgingen.
Nach ein paar Dutzend Schritten, kurz bevor der auf der Insel allgegenwärtige Nebel sie vollkommen einhüllte, drehte Arvan sich noch einmal um. Lesene sah ihm nach. Sie winkte ihm verhalten zu. Aber ihr Gesicht wirkte sehr ernst und nachdenklich.
»D u wirst sie sowieso nie wiedersehen, Arvan«, meinte Zalea.
»W ieso nicht?«
»W eil ich wette, dass ihre Mutter ihre ganze Friedfertigkeit vergessen wird, wenn du noch einmal einen Fuß auf diese Insel setzen solltest. Und in dem Fall können dir weder dein Beschützer noch dieser
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