Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance
bleibt dem jungen Paar genug Gelegenheit für heimliche Stelldicheins, und darüber hinaus bringt der König selbst sie zusammen: Er befiehlt Culpepper, mit der Königin zu tanzen, oder gibt ihr Ratschläge beim Kartenspiel, wenn sie gegen Culpepper spielt. Thomas Culpepper ist des Königs bevorzugter Kammerherr. Er begleitet ihn überallhin, weil der König von seinem Charme und seinem Witz und seinem guten Aussehen begeistert ist. Wann immer der König die Königin in ihren Gemächern besucht, gehört Culpepper zu seinem Gefolge, und es gefällt dem König, die beiden jungen Menschen zusammen zu sehen. Wäre er nicht durch seine ungeheuerliche Eitelkeit verblendet, dann würde er erkennen, dass er sie einander in die Arme treibt - aber er zieht es vor, die Konstellation als fröhliches Trio zu betrachten, und sagt des Öfteren, dass Culpepper ihn an seine Jugend erinnert.
Die Kind-Königin und ihr jugendlicher Verehrer spielen gerade Karten, während der König kiebitzt und aussieht wie ein gutmütiger Vater mit seinen beiden schönen Kindern, als der Herzog von Norfolk auf mich zukommt.
»Nun, geht er wieder zu ihr? Bedient sie ihn, wie wir sie geheißen haben?«
»Ja«, sage ich, kaum meine Lippen bewegend. Mein Gesicht ist immer noch dem hübschen Paar und dem vernarrten älteren Mann zugewendet. »Aber was dabei herauskommt, kann man nicht voraussagen.«
Er nickt. »Und Culpepper ist gewillt, sie zu bespringen?«
Ich grinse und sehe zu ihm auf. »Wie Ihr seht, ist sie in Hitze, und er sehnt sich nach ihrer Berührung.«
Wieder nickt der Herzog. »Das hatte ich mir schon gedacht. Und er ist ein Günstling des Königs, das ist auch von Vorteil. Der König liebt es, sie mit seinen Günstlingen tanzen zu sehen. Und Culpepper ist ein gewissenloser Lump, auch das ist ein Vorteil. Glaubt Ihr, er ist waghalsig genug, es zu riskieren?«
Wieder einmal bewundere ich die Art, wie er ein Komplott schmieden kann, den Blick auf seinem ahnungslosen Opfer, während sämtliche Zuschauer glauben, er rede über so etwas Harmloses wie das Wetter.
»Ich glaube, er ist in sie verliebt. Ich glaube, er wäre bereit, sein Leben für sie aufs Spiel zu setzen.«
»Wie nett«, bemerkt er säuerlich. »Wir dürfen ihn aber nicht aus den Augen lassen. Er hat ein heftiges Temperament. Gab es da nicht einmal einen gewissen Vorfall? Hat er nicht die Frau eines Wildhüters vergewaltigt?«
Ich schüttele den Kopf und wende mich ab. »Davon habe ich noch nie etwas gehört.«
Er bietet mir seinen Arm, und gemeinsam spazieren wir den Wandelgang entlang. »Vergewaltigte sie und tötete ihren Mann, als er versuchte, sie zu beschützen. Der König hat ihm für beide Vergehen Pardon gewährt.«
Ich bin zu alt, um darob schockiert zu sein. »Ein Günstling, in der Tat«, sage ich trocken. »Was wird der König ihm wohl noch alles vergeben?«
»Warum nur zieht Katherine Culpepper allen anderen vor? Er kann doch nichts in die Waagschalen werfen außer Jugend und gutem Aussehen und Dreistigkeit.«
Ich muss lachen. »Für ein Mädchen, das mit einem hässlichen alten Mann verheiratet ist, sind das wohl genügend Vorzüge.«
»Nun, wenn sie es wünscht, kann sie ihn haben, und vielleicht finde ich noch einen anderen jungen Mann, den ich ihr anbieten kann. Ich habe da einen früheren Favoriten von ihr im Auge, der eben erst aus Irland zurückgekehrt ist und immer noch nach ihr schmachtet. Könnt Ihr sie nicht ermutigen, vielleicht auf der Sommerreise? Dort wird sie weniger unter Aufsicht stehen als im Palast, und wenn sie diesen Sommer noch ein Kind empfängt, könnte sie noch vor Weihnachten gekrönt werden. Mir wäre wohler zumute, wenn sie die Krone auf dem Kopf hätte und ein Baby im Bauch, denn die Gesundheit des Königs ist und bleibt kritisch. Sein Arzt sagt, dass seine Eingeweide wieder ganz verspannt sind.«
»Ich kann die beiden unterstützen«, sage ich. »Ich kann es ihnen leichter machen, sich zu treffen. Aber mehr kann ich wohl kaum tun.«
Er lächelt. »Culpepper ist so ein Schuft, und sie ist so ein loses Mädchen, dass Ihr wohl kaum mehr tun müsst, Lady Rochford.«
Er macht einen so zugänglichen Eindruck, dass ich es wage, ihm die Hand auf den Arm zu legen, als wir umdrehen, um den Wandelgang zurückzuspazieren. »Und meine Angelegenheit?«, frage ich.
Sein Lächeln ist unverdrossen. »Ach, Eure Hoffnung auf eine gute Partie? Ich habe bereits jemanden im Auge, ich erzähle Euch später davon.«
»Wer ist es?«, frage ich.
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