Das Erbe der Jedi-Ritter 10 - Jainas Flucht
warf ihr den Leinensack zu. Mit dem Kopf deutete er auf den Nebenraum, in dem sich Jaina und Ta’a Chume unterhalten hatten. »Da.« Mit zusammengebissenen Zähnen und funkelnden Augen marschierte Jaina in das Zimmer. Die Tür schloss sich hinter ihr, und sie fuhr herum und sah Kyp, der mit verschränkten Armen dastand.
»Oh, du willst doch bestimmt nicht, dass ich mir meine Entscheidung noch einmal überlege.« Er deutete auf den bemalten Wandschirm. Murmelnd ging Jaina hinüber und stellte ihn zwischen sich und den Jedi-Meister. In der Tasche befanden sich niedrige, weiche Stiefel, die ihrer Mutter gehörten, eine Jedi-Robe, die der von Kyp glich, und ein Lichtschwert. Jaina schaltete es an und betrachtete die unverwechselbare blauviolette Klinge.
»Du warst in meinem Zimmer.«
»Das ist kein Kapitalverbrechen. Schalt das Schwert ab, ehe dich das Verlangen überkommt, Gerechtigkeit zu üben«, gab er trocken zurück.
Sie schaltete es mit dem Daumen aus und wandte ihre Aufmerksamkeit der komplexen Verschnürung ihres geliehenen Kleides zu. Schließlich hatte sie es ausgezogen und warf es über den Wandschirm. Die lockere Jedi-Robe war eine Erleichterung − oder wäre es zumindest unter anderen Umständen gewesen.
Sie kam hervor, mit grimmiger, entschiedener Miene.
»Bringen wir es hinter uns.«
Kyp ging voran zu einer Seitentür und an einer überraschenden Anzahl von Wachen und Dienern vorbei, die genauso verwirrt waren, wie Jaina es erwartet hatte.
Jainas Empörung wallte auf und ebbte genauso rasch wieder ab. Sie konnte dem rüpelhaften Jedi eigentlich nicht vorwerfen, das zu tun, was jeder andere Jedi ohne Schuld oder Diskussion getan hätte. Onkel Luke setzte Gedankenkontrolle routinemäßig ein, um Leute zu kleinen, alltäglichen Dingen zu bewegen, und sein erster Meister, Obi-Wan Kenobi, hatte es ebenso gehalten. Niemand schien infrage zu stellen, ob es für einen Jedi angemessen war, sich über andere mithilfe der Macht hinwegzusetzen. In dieser Hinsicht unterschied sich Kyp nicht von den konservativeren Jedi. Er beherrschte diesen Trick nur besonders gut.
Sie traten hinaus in den Hof und gingen auf die Außengebäude zu, in denen die verschiedenen königlichen Fahrzeuge untergebracht waren. Kyp setzte sich auf einen Landspeeder. Mit den langen Fingern bediente er geschickt die Steuerung, und der Antrieb des Fahrzeugs erwachte summend zum Leben.
Jaina setzte sich hinter ihn. Der Landspeeder hob ab und glitt still durch die Straßen. Sie verließen die königliche Stadt, kamen durch den Hafen und fuhren um das riesige Flüchtlingslager herum. Kyp hielt auf den dichten Schatten eines öffentlichen Waldes zu, dann lenkte er den Landspeeder über enge Pfade, die sich einen Hang hinaufwanden.
Während sie den Berg hinaufschossen, wurde der Baumbewuchs dünner und ging schließlich in Buschwerk über. Die Zwillingsmonde kletterten über den Horizont und warfen ihr blasses Licht auf die seltsame Felsformation oben auf der Bergkrone. Dort hatten sich, die trauernden Gesichter von hundert Fackeln erleuchtet, ihre Familie und ihre Freunde versammelt. Kyp stellte den Landspeeder in respektvoller Entfernung ab. Jaina stieg rasch aus und machte sich zu der Versammlung auf. Es war schon schlimm genug, mit Kyp einzutreffen, und schlimmer sogar, genauso gekleidet zu sein wie er. Sie wollte den Eindruck der kleinen pflichtbewussten Schülerin nicht noch dadurch stärken, dass sie respektvoll an seiner Seite schritt. Ihr Blick schweifte über die versammelte Menge, suchte zuerst ihre Eltern und wanderte dann über die überraschend große Gruppe. Alle Überlebenden der Myrkr-Mission waren anwesend. Tenel Ka stand an der Seite und trug noch immer das kunstvolle Kleid vom Bankett. Jag Fei stand neben ihr, und Jaina bemerkte, dass auch andere in festliche Gewänder gekleidet waren, ganz im Gegensatz zu dem ernsten Anlass. Ihre Anwesenheit besänftigte Jainas Unbehagen über ihre Art und Weise der Ankunft − offensichtlich hatte Kyp auch anderen im Palast die Nachricht überbracht. Dann richtete sie unwillig den Blick auf die Mitte des Kreises, und alle Gedanken verstummten.
Sie hatten Anakin hergebracht und auf einem hohen flachen Stein platziert. Ein Ring aus Fackeln war um ihn herum aufgebaut worden, eine helle Grenze, die ihn von jenen trennte, die Zeugen seines Übergangs werden sollten.
Im Schatten bemerkte Jaina eine Bewegung, und Tahiri trat in den Kreis des Lichts. »Anakin hat mir das Leben gerettet«,
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