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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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der sie beschützen wird. Der König braucht dieses Bündnis. Aber dann fällt mir wieder ein, dass ihr Bruder sie nach England reisen ließ ohne das einzige wichtige Papier, das ihre Ehe unter Dach und Fach gebracht hätte, und ich wundere mich, wie er sie ohne einen Beschützer auf diese lange Reise in die Höhle des Löwen schicken konnte.

 
 
A NNA , N EUJAHRSTAG , S TRASSE NACH D ARTFORD , 1540
 
    Etwas Schlimmeres hätte nicht passieren können. Ich komme mir so dumm vor. Ich bin so froh, dass ich heute reisen kann, unbequem zwar in der Sänfte, aber immerhin allein. Wenigstens muss ich keine mitleidigen, heimlich lachenden Gesichter sehen und das Getuschel über die Katastrophe meiner ersten Begegnung mit dem König hören.
    Aber im Ernst: Wie kann man mir die Schuld geben? Er hat ein Bild von mir. Hans Holbein höchstpersönlich demütigte mich mit seinem harten Blick, damit der König mein Porträt erhält, um mich forschend anzuschauen und Maß zu nehmen. Er hat also gewusst, wie ich aussehe. Ich hingegen hatte kein Bild von ihm außer jenem, das alle Welt kennt: das Bild des jungen Prinzen, der im glorreichen Alter von achtzehn Jahren auf den Thron kam, als er der hübscheste Prinz der Welt war. Natürlich war mir bewusst, dass er inzwischen fast fünfzig sein muss. Ich wusste, dass ich keinen hübschen Jungen, nicht einmal einen hübschen Fürsten heiraten würde. Ich wusste, dass ich einen König in den besten Jahren, ja, einen alternden Mann, heiraten würde. Aber ich hatte keine genaue Vorstellung. Ich hatte kein neueres Bild. Und das ... hätte ich nicht erwartet.
    Nicht, dass er so furchtbar wäre ... Ich erkenne durchaus noch den Mann, der er einmal war. Er hat breite Schultern, die einem Mann jedes Alters gut stehen. Man hat mir berichtet, dass er immer noch reitet und auf die Jagd geht, wenn ihm seine Beinverletzung nicht zu schaffen macht. Er ist immer noch tatkräftig. Er regiert sein Land selbst, er hat die Macht nicht in die Hände jüngerer Berater abgegeben, und er ist geistig immer noch auf der Höhe, soweit man das beurteilen kann. Aber er hat kleine Schweinsäugelein und einen schmallippigen, verwöhnten Mund in einem großen, fetten Mondgesicht. Er muss sehr schlechte Zähne haben, denn sein Mundgeruch ist übel. Als er mich packte und küsste, wurde mir schlecht. Als ich ihn zurückstieß, sah er mich an wie ein verwöhntes Kind, das gleich in Tränen ausbrechen wollte. Aber ich muss gerecht sein, die Situation war beschämend für uns beide, denn als ich ihn von mir stieß, zeigte auch ich mich nicht von meiner besten Seite.
    Ich wünschte nur, ich hätte nicht ausgespuckt.
    Das ist ein ganz schlechter Anfang. Ein schlechter, unwürdiger Anfang. Wirklich, er hätte mich nicht so überfallen dürfen! Ist ja schön und gut, mir jetzt, im Nachhinein, zu erzählen, dass er es liebt, sich zu verkleiden und zu maskieren, um sich als gewöhnlicher Mann unter seine Höflinge zu mischen, die dann mit Entzücken seine wahre Identität entschleiern dürfen. Warum ist es niemandem vorher eingefallen, mir das zu erzählen? Stattdessen ist mir eingehämmert worden, dass der englische Hof äußerst formal ist, dass die Dinge ihre festgelegte Ordnung haben, dass ich mir genauestens die Rangfolge einprägen muss, dass ich niemals den Fehler machen darf, ein jüngeres Mitglied einer Adelsfamilie vor einem älteren Mitglied zu bevorzugen, da diese Dinge den Engländern mehr bedeuten als das Leben selbst. Bevor ich mich auf die Reise begab, ermahnte mich meine Mutter jeden Tag, dass die Königin von England über jeden Tadel erhaben sein müsse, stets müsse sie königliche Würde ausstrahlen, sie dürfe nie vertraulich oder unbeschwert oder übertrieben herzlich sein. Jeden Tag hämmerte sie mir ein, dass das Leben der Königin von England von ihrem makellosen Ruf abhinge. Sie machte mir Angst mit dem Schicksal der Anne Boleyn, als wäre ich ebenso liederlich und sinnlich.
    Wie hätte ich also im Traum darauf kommen sollen, wer der fette, alte Trunkenbold ist, der mich küssen will? Wie hätte ich wissen sollen, dass dieser hässliche Alte mich küssen darf, ohne dass er mir vorgestellt wurde?
    Dennoch, ich wünschte bei Gott, ich hätte seinen fauligen Geschmack nicht ausgespuckt.
    Wie dem auch sei, vielleicht ist es ja gar nicht so schlimm. Heute Morgen hat er mir ein Geschenk zukommen lassen, einen kostbaren Zobelpelz. Die kleine Katherine Howard, die so naiv ist, dass sie den König für einen

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