Das Erbe Der Loge: Roman
Kamera aus dem Schließfach und fuhr in die Tiefgarage, ohne noch mit jemand gesprochen zu haben.
Es hatte auch niemand gefragt. Als hätten sie es alle schon vor mir gewusst, hatte sich keiner der Kollegen in seiner Arbeit stören lassen und mich nicht zur Kenntnis genommen.
»Na gut, dann bin ich eben vogelfrei«, knurrte ich und gab dem Golf die Sporen.
»Wo kommt der denn schon wieder her?«, meckerte ich Hannah an und wies auf den Wagen, der vor der Synagoge parkte.
»Dir scheint heute Morgen auch nichts zu passen«, gab sie zurück. »Das Rührei war dir zu glibberig, der Speck zu matschig und der Tomatensaft aus der Dose. Fehlt nur noch, dass du an mir auch noch etwas zu meckern hast. Manchmal könnte man meinen, dass du mit der männlichen Linie meiner Familie verwandt bist. Denen konnte man nach dem Aufstehen auch nichts recht machen. Los, komm jetzt, der Rabbi wartet nicht gern.«
Sie schlang sich ein Kopftuch um und betrat die Synagoge.
»Setz das bitte auf!« Sie reichte mir ein Kippah aus schwarzer Pappe. »Das gehört sich so, wenn man einen Gebetsraum betritt«, beantwortete sie mein zweifelndes Gesicht.
»Das weiß ich auch«, brummte ich.
Mir war nur nicht recht, dass Joshua uns folgte, der aus heiterem Himmel plötzlich wieder auf der Bildfläche erschienen war.
Hannah musterte, wie meine Augen missmutig an diesem Koloss von Mann auf und ab wanderten, der keine Reaktion zeigte und über mich hinwegsah, als sei ich nicht vorhanden.
»Benehmt euch«, flüsterte sie mit drohendem Unterton und forderte Joshua mit einer Handbewegung auf voranzugehen.
Wir durchquerten den schmucklosen Raum. Joshua öffnete eine Tür und zog den Kopf ein, um hindurchzukommen.
Dahinter schloss sich ein Treppenhaus an, das uns ein Stockwerk höher führte. Von einem Gang zweigten mehrere Türen in andere Räume ab, aber Joshua steuerte zielsicher auf eine zu, als kenne er sich hier aus.
Auf Hannahs Klopfen öffnete ein Mann mittleren Alters und begrüßte sie und Joshua wie alte Bekannte auf Hebräisch.
Während die drei wohl Höflichkeiten in ihrer Sprache austauschten - ich sah Joshua das erste Mal lächeln -, schaute ich mich um.
Auch dieser Raum war seltsam spartanisch ausgestattet. Keine persönlichen Dinge, wie man sie sonst in Büros fand. Nicht die geringste Kleinigkeit gab einen Hinweis auf die Erinnerungen und Vorlieben des Menschen, der hier arbeitete.
Ein mächtiger Schreibtisch beherrschte die Mitte des Raumes. Es war ein prächtig geschnitztes Möbel, das ohne die Berge von Papier, die sich auf ihm stapelten, bestimmt das Herz eines Antiquars hätte höher schlagen lassen.
Links und rechts neben dem Fenster prangten ähnlich schöne Schränke mit ihrer handwerklichen Kunst.
Dagegen wirkte der verchromte Computertisch, der sich im rechten Winkel an den Schreibtisch lehnte, wie ein Stilbruch höchsten Ranges.
Die übrigen Wände waren vom Boden bis zur Decke mit Regalen zugestellt.
»Darf ich vorstellen«, unterbrach Hannah meine Betrachtung. »Herr Peter Stösser, Rabbi Menachem.«
Der Rabbi deutete eine Verbeugung an und gab mir die Hand.
»Sehr erfreut, Sie kennen zu lernen. Bitte nehmen Sie Platz«, lächelte er, und ich glaubte einen Kölner Tonfall in seiner Stimme zu hören. »Ja, ich bin ›ene kölsche Jung‹«, las er in meinem Kopf. »Ich bin hier geboren und habe unter anderem auch hier studiert. Aber diesen heimischen Singsang bekommt man nie richtig los. Egal welche Sprache man noch dazulernt. Stimmt's?«
Es folgte ein herzhaftes Lachen, das alle eventuellen Vorbehalte gegen einen Mann diesen Glaubens hinwegwischte.
Er vergrub sich hinter dem Schreibtisch und durchsuchte einen Stapel von Schnellheftern. Die Lachfalten um seine Augen wechselten in Sorgenfurchen auf der Stirn. Endlich hatte er die gewünschte Mappe, wobei die darüber gestapelten allesamt auf den Boden rutschten.
»Liegen lassen«, winkte er ab, als Hannah Anstalten machte, sich danach zu bücken. »Es ist das untrügliche Zeichen, dass ich mehr Ordnung halten sollte.
Also...«, er schlug den Ordner auf, in dem das bekannte schwarze Buch obenauf lag, »mein lieber Herr Stösser, meine liebe Hannah, Joshua, ihr habt mir mit diesem Buch ein schönes Ei ins Nest gelegt.«
Er durchsuchte die Papiere erneut und tastete sich ab.
»Ach, da ist sie.« Fast triumphierend zog er seine Brille aus der Brusttasche und putzte sie bedächtig mit einem karierten Taschentuch. »Was Sie, Hannah, als Code erachtet haben,
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