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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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von Kleve nicht gültig wäre.«
    »Nicht schon wieder!«, rufe ich aus, für einen Augenblick sämtliche Vorsicht vergessend. »Nicht wieder derselbe Einwand, den er gegen Königin Katharina vorbrachte! Wir werden alle wie Dummköpfe dastehen!«
    Sie nickt. »Ja, leider. Aber besser für sie, wenn ein Hindernis so früh offengelegt wird und sie in Sicherheit heimkehren kann, als wenn sie bleibt und einen Feind zum Manne nimmt. Ihr kennt doch den König, er wird ihr nie verzeihen, dass sie nach seinem Kuss ausgespuckt hat!«
    Ich schweige. Das sind gefährliche Spekulationen.
    »Ihr Bruder muss ein Narr sein«, sinniere ich. »Sie hat sich weit vorgewagt, wenn er nicht für ihre Sicherheit gesorgt hat.«
    »Ich möchte heute Nacht nicht in ihrer Haut stecken«, bestätigt Lady Browne. »Ihr wisst ja, ich habe nie geglaubt, dass sie dem König gefallen würde, und das habe ich auch meinem Mann gesagt. Aber er wusste ja alles besser. Die Allianz mit Kleve sei lebenswichtig, hat er gesagt, wir müssten uns vor Frankreich und Spanien schützen, wir brauchten Schutz gegen die Macht der Papisten, die nur darauf lauerten, uns anzugreifen, die den König sogar in seinem Bett ermorden würden. Wir müssten, so sagte er, die Reformation stärken. Ihr Bruder ist ein Führer der protestantischen Herzöge und Fürsten, er ist ein Garant für unsere Zukunft. Ich sage: Ja, Mylord, aber der König wird sie nicht mögen. Denkt an meine Worte: Er wird sie nicht mögen. Und dann kommt der König, bereit zur Brautwerbung, und sie stößt ihn fort, als wäre er ein betrunkener Krämer.«
    »In jenem Augenblick sah er alles andere als königlich aus«, mache ich geltend. Ein Mehr an Urteil will ich mir nicht anmaßen.
    »Er war nicht in bester Verfassung«, sagt sie ebenso diplomatisch wie ich. Ungesagt bleibt, dass unser schöner Prinz zu einem widerwärtigen Mann geworden ist, zu einem hässlichen alten Mann - und heute haben wir dies zum ersten Mal erkannt.
    »Ich muss nun zu Bett«, sagt sie und stellt den Krug hin. Sie mag nicht einmal daran denken.
    »Ich auch.«
    Ich lasse sie vorgehen zu ihrem Zimmer und lausche, bis ich die Tür zufallen höre, dann eile ich zur Großen Halle, wo Männer in Howard-Livree fleißig den Humpen heben und sichtlich völlig betrunken sind. Ich winke einem von ihnen, und er erhebt sich leise und kommt auf mich zu.
    »Suche unverzüglich den Herzog auf«, sage ich ihm leise ins Ohr. »Gib ihm Nachricht von mir, bevor er mit dem König spricht.«
    Der Mann nickt, er versteht sofort. »Sage ihm - und nur ihm-, dass der König Lady Anna nicht mag, dass er versuchen wird, den Ehevertrag für ungültig erklären zu lassen, und dass er denjenigen die Schuld gibt, die diese Ehe arrangiert haben. Er wird jeden zur Rechenschaft ziehen, der auf dieser Heirat besteht.«
    Wieder nickt der Mann. Ich überlege fieberhaft, ob es noch etwas hinzuzufügen gibt.
    »Das ist alles.« Es ist nicht notwendig, einen der geschicktesten und skrupellosesten Männer Englands daran zu erinnern, dass es unser Rivale Thomas Cromwell war, der diese Partie arrangiert hat. Dass dies unsere Gelegenheit ist, Cromwell zu stürzen, so wie Wolsey vor ihm. Dass der König, sobald wir Cromwell gestürzt haben, einen Berater brauchen wird - und wer sollte sich da besser eignen als sein Oberbefehlshaber? Wer sollte sich besser eignen als Norfolk?
    »Gehe unverzüglich und richte dem Herzog meine Worte aus, bevor er den König sieht«, dränge ich. »Unser Herr darf dem König nicht unvorbereitet entgegentreten.«
    Der Mann verneigt sich, dann verlässt er sofort die Halle, ohne sich von seinen trinkenden Gefährten zu verabschieden. An seinem schnellen Schritt erkenne ich, dass er vollkommen nüchtern ist.
    Ich gehe in mein eigenes Gemach. Meine Bettgefährtin für diese Nacht, eine der anderen Hofdamen, schläft schon und hat einen Arm quer über meine Seite des Bettes gelegt. Vorsichtig schiebe ich ihn fort und gleite zwischen die warmen Laken. Ich schlafe nicht sogleich ein, sondern liege noch in der Stille und lausche auf ihre Atemzüge. Ich denke an die arme junge Frau, Lady Anna, mit ihrem unschuldigen Gesicht und ihrem offenen Blick. Ich überlege, ob Lady Browne womöglich recht haben könnte: dass die junge Frau einfach deswegen in Gefahr ist, weil sie die Ehefrau ist, die der König nicht will.
    Sicherlich nicht. Lady Browne muss übertreiben. Diese junge Frau ist die Tochter eines deutschen Herzogs, sie hat einen mächtigen Bruder,

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