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Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)

Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Mangel an handwerklicher Fantasie lag, dass all diese Stühle gleich groß und von gleicher Erhabenheit in der Ausstattung waren, wusste nicht einmal Lirandil.
    In der Mitte hatte König Orfon von Bagorien Platz genommen, ein ernst dreinblickender Mann mit dunkelgrauem Bart und von kräftiger Gestalt. Zu seiner Rechten saß der sehr viel jüngere König Candric XIII . von Beiderland in messingfarbenem Harnisch und mit der Hand am reich verzierten Schwertgriff. Zu König Orfons Linker hatte der Waldkönig Haraban Platz genommen, dessen durch einen Zauber veränderter, holzig wirkender, von einer rindenähnlichen Haut überzogener Körper so manchen im Saal bei seinem Anblick schaudern ließ. Er erschien kaum noch wie ein Mensch, und die lange Regierungszeit von mittlerweile mehr als einem Jahrtausend hatte ihn innerlich wohl von all seinen Untertanen sehr entfernt, gleichgültig, ob Menschen, Halblinge oder andere Geschöpfe, die innerhalb der Grenzen seines Reiches lebten.
    Candric und Haraban – die mächtigsten Herrscher Athranors!, ging es Lirandil durch den Kopf. Dass man König Orfon genau zwischen diesen beiden platziert hat, kann wohl nur bedeuten, dass man sich auf den König von Bagorien als Nachfolger des Hochkönigs geeinigt hat.
    Während Lirandil die Ernennung des Vorgängers mit herbeigeführt hatte, war diesmal mehr oder minder verhindert worden, dass der elbische Fährtensucher Einfluss nehmen konnte. Lirandil hatte das durchaus bemerkt. Und tatsächlich sprach zumindest aus Sicht der anderen Könige einiges für Orfon. Er ist schon älter, und die meisten seiner Soldaten sind noch weit entfernt von hier, wusste Lirandil. Es vertagt das alte Problem: Candric von Beiderland erscheint den anderen zu mächtig, um ihn an die Spitze zu heben, Haraban zu wenig menschlich. Und man will sich einigen, bevor der König des Dalanorischen Reiches eintrifft, denn es ist sicher leichter, zu einer Einigung zu gelangen, solange der sich nur durch einen Gesandten vertreten lassen kann …
    Für den König des Dalanorischen Reiches hatte man aus Respekt einen leeren Thron aufgestellt, um zu demonstrieren, dass auch er in die Entscheidungsfindung einbezogen war.
    Ganz außen hatte Kalamtar von Condenna Platz genommen, ein dunkelhaariger Mann mit dünnem Bart und hellblauen Augen. Seine noch immer dunkle Haarfarbe täuschte etwas über sein Alter hinweg. Er war Mitte fünfzig und der Truchsess des in der Schlacht auf der Anhöhe der drei Länder gefallenen Hochkönigs Nergon von Ambalor. Dessen Sohn und Thronfolger war noch minderjährig, sodass die Regierungsgeschäfte und vor allem der Befehl über das ambalorische Heer von Truchsess Kalamtar wahrgenommen wurden. Dass der Nachfolger des Hochkönigs ebenfalls aus Ambalor stammte, war daher so gut wie ausgeschlossen. Es war schlicht unvorstellbar, dass man einen Säugling zum Hochkönig wählte– und ein Truchsess ohne eigenes königliches Geblüt kam schon gar nicht in Frage.
    Auf einem weiteren Thron saß der weit über neunzigjährige Dolgan Jharad, seit Langem Ältermann des Admiralsrates von Carabor und seit Kurzem sogar Hochadmiral der freien Seestadt. Vor ein paar Tagen war er eingetroffen, und auch wenn der Großteil der caraboreanischen Flotte bei einem Orküberfall auf den Hafen verbrannt war, blieb die größte Stadt Athranors ein wichtiger Machtfaktor. Schließlich lebten in ihren Mauern mehr Menschen als in manch einem ausgedehnten Königreich, und die nach und nach von fernen Küsten zurückkehrenden Schiffe würden schon in Kürze wieder eine Flotte bilden, die größer und kampfstärker war als alle anderen Flotten des Kontinents. Dass der amtierende Hochadmiral von Carabor wie ein König neben andere Könige gesetzt wurde, war ein deutliches diplomatisches Zeichen für die Bedeutung, die die Stadt für das Bündnis einnahm. Umgekehrt war es aber auch ein Zeichen des Entgegenkommens, dass der Hochadmiral überhaupt bereit war, einen Hochkönig mitzuwählen und sich ihm formal zu unterstellen, denn streng genommen verstieß er damit gegen die Gesetze seiner Stadt, die es dem Admiralsrat verboten, jemals die Herrschaft eines gekrönten Hauptes anzuerkennen. Und wahrscheinlich konnte dies ohnehin nur ein 94-jähriger Mann vom Schlage eines Dolgan Jharad zu Hause vor dem Rat rechtfertigen und durchsetzen. Er kann immer sagen, dass es seinem Alter geschuldet ist, dass er dort unter Königen auf einem Thron sitzt, dachte Lirandil. Obwohl er in Carabor jede

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