Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)
Harrgyr von Dalanor, der sich von dem Schrecken darüber, dass seine Schiffe in der vergangenen Nacht in Flammen aufgegangen waren, noch nicht erholt hatte. Eigentlich war geplant gewesen, dass diese Schiffe in den nächsten Tagen zurück an die ferne Küste des Dalanorischen Reiches segeln sollten, um weitere Verstärkung herbeizuschaffen. Auch wenn das viele Wochen in Anspruch genommen hätte, war es doch zumindest ein Hoffnungsschimmer gewesen.
»I ch habe viel über Euch gehört, Candric von Beiderland– aber dass Ihr hellseherische Fähigkeiten habt, war mir neu«, gab Harrgyr zurück.
Candric lächelte nachsichtig. »E s ist wegen der Riesenskorpione«, sagte er. »A ls ich sie sah, wusste ich, dass unsere Feinde jetzt aufs Ganze gehen. Diese Kreaturen vertragen nämlich nur das trocken-heiße Klima im Inneren der Orkländer. Hier werden sie früher oder später eingehen– aber vorher werden sie gegen unsere Mauern anrennen und einen Teil von ihnen einreißen.«
»W o ist übrigens unser Verbündeter Haraban? Ich habe nach seinem Kanzler geschickt, aber der war unauffindbar.«
»E r hat die Stadt verlassen«, mischte sich Kalamtar von Condenna ein. Harrgyr schien überrascht zu sein, Candric jedoch nahm diese Nachricht anscheinend mit großer Gelassenheit zur Kenntnis.
»W as sagt Ihr da?«, fragte Harrgyr entrüstet. »I ch dachte, wir kämpfen hier um die Freiheit ganz Athranors. Und der Immerwährende Herrscher macht sich klammheimlich davon?«
»E r möchte wohl, dass seine Immerwährende Herrschaft kein jähes Ende durch ein Sichelschwert der Orks erfährt«, meinte Kalamtar sarkastisch. »U nd davon abgesehen ist Haraban noch nie als großer Schwertkämpfer hervorgetreten, der seine Truppen persönlich anführt.«
»I ch kann diesen Akt verachtenswerter Feigheit trotzdem kaum glauben«, stieß Harrgyr hervor.
»U nser Freund Kalamtar ist aber für gewöhnlich gut informiert«, stellte Candric fest. Er zügelte sein Ross, und die beiden anderen folgten seinem Beispiel. »S agt, wer ist die Quelle dieser Kunde?«
»E iner meiner Vertrauensleute im Umkreis des Waldkönigs hat erfahren, dass Kanzler Welbo eine geschlossene Elefantengondel ausstatten ließ.«
»D ieser hinterhältige Halbling«, knurrte Harrgyr. »D en konnte ich vom ersten Augenblick an nicht leiden.«
»I ch nehme an, dass der Immerwährende Herrscher bereits in der Nacht, während das Feuer im Hafen wütete, über die Brücke nach Neuvaldanien gelangte und jetzt auf dem Weg zu seinen Schiffen ist, die an der Südspitze des Langen Sees vor Anker liegen und ihn sicher am schnellsten in die Sicherheit seines fernen Hofs bringen können.«
Harrgyr stieß einen wilden Fluch in dalanorischem Dialekt aus, den weder Kalamtar noch Candric verstanden. Dann fügte er grimmig hinzu: »U m diesem morschen Holzkopf von einem König den Thron zu retten, bin ich um den halben Kontinent gesegelt, und er macht sich davon wie ein Dieb! Pah! Fluch über ihn!«
»B ehaltet für Euch, was Ihr jetzt wisst«, bat Kalamtar. »S onst schadet Ihr der Moral unserer Truppen.«
Als sie das nordwestliche Tor erreichten, reckte Candric aufmunternd die Magische Lanze empor.
Die Waffe war mit einem neuen Schaft versehen worden, und Candric hielt sie mit trotzigem Stolz in die Höhe. Das Kampfgeschrei, mit dem das quittiert wurde, blieb verhalten. Jedem, der bis jetzt innerhalb der Mauern von Gaa ausgehalten hatte, musste inzwischen klar sein, dass die Chancen nicht gut standen.
Das nordwestliche Tor, das von den Hornechsen gerammt worden war, würde vermutlich auch diesmal den Schwachpunkt der Verteidiger bilden, denn es war nur notdürftig verriegelt worden. In aller Eile hatten Dutzende von Zimmerleuten versucht, es zu schließen. Ein Tor aus einer der inneren Mauerringe von Gaa war ausgebaut und hier wieder eingesetzt worden, wozu man es erst mit Sägen hatte beschneiden müssen.
Der Leichengeruch war immer noch unerträglich. Die verfaulenden Überreste der Orks und anderer Eindringlinge hatte man einfach über die äußere Stadtmauer geworfen. Die massigen Hornechsenkadaver hingegen waren dazu verwendet worden, das Tor mit einer zusätzlichen Barriere zu verstärken. Ein Knall ertönte. Eine schwarze Kugel aus dunklem Metall traf und durchdrang das Mauerwerk. Schwarzlicht sprühte hervor. Offenbar war diese Katapultmunition mit magischen Kräften zusätzlich aufgeladen worden, sodass die Zerstörungskraft noch gesteigert wurde. Steine flogen durch
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