Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance
eine Lügnerin, ein verräterisches Weib. Kein Mann auf der Welt würde Euch zur Frau nehmen wollen. Ihr seid in ganz Europa als die Frau bekannt, die ihren eigenen Mann und ihre Schwägerin zum Henker schickte. Ihr seid an jedem Hofe Europas als die abscheuliche Frau bekannt, die ihren Ehemann an den Galgen brachte ...«, jetzt schüttelt er mich, »von dem er abgenommen wurde, während er noch lebte, in seinen vollgepissten Hosen«, er schüttelt mich wieder, »um vom Gemächt bis zum Hals aufgeschlitzt zu werden, damit sie ihm Magen, Lunge und Herz herausreißen und zeigen konnten; um zu verbluten, während sie seine Leber und sein Herz, seinen Magen und seine Lunge vor seinen Augen verbrannten«, wieder schüttelt er mich, »und um dann endlich wie ein Schlachtvieh auf dem Metzgerblock zerteilt zu werden.«
»Das haben sie ihm nicht angetan.« Ich flüstere es, aber meine Lippen im Spiegelbild bewegen sich kaum.
»Nein, dieses Schicksal blieb ihm erspart, aber Euer Verdienst war es nicht. Und dies ist es, woran sich die Menschen stets erinnern werden. Der König, sein ärgster Feind, ersparte ihm die Folter, zu der Ihr ihn verdammt hattet. Der König ließ ihm nur den Kopf abschlagen. Wäre es aber nach Euch gegangen, hätten sie ihm die Eingeweide herausgerissen. Im Zeugenstand habt Ihr geschworen, dass er und Anne ein Liebespaar waren, dass er seine eigene Schwester beschlief, dass er mit dem halben Hof Sodomie und Unzucht betrieb. Ihr habt geschworen, dass sie des Königs Tod planten. Ihr habt ihn einem grausamen Tod überantwortet, den nicht einmal ein Hund verdient.«
»Es war Euer Plan.« Mein Gesicht im Spiegel ist grün vor Angst, nun, da endlich die Wahrheit ausgesprochen ist. Meine Augen treten vor Entsetzen hervor. »Dies war Euer Plan, nicht der meine. Ich habe daran keine Schuld. Ihr habt gesagt, unsere Aussage würde die beiden retten. Meine Aussage und ihrer beider Schuldbekenntnis würden zu einer Begnadigung führen.«
»Ihr wusstet nur zu gut, dass dies eine Lüge war.« Er schüttelt mich wie ein Terrier eine Ratte. »Ihr wusstet das, Lügnerin! Ihr seid nicht in den Zeugenstand getreten, um ihn zu retten. Ihr wolltet Euren Titel und Euer Vermögen retten - das, was Ihr als Euer armseliges, kleines Erbe bezeichnetet, das Erbe der Boleyns. Ihr wusstet: Wenn Ihr Zeugnis gegen Euren Ehemann ablegtet, dann würde Euch der König Euren Titel und Eure Ländereien lassen. Und mehr habt Ihr nicht gewollt. Der Rest kümmerte Euch nicht. Ihr habt diesen hoffnungsvollen jungen Mann und seine schöne Schwester an den Galgen gebracht, damit Ihr Eure eigene gelbe Haut und Euren dürftigen Titel retten konntet. Glaubt Ihr etwa, irgendein Mann würde Euch noch einmal einen Titel schenken? Glaubt Ihr, irgendein Mann würde es noch riskieren, Euch zur Frau zu nehmen?«
»Ich wollte George retten.« Zähneknirschend rede ich zu seinem Spiegelbild. »Ich gab die Zeugin der Anklage, damit er gestehen konnte und begnadigt würde. Ich hätte ihn gerettet.«
»Ihr seid eine schlimmere Mörderin als der König«, sagt er und stößt mich so brutal von sich, dass ich an die Wand pralle und mich am Gobelin festhalte. »Ihr habt gegen Eure eigene Schwägerin und gegen Euren Mann ausgesagt, Ihr habt am Krankenbett der sterbenden Jane Seymour gestanden, Ihr habt gegen Anna von Kleve ausgesagt und hättet ihre Enthauptung in Kauf genommen. Und nun werdet Ihr zweifellos zusehen, wie eine weitere Cousine dem Henker überantwortet wird, und ich erwarte von Euch, dass Ihr auch gegen sie aussagen werdet.«
»Ich habe ihn geliebt«, sage ich und nähere mich dem Punkt, den ich am wenigsten ertragen kann. »Ihr könnt nicht leugnen, dass ich George liebte. Ich habe ihn von ganzem Herzen geliebt.«
»Dann seid Ihr noch schlimmer als ein Lügner und ein falscher Freund«, lautet seine kalte Entgegnung. »Denn Eure Liebe brachte dem Mann, den Ihr liebtet, einen höchst qualvollen Tod. Eure Liebe ist deshalb schlimmer als Hass! Dutzende hassten George Boleyn, aber es war Euer liebendes Wort, das ihm den Tod brachte. Seht Ihr nicht ein, wie übel Ihr seid?«
»Wenn er zu mir gehalten hätte, wenn er mir treu gewesen wäre, dann hätte ich ihn gerettet!«, rufe ich voller Schmerz. »Wenn er mich so geliebt hätte wie sie, wenn er mir einen Platz in seinem Leben eingeräumt hätte, wenn ich ihm so lieb und teuer gewesen wäre wie ...«
»Er hat nie zu Euch gehalten«, sagt der Herzog, und Verachtung tropft aus seiner Stimme wie
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