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Das Erbe der Lens

Das Erbe der Lens

Titel: Das Erbe der Lens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward E. Smith
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anders – vor allem waren sie schmerzhafter. Es war, als ob jeder in ihrem Leben erlittene Schmerz plötzlich wiederkehrte und sich auf die empfindlichsten Nervenzentren ihres Körpers konzentrierte.
    Kit, der keinen Augenblick die Kontrolle verlor, drang vorsichtig immer weiter vor. Sicher und präzise eröffnete er ihrem Geist die Dimensionen der Zweiten Ordnung – Dimensionen, von deren Existenz sie keine Ahnung gehabt hatte. Er machte Platz für die unvorstellbare Erweiterung und beobachtete ihre eigenen Bemühungen, die sie trotz des schmerzhaften Protestes jeder Gehirn- und Köperzelle beharrlich fortsetzte. Er eröffnete neue Kanäle und schuf auf diese Weise Raum für ein völlig neues Denken. Er wußte, was diese Behandlung für seine Mutter bedeutete, denn vor nicht allzu langer Zeit hatte er selbst die gleiche Tortur durchgemacht – aber unbarmherzig setzte er seine Arbeit fort.
    Gemeinsam zogen sie schließlich Bilanz, und Kit zog sich langsam aus dem Geist seiner Mutter zurück.
    Clarissa erhob sich erschöpft und trocknete sich das Gesicht, auf dem ihre Sommersprossen überraschend dunkel hervortraten. »Ich muß ja fürchterlich aussehen. Ich werde mich sofort ...«
    »Einen Augenblick, ich will nur eben eine Flasche Fayalin besorgen. Das ist doch wohl eine kleine Feier wert, oder meinst du nicht?«
    »Allerdings.« Sie trank etwas von dem aromatischen roten Getränk, und langsam bekam ihr Gesicht wieder etwas Farbe. »Kein Wunder, daß ich all die Jahre das Gefühl hatte, etwas Wichtiges zu versäumen. Vielen Dank, Kit. Ich werde wohl niemals richtig begreifen, was du da für mich getan hast. Du bist ein ...«
    »Kein Wort mehr, Mom!« sagte Kit und nahm sie in die Arme.
    »Um Himmels willen, Kit – ich muß ja fürchterlich aussehen!« rief sie. »Ich muß mich dringend zurechtmachen!«
    »QX. Ich bin auch ziemlich müde. Aber ich brauche ein gutes dickes Steak. Ißt du mit?«
    »O nein. Wie kannst du in einem solchen Augenblick ans Essen denken?«
    »Bah. Wie kannst du in einem solchen Augenblick an dein Make-up denken? Tja, so ist das – jeder reagiert eben anders. Ich werde dich in fünfzehn oder zwanzig Minuten aufsuchen.«
    Clarissa gehorchte, und Kit seufzte erleichtert. Er hatte Glück gehabt, daß sie nicht zu viele Fragen gestellt hatte, denn wenn sie neugierig gewesen wäre, hätte er ihr mühsam begreiflich machen müssen, daß solche Behandlungen normalerweise nicht außerhalb eines arisischen Schutzschirmes stattfanden. Er aß mit Heißhunger, räumte auf, fuhr sich mit dem Kamm durch das Haar und begab sich in das Schiff seiner Mutter, die mit ihrer Toilette inzwischen fertig war.
    Bewundernd pfiff er durch die Zähne. »Toll siehst du aus, Mutter! Ich frage mich, wen du auf Lyrane bezaubern willst.«
    »Niemand!« lachte Clarissa. »Die ganze Pracht ist für dich, mein Sohn – und auch ein wenig für mich.«
    »Ich bin sprachlos. Leider muß ich mich schon bald wieder auf den Weg machen.«
    »Du kannst mich doch nicht so schnell wieder verlassen! Ich habe noch so viele Fragen – über alles! Wie soll ich meine neuen Fähigkeiten überhaupt einsetzen?«
    »Das mußt du selbst herausfinden. Es tut mir leid, aber dabei kann dir niemand helfen.«
    »Natürlich. Ich dachte nur, daß du mir vielleicht ein paar Ratschläge geben könntest.«
    »Jedenfalls gehörst du jetzt zu den Lens-Trägern Zweiter Ordnung – und befindest dich in Gesellschaft von Paps, Worsel, Tregonsee und Nadreck, denen du in mancher Beziehung sogar überlegen bist. Am besten läßt sich ein Lens-Träger nach seiner Lens beurteilen, die ein praktisch vollständiges Diagramm seines Geistes ist. Ich bin sicher, daß du dich schon einmal mit Vaters Lens beschäftigt hast.«
    »Natürlich. Sie ist dreimal so groß wie eine gewöhnliche Lens und viel ausgeprägter und heller. Du meinst doch nicht etwa, daß meine Lens jetzt ...?«
    »Schau sie dir an!«
    Clarissa öffnete eine Schublade und fuhr überrascht zurück. Eine solche Lens hatte sie noch nicht gesehen. Sie war dreimal so groß wie ihre Lens und sehr fein gemustert und außerordentlich hell.
    »Das ist doch nicht meine Lens!« flüsterte sie. »Das ist unmöglich ...«
    »Vergiß nicht, was mit dir geschehen ist. Dein Geist hat sich verändert, also konnte auch deine Lens nicht die gleiche bleiben.«
    »Natürlich ... Aber ich ... Daran habe ich nicht gedacht. Laß mich einen Blick auf deine Lens werfen, Kit. Du scheinst sie nie zu tragen. Seit deiner

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