Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)
könnte. Also Vorsicht!«
»N a ja, wenn Brogandas davor warnt, dann scheint es ja auch wirklich gefährlich zu sein«, meinte Borro.
In diesem Augenblick öffnete Lirandil die Augen.
Sie waren erfüllt von dem gleichen hellblauen Leuchten, das auch von dem Turm ausging und aus dem die Aura bestand, die seinen Körper umgab.
»K eine Sorge«, sagte der Fährtensucher. »U nser dunkelalbischer Gefährte übertreibt etwas.«
»S preche ich etwa die Unwahrheit, werter Lirandil?«
»N ein. Aber das geht alles vorüber. Und davon abgesehen ist die Furcht der Dunkelalben vor der Magie des Lichts vielleicht auch nicht so ganz angemessen und rührt daher, dass man sich bei Euch in Albanoy schon allzu lange so sehr auf die Anwendung dunkler Kräfte konzentriert hat, dass alles andere Euch leicht zu schrecken vermag.«
»H abt Ihr denn erfahren, wie König Elbanador einst Ghool zu besiegen vermochte?«, fragte Arvan.
Lirandil wandte leicht den Kopf. Das bläuliche Licht strahlte so stark aus den Augen des elbischen Fährtensuchers hervor, dass Arvan unwillkürlich sein Gesicht mit der Hand schützte, um nicht geblendet zu werden. Sei nicht so empfindlich, Arvan! Du wirst noch ganz anderen Dingen standhalten müssen als diesem Blick, erreichte Arvan ein Gedanke seines Gegenübers.
»D as habe ich«, beantwortete Lirandil die Frage mit einer Eindeutigkeit, die Arvan innerlich aufatmen ließ. »A ber erwartet nicht, dass ich hier und jetzt auch nur ein einziges Wort dazu sagen werde. Nur so viel: Wir dürfen keine Zeit verlieren!«
»W as soll das heißen?«, fragte Zalea.
»I ch nehme mal an: keine Nachtruhe, kein Frühstück und auch sonst eine Reihe von Unannehmlichkeiten«, meinte Borro und unterdrückte dabei ein Gähnen. »B in ja leider kein Elb, der sich den Schlaf einfach spart und sich den Hunger mit einer magischen Formel vertreibt– oder wie auch immer.«
Lirandil ließ den Blick schweifen.
Das Leuchten in seinen Augen hatte inzwischen schon merklich nachgelassen, sodass man zumindest wieder die Pupillen erkennen konnte, wenn man genau hinsah. »W as ist mit Seldos geschehen?«, fragte er.
»M an hat ihn fortgebracht und wird ihn wohl im Kerker behalten, bis man ihn vor Gericht stellt«, erklärte Whuon. »U nd ehrlich gesagt habe ich wenig Mitleid mit ihm. Ich kann Thuvasier nicht ausstehen, seit ich in ihrem Heer diente und man mich so schändlich betrog.«
Der Unterton, mit dem Whuon das sagte, war scharf und schneidend. Er spricht nicht nur von Thuvasiern, war es Arvan sofort klar.
Lirandil wirkte nachdenklich. Als er die Augen einen Moment schloss, schimmerte das bläuliche Leuchten durch das Augenlid hindurch. »I ch werde mich um Seldos kümmern müssen«, kündigte er an. »M an soll ihn eine Weile hier festhalten und erst freilassen, wenn wir Asanilon schon einige Zeit verlassen haben.«
»U nd er wird uns nicht folgen?«, fragte Whuon mit spöttischem Unterton.
»N ein, wird er nicht«, erklärte Lirandil. Er schien von seiner Meinung zutiefst überzeugt zu sein, ohne es allerdings für notwendig zu halten, seine Aussage näher zu begründen.
»I ch frage mich, ob du deine Versprechen mir gegenüber halten wirst, Elb«, sagte Whuon.
»E s war nicht meine Schuld, dass Ihr mich nicht ins Innere des Turms begleiten konntet, Whuon. Und davon abgesehen könnt Ihr wirklich froh sein, dass Ihr mir nicht folgen konntet.«
»A ch ja?«
»E s hätte Euch vielleicht getötet, Schwertkämpfer. Aber wenn Ihr ein tieferes Verständnis der Elbensprache besitzt, dann ist es vielleicht auch möglich, dass Ihr der Magie widerstehen könnt…«
»I ch will die Kräfte der Magie eigentlich nur begreifen«, erwiderte Whuon grimmig und ballte dabei die Hände unwillkürlich zu Fäusten. Die Muskeln seines gewaltigen Brustkorbs spannten sich dabei ebenfalls an.
»D as werdet Ihr, Whuon. Eines Tages werdet Ihr ganz gewiss dieses Verständnis gewonnen haben– vor allem dann, wenn ich Euch weiter gelegentlich im Gebrauch der Elbensprache unterrichte. Aber wenn Ihr geglaubt habt, dass das einfach so von einem Augenblick zum anderen sein kann, so habt Ihr Euch zweifellos geirrt.«
Sie quartierten sich in einem Gasthaus ein, das in einem der östlichen Viertel von Asanilon lag. Die Stadt wurde von hohen Mauern in einzelne Viertel unterteilt. So war jedes dieser Viertel für sich genommen eine Festung und konnte auch dementsprechend verteidigt werden, falls ein äußerer Feind den Plan hegte, Asanilon zu
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