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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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auf meiner Seite steht, wie soll ich dann dem König all das erklären? Zwar habe ich ein wenig Angst vor dem Erzbischof, aber wirkliche Furcht empfinde ich nur vor dem König.
    »Nun sagt es schon. Ihr habt bei ihm gelegen. Ihr wart wie Mann und Frau miteinander.«
    »Ja«, sage ich, gebe es ehrlich zu. »Ja, das waren wir.«
    Er entfernt meine Hand von seinem Arm, als hätte ich eine Hautkrankheit und er könne meine Berührung nicht dulden. Als hätte ich den Aussatz. Ich, die ich erst vor zwei Tagen so kostbar war, dass das ganze Land Gott dankte, dass der König mich gefunden hatte! Es ist nicht möglich. Es ist nicht möglich, dass sich alles in so kurzer Zeit ins Gegenteil verkehrt.
    »Ich werde Eure Beichte prüfen«, sagt er. »Ich werde sie im Gebet Gott vorlegen. Ich muss es dem König sagen. Wir werden prüfen, welche Anklage wir gegen Euch erheben.«
    »Können wir das Geschehene nicht einfach vergessen?«, flüstere ich. Ich ringe die Hände; schwer wiegen die Ringe an meinen Fingern. »Es ist doch schon so lange her. Es ist doch Jahre her. Niemand erinnert sich mehr daran. Der König braucht es doch nicht zu wissen. Ihr sagtet doch eben selbst, dass es ihm das Herz brechen wird. Sagt ihm doch, dass Ihr Euch geirrt hättet, dass nichts passiert sei. Kann nicht wieder alles werden wie vorher?«
    Er sieht mich an, als sei ich verrückt geworden. »Königin Katherine«, sagt er sanft. »Ihr habt den König von England betrogen. Darauf steht der Tod. Könnt Ihr das nicht begreifen?«
    »Aber das alles ist doch geschehen, lange bevor ich verheiratet war«, wimmere ich. »Ich habe den König nicht betrogen, ich kannte ihn doch nicht einmal. Der König wird mir doch die Sünden vergeben, die ich als kleines Mädchen beging?« Ich spüre ein Schluchzen in meiner Kehle emporsteigen, ich kann es nicht mehr unterdrücken. »Er wird mich doch nicht so grausam wegen meiner Kindheitssünden verurteilen? Ich war doch nur ein kleines Mädchen, das schlecht behütet wurde!« Ich schlucke. »Sicher wird Seine Gnaden gnädig mit mir sein? Er hat mich geliebt, und ich habe ihn so glücklich gemacht. Er hat Gott gedankt, dass er mich bekam, und was früher war, das zählt doch nicht!« Nun strömen mir die Tränen übers Gesicht. Ich spiele keine Reue mehr vor, ich bin entsetzt, dass ich hier stehe, vor diesem furchtbaren Mann, und mich in Lügen verstricken muss, damit alles besser aussieht. »Bitte, Sir, bitte vergebt mir. Bitte sagt dem König, dass ich nichts Schlimmes getan habe.«
    Er weicht vor mir zurück. »Beruhigt Euch. Beruhigt Euch. Wir werden jetzt nichts mehr sagen.«
    »Sagt, dass Ihr mir vergeben werdet. Sagt, dass der König mir vergeben wird.«
    »Ich hoffe, dass er es tut, ich hoffe, dass er es kann. Ich hoffe, dass Ihr gerettet werden könnt.«
    Ich greife wieder nach seinem Arm, ich schluchze nun hemmungslos. »Ihr könnt nicht gehen, ohne mir zu versprechen, dass mir nichts geschehen wird!«
    Er will zur Tür und muss mich mitschleifen, weil ich mich an ihn klammere wie ein flennendes Kind. »Madam, Ihr müsst Euch beruhigen.«
    »Wie soll ich mich beruhigen, wenn der König böse auf mich ist? Wie soll ich mich beruhigen, wenn Ihr von Todesstrafe sprecht? Ich bin doch erst fünfzehn. Ich kann nicht angeklagt werden, ich kann nicht ...«
    »Lasst mich los, Euer Gnaden, dieses Benehmen steht Euch nicht gut zu Gesicht.«
    »Ihr dürft nicht gehen, ohne mir Euren Segen erteilt zu haben.«
    Er stößt mich von sich und schlägt dann rasch das Kreuzzeichen über meinem Kopf. »So. Ich segne Euch, in nomine ... filii ... So, und nun seid still!«
    Ich werfe mich schluchzend zu Boden, dann höre ich die Tür ins Schloss fallen. Ich kann nicht aufhören zu weinen. Selbst als die innere Tür aufgeht und meine Damen hereinkommen, flenne ich weiter. Selbst als sie sich um mich bemühen und mir den Kopf streicheln, kann ich mich nicht beruhigen. Ich habe jetzt solche Angst, ich habe so große Angst.

 
 
J ANE B OLEYN , H AMPTON C OURT , N OVEMBER 1541
 
    Dieser Teufel von einem Erzbischof hat das arme Kind fast um Sinn und Verstand geängstigt, und nun weiß es nicht, ob es lügen oder gestehen soll. Der Herzog ist gemeinsam mit dem Erzbischof zu einem weiteren Verhör gekommen, und während die Damen versuchen, Katherine aus dem Bett zu zerren, nimmt er die Gelegenheit wahr, um mit mir zu sprechen. »Wird sie auch die Sache mit Culpepper gestehen?«, flüstert er so leise, dass ich mich in seine Richtung

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