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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Fremden hielt und ihn freundlich grüßte, hat eine Goldbrosche von ihm bekommen. Sir Anthony brachte die Geschenke heute Morgen und hielt eine schöne Rede dazu und sagte mir, der König sei vorausgefahren, um unsere offizielle erste Begegnung vorzubereiten, die an einem Ort namens Blackheath außerhalb Londons vonstattengehen wird. Meine Damen meinen, dass es bis dahin keine Überfälle mehr geben wird, ich muss also nicht auf der Hut sein. Sie sagen, diese Verkleidungen seien ein Lieblingsspiel des Königs, und wenn wir erst verheiratet seien, müsse ich stets damit rechnen, dass er mit einem falschen Bart oder einem großen Hut vor mich träte und mich zum Tanz bäte, und wir alle müssten dann vorgeben, ihn nicht zu kennen. Ich lächele und sage »Wie reizend«, obwohl ich im Stillen denke: wie seltsam und wie kindisch - mehr noch: wie eitel von ihm. Welch eine törichte Eitelkeit zu hoffen, dass die Menschen sich in ihn verlieben, wenn er mit seinem jetzigen Aussehen unter der Maske des gemeinen Mannes auftritt. Vielleicht gelang es, als er jung und schön war, vielleicht wurde er freudig empfangen, weil er gut aussah und die Menschen bezauberte - aber seit vielen Jahren spielen die Höflinge solche Bewunderung sicherlich nur vor?
    Diese Gedanken behalte ich jedoch für mich. Es ist besser, wenn ich jetzt nichts mehr sage, da ich das Spiel bereits verdorben habe.
    Das Mädchen, das die Lage gerettet hat, indem es ihn so höflich begrüßte, die kleine Katherine Howard, ist eine meiner neuen Ehrenjungfrauen. In der Hetze der Reisevorbereitungen an diesem Morgen rufe ich sie zu mir und danke ihr, so gut es mir in Englisch möglich ist, für ihre Hilfe.
    Sie macht einen kleinen Knicks und plappert wild drauflos.
    »Sie sagt, dass sie sehr erfreut ist, Euch zu dienen«, sagt meine Dolmetscherin Lotte. »Und dass sie noch nie bei Hofe war und daher den König auch nicht erkannte.«
    »Warum hat sie dann keck zu einem Fremden gesprochen, der uneingeladen hereinplatzte?«, frage ich verblüfft. »Sie hätte ihn doch ignorieren sollen? So einen unhöflichen Mann, der sich rüde Zutritt verschaffte?«
    Lotte übersetzt dem Mädchen meine Worte, und ich fange einen Blick der Kleinen auf, der besagt, dass uns wohl mehr trennt als Worte: Es sind verschiedene Welten, als käme ich aus Russland und pflegte Freundschaft mit Bären.
    »Was?«, frage ich vor lauter Verwirrung auf Deutsch. Ich strecke ihr meine Hände entgegen und ziehe die Brauen hoch. »Was?«
    Sie tritt einen Schritt vor und flüstert Lotte etwas ins Ohr, ohne mich auch nur einen Moment aus den Augen zu lassen. Sie ist so hübsch, wie eine Puppe, und gleichzeitig so ernst, dass ich nicht umhin kann zu schmunzeln.
    Lotte wendet sich an mich, sie ist dem Lachen nahe. »Sie sagt, dass sie natürlich wusste, dass er der König ist. Wer sonst hätte an den Wachen vorbei in das Gemach gelangen können? Wer sonst ist so groß und dick? Aber die Regel bei Hofe lautet, so zu tun, als würde man ihn nicht erkennen, und ihn nur deshalb anzusprechen, weil er ein schöner Fremdling ist. Sie sagt, sie mag ja erst vierzehn sein und in den Augen ihrer Großmutter ein dummes Ding, aber sie weiß bereits, dass jeder Mann in England gern bewundert werden möchte - und sie werden ja wirklich umso eitler, je älter sie werden, und ob die Männer in Kleve denn so anders wären?«
    Ich lache sie aus und mich dazu. »Nein«, sage ich. »Sag ihr, dass die Männer in Kleve auch nicht so anders sind. Aber sag ihr auch, dass diese Frau aus Kleve auf jeden Fall ein dummes Ding ist und in Zukunft von ihr angeleitet werden muss, auch wenn sie erst vierzehn ist, egal, was ihre Großmutter dazu meint.«

 
 
K ATHERINE , D ARTFORD , 2. J ANUAR 1540
 
    Horror! O Gott! Ärger als meine schlimmsten Befürchtungen! Ich bin so gut wie tot. Mein Onkel ist hergekommen, extra von Greenwich, um mich zu sprechen. Was um alles in der Welt kann er wollen? Ich bin sicher, meine Unterhaltung mit dem König ist ihm zu Ohren gekommen, und nun denkt er das Schlimmste von mir und wird mich nach Hause zu Großmutter schicken, weil ich mich unziemlich benommen habe. Ich werde sterben! Wenn er mich nach Lambeth schickt, werde ich vor Demütigung sterben. Aber wenn er mich nach Horsham schickt, werde ich frohen Herzens und vor Langeweile sterben. Ich werde mich in welchen Fluss auch immer werfen - in den Horsh oder den Sham oder auch in den Ententeich, wenn es sein muss -, und dann werde ich ertrinken, und

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