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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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einschliefen, so wie wir sie verließen, Seite an Seite, wie ein Puppenpaar. Das Laken war nicht einmal zerknittert, von Flecken gar nicht zu reden. Ich würde die Abtei Westminster darauf verwetten, dass sich zwischen ihnen nicht das Geringste abgespielt hat.
    Ich wusste schon, wer das sogleich erfahren wollte: Lady Neugier-in-Person natürlich. Ich knickste vor der Königin und lief aus dem Zimmer, als wollte ich etwas besorgen, und lief Lady Rochford in die Arme, als sie eben aus ihrem Zimmer kam. Sobald sie mein leuchtendes Gesicht sah, nahm sie mich bei den Händen und zog mich hinein.
    »Ich wette um ein Vermögen mit Euch, dass er sie nicht besessen hat!«, sage ich triumphierend, ohne ein einleitendes Wort.
    Was ich an Lady Rochford mag, ist, dass sie immer weiß, was ich meine. Ich muss ihr nie etwas erklären.
    »Die Laken«, sage ich. »Da ist kein Fleck zu sehen, sie sind nicht einmal zerknittert.«
    »Und sie sind noch nicht gewechselt worden?«
    Ich schüttele den Kopf. »Ich war nach den Mägden die Erste im Zimmer.«
    Sie greift in den Nachtkasten neben ihrem Bett und holt einen Sovereign hervor, den sie mir reicht. »Das hast du gut gemacht«, sagt sie. »Wir beide, du und ich, sollten immer die Ersten sein, die Bescheid wissen.«
    Ich lächele zufrieden, denke aber dabei an ein paar Zierbänder für mein neues Kleid, die ich mit dem Sovereign erstehen will - und vielleicht noch ein Paar neue Handschuhe.
    »Sag es nicht weiter«, rät sie mir.
    »Ach nein?«
    »Nein«, betont sie. »Wissen ist immer wertvoll, Katherine. Wenn du etwas weißt, das niemand sonst weiß, dann hast du ein Geheimnis. Wenn du etwas weißt, das auch alle anderen wissen, dann bist du nicht besser als sie.«
    »Darf ich es wenigstens Anne Bassett erzählen?«
    »Ich sage dir, wann du es ihr erzählen darfst«, sagt sie. »Vielleicht morgen. Nun geh wieder zur Königin. Ich komme in einer Minute nach.«
    Ich tue wie befohlen, und als ich hinausgehe, sehe ich, dass sie ein Briefchen schreibt. Es wird an meinen Onkel gerichtet sein: Sie teilt ihm mit, was ich ihr soeben gesagt habe. Ich hoffe, sie schreibt ihm auch, dass ich das zuerst gedacht habe und nicht sie. Dann könnte ich noch einen Sovereign bekommen. Ich fange an zu verstehen, was mein Onkel damit gemeint hat, dass vornehme Orte viele Vorteile einbringen. Ich bin erst seit wenigen Tagen im Dienst der Königin und schon zwei Sovereigns reicher. Gebt mir einen Monat und ich mache ein Vermögen.

 
 
J ANE B OLEYN , W HITEHALL -P ALAST , J ANUAR 1540
 
    Wir sind nach Schloss Whitehall umgezogen, wo die Hochzeit mit einem Turnier gefeiert wird, das eine Woche dauert. Danach werden die letzten Abgesandten nach Kleve zurückkehren, und wir werden uns auf das Leben mit der neuen Königin Anna einrichten. Sie hat noch nie ein Turnier erlebt, und ihre Aufregung hat etwas Rührendes an sich.
    »Lady Jane, wo ich sitze?«, will sie wissen. »Und wie? Wie ich sitze?«
    Ich lächele in ihr strahlendes Gesicht. »Ihr sitzt dort.« Ich deute zur Loge der Königin. »Dann reiten die Ritter in die Arena ein, und ihre Herolde stellen sie vor. Manche werden eine Geschichte erzählen, manche werden ein Gedicht vortragen, das zu ihrem Kostüm passt. Dann kämpfen sie, entweder zu Pferde - dann reiten sie dort zwischen die Turnierschranken -, oder sie kämpfen auf dem Boden, zu Fuß, mit Schwertern.« Ich überlege, wie ich es ihr genau erklären kann.
    Ich kann nicht einschätzen, wie viel sie bereits versteht, sie lernt unsere Sprache so schnell. »Es ist das größte Turnier seit vielen Jahren«, sage ich. »Es dauert eine Woche. Tagelang werden schöne Kostüme gezeigt, und ganz London wird kommen, um die Maskenspiele und die Kämpfe zu sehen. Der Hof sitzt natürlich in vorderster Reihe, doch auch die Landadeligen und die reichen Bürger Londons haben ihre Plätze, und noch weiter hinten sitzen die einfachen Leute, die auch zu Tausenden kommen werden, denn es ist ein großes Fest für das ganze Land.«
    »Ich sitze da?«, fragt sie und deutet auf den Thron.
    Ich schaue zu, wie sie Platz nimmt. Für mich ist diese Loge ein Ort der Geister. Nun gehört sie ihr, doch davor war es der Platz von Königin Jane, und noch ein wenig vorher von Königin Anne - und als ich eine junge, unverheiratete Frau war, ein hoffnungsfrohes, ehrgeiziges Mädchen, da war es Königin Katharina, die in ebendiesem Stuhl unter ihrem eigenen Thronhimmel saß. Und der König hatte als Ritter mit dem Namen

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