Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance
dann wird es ihnen leid tun, dass ich ertrunken bin.
So muss es für Königin Anne gewesen sein, als sie erfuhr, dass sie vor den König zitiert wurde. Sie war der Untreue angeklagt, und sie wusste, dass er nicht auf ihrer Seite war. Sie muss vor Angst von Sinnen gewesen sein, krank vor Angst, aber ich schwöre, nicht schlimmer, als ich es jetzt bin. Ich könnte vor Angst sterben. Ich könnte vor Angst sterben, bevor mein Onkel überhaupt gekommen ist.
Ich soll zu Lady Rochfords Gemächern kommen, die Schande ist offenbar so schlimm, dass sie unter uns Howards bleiben muss. Als ich eintrete, sitzt sie am Fenster, also nehme ich an, dass sie es war, die ihm alles erzählt hat. Als sie mir zulächelt, strafe ich sie mit einem finsteren Blick, weil sie so eine Klatschbase ist.
»Hoher Herr Onkel, ich bitte Euch, schickt mich nicht nach Horsham«, sage ich, kaum dass ich eingetreten bin.
Er sieht mich finster an. »Und einen guten Tag wünsche ich meiner Nichte«, sagt er eisig.
Ich versinke in einen tiefen Knicks, falle fast auf die Knie. »Bitte, Mylord, schickt mich auch nicht nach Lambeth«, bettele ich. »Ich flehe Euch an. Lady Anna zürnt mir gar nicht, sie hat gelacht, als ich ihr erzählte ...« Ich verstumme abrupt. Ich merke, zu spät, dass es vielleicht nicht das Klügste wäre, meinem Onkel zu berichten, dass ich der Verlobten des Königs gesagt habe, der König sei zwar fett und alt, aber auch unsagbar eitel. »Gar nichts habe ich erzählt«, berichtige ich mich. »Aber sie mag mich, und sie sagt, sie wird meinen Rat annehmen, auch wenn Großmutter mich für ein dummes Ding hält.«
Sein sardonisches, bellendes Lachen verrät mir, dass er diese Ansicht teilt.
»Nun, nicht unbedingt meinen Rat, Sir, aber sie ist mit mir zufrieden, und der König ebenfalls, denn er hat mir eine Goldbrosche geschenkt. Oh bitte, Onkel, wenn Ihr mich nur hierbleiben lasst, werde ich kein Wort mehr sagen, ich werde nicht einmal mehr atmen! Bitte, ich flehe Euch an. Ich habe an all dem keine Schuld!«
Wieder lacht er.
»Es stimmt«, bekräftige ich. »Bitte Onkel, wendet Euch nicht von mir ab, bitte glaubt mir. Ich werde brav sein, ich werde Euch Grund geben, stolz auf mich zu sein, ich werde versuchen, vollkommen zu werden ...«
»Ach, nun sei schon still. Ich bin doch zufrieden mit dir!«, sagt er.
»Ich werde alles tun ...«
»Ich sagte doch, ich bin mit dir zufrieden.«
Ich wage aufzuschauen. »Ihr seid zufrieden?«
»Du scheinst dich entzückend betragen zu haben. Der König hat mit dir getanzt?«
»Ja.«
»Und mit dir geredet?«
»Ja.«
»Und er schien sehr angetan zu sein von dir?«
Nun muss ich einen Augenblick nachdenken. »Angetan« würde ich es nicht unbedingt nennen. Der König war nicht wie ein junger Mann, dessen Augen von meinem Gesicht zu meinen Brüsten wandern, während er sich mit mir unterhält, oder der errötet, wenn ich ihn anlächele. Und außerdem wäre mir der König fast in die Arme gefallen, als Lady Anna ihn zurückstieß. Er war erschüttert. Er hätte mit jedem gesprochen, um seinen Schmerz und seine Scham zu verbergen.
»Er hat mit mir geredet«, wiederhole ich hilflos.
»Ich bin sehr erfreut, dass er dich mit seiner Aufmerksamkeit ausgezeichnet hat«, sagt mein Onkel. Er spricht nun betont langsam, wie ein Lehrer, der mir etwas beibringen will.
»Oh.«
»Sehr erfreut.«
Ich werfe einen Blick zu Lady Rochford, um mich zu vergewissern, dass sie seinen Worten einen Sinn abgewinnen kann. Sie lächelt mir kaum merklich zu und nickt.
»Er hat mir eine Brosche geschenkt«, erinnere ich meinen Onkel.
Er schaut mich forschend an. »Wertvoll?«
Ich ziehe ein Gesicht. »Nichts im Vergleich zu dem Zobel, den er Lady Anna schenkte.«
»Das wäre auch nicht angemessen. Aber ist sie aus Gold?«
»Ja, und sehr hübsch.«
Er wendet sich an Lady Rochford. »Stimmt das?«
»Ja«, sagt sie. Sie lächeln einander wissend zu.
»Sollte Seine Majestät dich auszeichnen, indem er wieder zu dir spricht, wirst du dir alle Mühe geben, charmant und zuvorkommend zu sein.«
»Ja, hoher Herr Onkel.«
»Aus solchen kleinen Aufmerksamkeiten entstehen große Gefälligkeiten. Dem König gefällt Lady Anna nicht.«
»Er hat ihr einen Zobelpelz geschickt«, mache ich geltend. »Einen sehr kostbaren.«
»Ich weiß. Aber das ist nicht der Punkt.«
Mir scheint es sehr wohl der Punkt zu sein, aber ich bin schlau und schweige lieber und warte.
»Er wird dich täglich sehen«, fährt mein Onkel fort.
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