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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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beschuldigt, eine Liebesaffäre zu haben«, sage ich grimmig. »Versteht Ihr nun, warum ich nicht darüber sprechen will? Warum niemand darüber sprechen will? Lassen wir also bitte das Thema ruhen?«
    Sie hört nicht einmal zu, so entsetzt ist sie. »Sie haben sie beschuldigt, ihren eigenen Bruder als Liebhaber genommen zu haben?«, will sie wissen. »Wie konnten sie das nur glauben? Wie konnten sie Beweise für so eine Anklage finden?«
    »Spitzel und Lügner«, erwidere ich bitter. »Lasst Euch warnen: Traut diesen törichten Mädchen nicht, die Ihr um Euch geschart habt.«
    »Wer hat sie angeklagt?« Wenn sie einmal auf der Fährte ist, lässt sie sich nicht davon ablenken. »Wer hat es gewagt, solch eine Aussage vorzubringen?«
    »Das weiß ich nicht.« Ich möchte nur fort, ich möchte keine dieser Fragen nach einer lang vergangenen Schuld beantworten müssen. »Es ist so lange her, dass ich mich nicht mehr erinnere, und wenn ich es könnte, dann würde ich nicht darüber reden.«
    Ich entferne mich rasch, gegen jedes Hofprotokoll. Ich kann den heraufdämmernden Verdacht nicht ertragen, den ich in ihrem Gesicht sehe. »Wer hätte so etwas aussagen können?«, fragt sie wieder. Aber ich höre sie nicht mehr.

 
 
K ATHERINE , H AMPTON C OURT , A PRIL 1541
 
    Ich bin sehr beruhigt über alles, was ich erfahren habe, und wünschte nur, ich hätte früher gefragt. Ich hatte immer geglaubt, meine Cousine Königin Anne wäre mit einem Liebhaber erwischt und deshalb geköpft worden. Nun stellt sich heraus, dass es sehr viel komplizierter war, dass sie das Zentrum einer hochverräterischen Verschwörung war, die zu lange her ist, als dass ich es verstehen könnte. Ich hatte Angst gehabt, weil ich glaubte, ich würde das gleiche Schicksal erleiden wie sie. Ich fürchtete, ihre Verderbtheit geerbt zu haben. Doch nun stellt sich heraus, dass es eine große Verschwörung war, sogar Mylady Rochford und ihr Mann waren irgendwie darin verwickelt. Es ging höchstwahrscheinlich um Religion, könnte ich mir denken, denn Anne war eine glühende Lutheranerin, während heute jeder, der nur über ein wenig Verstand verfügt, Anhänger des alten Glaubens ist. Ich denke also, solange ich mich klug und sehr diskret verhalte, kann ich mit Thomas Culpepper zumindest befreundet sein. Ich kann ihn oft sehen, er kann mein Gefährte und mein Tröster sein, und niemand braucht davon zu wissen oder Schlechtes darüber zu denken. Und solange er ein ergebener Diener des Königs ist und ich des Königs treues Weib bin, wird keine Schande entstehen.
    Da ich klug bin, rufe ich meine Cousine Catherine Carey zu mir und bitte sie, Stickseide nach Farbtönen zu sortieren, als wollte ich eine Näharbeit beginnen. Wäre Catherine ein wenig länger bei Hofe, dann hätte sie sofort erraten, dass dies eine List von mir ist, da ich seit meiner Hochzeit keine Nadel mehr angerührt habe, aber sie bringt brav einen Schemel herbei und setzt sich mir zu Füßen und legt die Farben aus, und wir begutachten sie gemeinsam.
    »Hat Eure Mutter Euch jemals erzählt, was mit ihrer Schwester Königin Anne geschah?«, frage ich beiläufig.
    Sie schaut zu mir auf. Sie hat haselnussbraune Augen, nicht die dunkelbraunen der Boleyns. »Oh, ich war damals dabei«, erwidert sie schlicht.
    »Ihr wart dabei!«, rufe ich aus. »Aber warum habe ich nichts davon gewusst?«
    Sie lächelt. »Ihr wart damals ein Kind in der Obhut Eurer Großmutter, nicht wahr? Auch ich war damals noch ein Kind, aber bereits bei Hofe. Meine Mutter war Hofdame ihrer Schwester Anne Boleyn, und ich war Ehrenjungfer.«
    »Also, was ist damals geschehen?« Ich ersticke fast vor Neugier. »Lady Rochford will mir einfach nichts erzählen! Und sie wird immer ärgerlich, wenn ich frage.«
    »Es ist eine schlimme Geschichte, die man nicht unbedingt erzählen sollte«, sagt Catherine.
    »Nicht du auch noch! Erzähle es mir, Catherine. Sie ist auch meine Tante. Ich habe ein Recht, darüber Bescheid zu wissen.«
    »Oh, ich werde es Euch erzählen. Aber es ist wirklich keine schöne Geschichte. Die Königin wurde des Ehebruchs mit ihrem eigenen Bruder, meinem Onkel, bezichtigt.« Catherine berichtet so sachlich, als wäre es ein alltägliches Ereignis gewesen. »Und mit anderen Männern. Sie wurde schuldig gesprochen, er wurde schuldig gesprochen, die anderen Männer wurden schuldig gesprochen. Die Königin und ihr Bruder George wurden zum Tode verurteilt. Ich habe sie in den Tower begleitet. Ich war im Tower ihre

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