Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)
Heer.
Zuerst hatte Rhelmi diese Lärmbelästigung als unzumutbar empfunden. Inzwischen waren diese Geräusche in seiner Wahrnehmung so in den Hintergrund getreten, dass er sie kaum noch beachtete.
Sein starr wirkender, konzentrierter Blick fixierte den Kristall ununterbrochen. Er wollte den Moment, in dem er vielleicht noch einmal aufflackerte, nicht verpassen.
Und dann geschah es!
Plötzlich blitzte es im Inneren des Kristalls auf.
Rhelmi murmelte sofort einen einfachen Verstärkungszauber, nichts Besonderes, und vermutlich hätten einem Zwerg, der in den Künsten der Magie ausgebildet war, ganz andere Möglichkeiten zur Verfügung gestanden, um die Kräfte des Kristalls zu verstärken. So war Rhelmi auf diese einfache Formel angewiesen, von deren Wirksamkeit er im Übrigen nicht einmal restlos überzeugt war.
Die Blitze wurden stärker. Es schoss plötzlich eine Lichtblase aus dem Kristall heraus. Sie leuchtete so stark, dass Rhelmi im ersten Augenblick davon geblendet war. Um ein Haar hätte er vor Schreck vergessen, die Verstärkungsformel unablässig weiterzumurmeln. Ganz gleich, ob sie nun etwas nützte oder nicht, er hätte es sich nie verziehen, wenn am Ende auch nur die vage Möglichkeit bestand, dass er durch seine Ungeschicklichkeit in magischen Dingen dafür verantwortlich gewesen wäre, dass die Verbindung zum Königshof von Kergur-Dun nicht zustande gekommen wäre.
Die Lichtblase zerplatzte.
Doch es entstand eine zweite. Sie blähte sich auf, veränderte dabei die Farbe, bis sie schließlich von einem wirren Gemisch aus ineinanderfließenden Formen erfüllt war.
Diese Blase dehnte sich so weit aus, dass ihr Durchmesser schließlich dem der Marmor-Tischplatte entsprach. Dann zerplatzte auch sie.
Zu Rhelmis großer Erleichterung entstand daraufhin gleich eine weitere Blase. Sie blieb kleiner und wuchs nicht über das Maß eines durchschnittlichen Zwergenschädels hinaus. Farbige Schlieren durchzogen sie, schienen schließlich ineinanderzufließen und bildeten schließlich Formen, von denen einige Ähnlichkeit mit bestimmten Zwergenrunen hatten.
Dann wurde schließlich das Gesicht eines Zwerges sichtbar.
Sein Bart war zwar kunstvoll und mit viel Liebe zum Detail zu Zöpfen geflochten, wie es guter zwergischer Tradition entsprach, aber an einigen Stellen verunzierten Brandspuren diese auf eine insgesamt recht beachtliche Länge gebrachte Pracht.
Das Gesicht war rußverschmiert, wie nach einem der gefürchteten Schachtbrände, die immer wieder in verschiedenen Teilen des Zwergenreiches ausgebrochen waren und dann zumeist viele Opfer gefordert hatten.
Viel erstaunlicher war für Rhelmi auf den ersten Blick allerdings etwas anderes. Im Hintergrund des Bildes waren nämlich schroffe Felsen zu sehen– und für einen Moment glaubte er sogar erkennen zu können, wie Meereswogen gegen eine Steilküste schlugen. Ein Verbindungsversuch von der Oberfläche – und nicht aus dem Königspalast, durchfuhr es den Gesandten des Zwergenreichs. Dafür muss es einen wirklich guten Grund geben …
»R helmi! Ich hoffe, du kannst mich verstehen«, sagte der Zwerg in der Lichtblase.
»L aut und deutlich, werter Waffenmeister!«, rief Rhelmi etwas zu laut, weil er vielleicht insgeheim das Gefühl hatte, die große Entfernung bis Kergur-Dun mithilfe seiner Stimme überbrücken zu müssen.
Waffenmeister Umbro kannte er natürlich gut.
Schließlich war Umbro einer der mächtigsten und einflussreichsten Zwerge am Hof von Kergur-Dun. Ohne das Wohlwollen des Waffenmeisters hätte Rhelmi niemals zum Gesandten von König Grabaldin aufsteigen können. »I ch habe mir schon Sorgen gemacht– und jetzt sehe ich…« Rhelmi sprach es nicht aus.
Stattdessen vollendete Umbro seinen Satz.
» … dass ich an der Oberfläche bin.« Er sprach dieses Wort aus, als wäre es etwas Unanständiges. Auf jeden Fall aber war es etwas vollkommen Unzwergisches. »N un, für dich als Gesandten dürfte es ja nichts Besonderes sein, jeden Tag den Schein der Sonne im Gesicht zu haben. Aber für uns alle ist das etwas anderes… Vor allem auch wegen der Umstände, die uns dazu gebracht haben, das unterirdische Reich zu verlassen.«
»W as?«
»D eine Sorgen waren berechtigt, Rhelmi«, stellte Umbro fest. »U nd ich bin heilfroh, dass es überhaupt gelang, einen der magischen Kristalle aus der Tiefe zu retten, sodass wir eine Verbindung zueinander haben…«
»W as ist mit dem König?«, fragte Rhelmi sofort. »W ieso spreche ich nicht mit
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