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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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wäre wirklich furchtbar! Ich hingegen bin so gelassen wie ein altes Fischweib, das eine Makrele ausnimmt. »Ihr werdet die Geistlichen nicht einmal zu sehen bekommen«, prophezeie ich. »Man wird Euch nicht dem Kreuzverhör unterziehen. Wer sollte ein Interesse daran haben, Eure Lügen anzuzweifeln? Niemanden interessiert die Wahrheit, niemand wird zu ihrer Verteidigung sprechen. Ich nehme an, dass Ihr nicht einmal den Mund aufmachen müsst. Es wird alles schon vorbereitet sein, wir müssen nur noch unterzeichnen.«
    »Aber was ist, wenn darin steht ... Was, wenn sie sie als ...« Sie bricht ab und schaut über den Fluss. Sie hat zu viel Angst, um das Wort »Hexe« auszusprechen.
    »Warum wollt Ihr es überhaupt lesen?«, frage ich dagegen. »Welche Rolle spielt schon der Text, der über Eurer Unterschrift steht? Ihr habt eingewilligt zu unterschreiben, nicht wahr? Von Lesen war keine Rede.«
    Catherine nickt. »Aber ich möchte lieber nicht, dass sie durch meine Aussage zu Schaden kommt«, sagt sie, diese Memme.
    Ich ziehe die Augenbrauen hoch, sage jedoch nichts. Das muss ich auch gar nicht. Wir alle, die wir hier in der Barke des Königs sitzen und an diesem lieblichen Sommertag über die Themse gerudert werden, wissen, dass wir zur Vernichtung einer jungen Frau beitragen, die nichts Falsches getan hat.
    »Habt Ihr schon etwas unterzeichnet? Damals? Als ...?«, fragt sie zaghaft.
    »Nein«, erwidere ich. In meinem Mund ist ein so bitterer Geschmack, dass ich am liebsten ausspucken würde. »Nein. Bei Anne und meinem Gemahl war das Verfahren noch nicht ausgereift. Merkt Ihr, welchen Fortschritt wir zu verzeichnen haben? Damals musste ich noch vor aller Augen auf die Bibel schwören und meine Aussage machen. Ich musste ihnen ins Gesicht sehen und gegen meinen eigenen Mann und seine Schwester aussagen.«
    Sie stößt einen leisen Schrei aus. »Das muss ja furchtbar gewesen sein!«
    »Das war es«, bestätige ich.
    »Ihr müsst doch das Schlimmste befürchtet haben!«
    »Ich wusste, dass ich durch meine Aussage mein Leben rettete«, sage ich brutal. »Und ich nehme an, Euch geht es genauso, Euch und mir und Lady Rutland. Wenn Anna von Kleve schuldig gesprochen wird und sterben muss, dann werden wir immerhin nicht mit ihr untergehen.«
    »Aber was werden sie ihr denn vorwerfen?«, fragt Catherine.
    »Oh, das werden nicht sie sein, sondern wir«, sage ich mit freudlosem Lachen. »Wir werden sie eines Verbrechens bezichtigen. Wir vertreten die Anklage und schwören auf die Beweise. Wir sagen, was sie getan hat. Sie werden nur das Urteil verkünden, das ihren Tod bedeutet. Und nur zu bald werden wir erfahren, worin ihr Verbrechen wirklich bestand.«
 
    Gott sei Dank muss ich nicht unterschreiben, dass sie für die Impotenz des Königs verantwortlich ist. Ich muss nicht aussagen, dass sie den König verzaubert oder verhext oder mit einem halben Dutzend Männer betrogen oder heimlich ein Ungeheuer geboren hat. Wir alle unterzeichnen die gleiche Erklärung. Darin steht, dass sie uns erzählt hat, sie sei jede Nacht als Jungfrau in sein Bett gekommen und habe sich als Jungfrau wieder daraus erhoben. Es steht darin, wir hätten aus ihren Worten geschlossen, sie sei zu dumm, um zu wissen, dass da etwas nicht stimmen konnte. Angeblich haben wir sie darauf hingewiesen, dass zu einer Ehe mehr gehört als ein Gutenachtkuss. Wir sollen betont haben, dass sie so nicht zu einem Sohn kommen würde. Darauf soll sie geantwortet haben, dass sie zufrieden sei, wie es ist. Dieses ganze törichte Geplapper soll in ihrem Gemach stattgefunden haben, unter uns vieren und in flüssigem Englisch ohne jede Stockung.
    Bevor die Barke uns wieder nach Richmond bringt, trete ich an den Herzog heran.
    »Ist den Ausschussmitgliedern überhaupt klar, dass sie nie so spricht?«, frage ich. »Die Unterhaltung, die wir in unserer Erklärung beeiden, kann so unmöglich stattgefunden haben. Das weiß jeder, der je in den Gemächern der Königin gewesen ist. Tatsächlich wursteln wir uns durch mit den paar Brocken Englisch, die sie kann, und wiederholen Sätze ein halbes Dutzend Mal, bevor wir einander verstehen. Außerdem weiß jeder, der sie kennt, dass sie solche Themen niemals mit mehreren Hofdamen auf einmal besprechen würde. Dazu ist sie viel zu sittsam.«
    »Das spielt keine Rolle«, erklärt er großspurig. »Es wurde eine Erklärung benötigt, in der ausgesagt wird, dass sie Jungfrau ist und war. Mehr nicht.«
    Zum ersten Mal seit Wochen beginne

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