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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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so lange ein mit Schande beladenes Kapitel unserer Familiengeschichte, dass es kaum eine Rolle spielt, ob sie schuldig war oder nicht, denn am Ende starb sie den Tod des Verräters. Das hat doch gewiss nichts mit mir zu tun? Ich muss doch nicht in ihre Fußstapfen treten? Man könnte ja in dem Sinne von einem »Erbe« der Boleyns sprechen - ein Erbe des Schafotts, das sie mir hinterließ ... Ach was, all das hat gar nichts für mich zu bedeuten! Ich brauche auch nichts aus ihrem Beispiel zu lernen.
    Ich bin jetzt Königin, und ich werde mein Leben so leben, wie es mir gefällt. Ich werde es so gut gestalten, wie ich kann, auch wenn der König mir kein guter Ehemann ist. Seit einem Monat ist er kaum aus seinen Gemächern gekommen, und er will mich nicht sehen, selbst wenn ich vor seiner Tür darum bitte. Und da er mich nicht sieht, kann ich ihm auch nicht mehr gefallen, und ich habe seit Monaten nichts mehr von ihm bekommen, nicht einmal ein kleines Schmuckstück. Er ist so unhöflich und eigensüchtig, dass ich glaube, es würde ihm nur recht geschehen, wenn ich mich in einen anderen Mann verliebte.
    Ich würde es natürlich nicht tun, ich würde mir auf keinen Fall einen Liebhaber nehmen. Aber wenn ich es täte, wäre es ganz allein seine Schuld. Er ist ein armseliger Ehemann. Ist ja gut und schön, wenn alle wissen wollen, ob ich gesund sei und ob schon Anzeichen eines Thronerbens zu sehen seien - aber wie soll ich zu einem Kind kommen, wenn er mich nicht einmal in seine Gemächer lässt?
    Heute Abend habe ich mir vorgenommen, eine gute Ehefrau zu sein und es noch einmal zu versuchen. Ich habe meinen Pagen mit der Bitte hingeschickt, ob ich mit dem König dinieren dürfe. Thomas Culpepper schickt die Nachricht zurück, dass es dem König heute ein wenig besser gehe und er ein wenig heiterer gestimmt sei. Er habe sich vom Bett erhoben und sich ans Fenster gesetzt, um den Vögeln im Garten zuzuhören. Thomas kommt selbst in meine Gemächer, um mir zu sagen, dass der König aus dem Fenster geschaut und mich gesehen habe, wie ich mit meinem kleinen Hund spielte. Bei dem Anblick habe er gelächelt.
    »Ja, wirklich?«, frage ich. Ich hatte eines meiner Kleider in sehr blassem Rosa getragen, um das Ende der Fastenzeit zu feiern, und dazu trug ich meine Weihnachtsperlen. Um ehrlich zu sein, ich muss wohl sehr bezaubernd ausgesehen haben, wie ich da im Garten spielte. Wenn ich doch nur gewusst hätte, dass er mir dabei zuschaute! »Habt Ihr mich auch gesehen?«
    Er wendet den Kopf ab, als wagte er nicht, es mir zu gestehen. »Wäre ich an des Königs Stelle gewesen, so wäre ich die Treppe hinuntergerannt, um bei Euch zu sein, ob ich Schmerzen litte oder nicht. Wenn ich Euer Ehemann wäre, dann würde ich Euch immer anschauen.«
    Zwei meiner Ehrenjungfern kommen herein und schauen uns neugierig an. Ich weiß wohl, dass wir so nahe beieinander stehen, als wollten wir uns küssen.
    »Richtet Seiner Majestät aus, dass ich heute Abend mit ihm dinieren möchte. Fragt ihn, ob er es erlaubt. Dann werde ich mein Bestes tun, um ihn aufzuheitern«, sage ich mit lauter Stimme, und Thomas macht eine Verbeugung und verlässt das Zimmer.
    »Ihn aufheitern?«, bemerkt Agnes. »Wie denn? Indem Ihr ihm einen frischen Einlauf verpasst?« Alle brechen in Lachen aus, als sei dies ein toller Witz.
    »Ich werde versuchen, ihn aufzuheitern, wenn er gewillt ist, sich aufheitern zu lassen«, sage ich entschlossen. »Und du benimm dich!«
    Niemand kann behaupten, dass ich meinen Pflichten als Ehefrau nicht getreulich nachkomme, selbst wenn er übel gelaunt ist. Und wenigstens sehe ich heute Abend Thomas wieder, denn er wird kommen, um mich in die Gemächer des Königs zu bringen, und wir werden ein paar kostbare Momente allein sein. Wenn wir uns den neugierigen Blicken der Höflinge entziehen können, dann wird er mich küssen, das weiß ich genau - und bei dem Gedanken schmelze ich dahin wie Zucker in einer Kasserolle.

 
 
J ANE B OLEYN , H AMPTON C OURT , A PRIL 1541
 
    »Sehr gut«, sagt mein Onkel Thomas Howard zu mir. »Des Königs Wunde ist zwar kein bisschen besser, aber immerhin spricht er wieder mit ihr. Ist er auch wieder in ihr Bett gekommen?«
    »Ja, gestern Nacht. Sie musste den Part des Mannes übernehmen, sie hat ihn geritten und ihn erregt, sie mag es überhaupt nicht.«
    »Spielt keine Rolle. Solange der Akt nur vollzogen wird. Aber er - gefällt es ihm?«
    »Natürlich. Welchem Mann würde es wohl nicht gefallen?«
    Er nickt,

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