Das Erbe Der Loge: Roman
keinerlei Kontakt zu dem Gegenstand unter ihm.
Ich hatte mir alles Mögliche ausgemalt, was der Senator für mich vorbereitet haben konnte, aber das nicht...
Da es mir unangenehm war, mit dem Fund — oder war es ein hinweisendes Geschenk - den gleichen Weg zurückzugehen, dauerte es etwas, bis ich aus dem Labyrinth von Räumen über eine Treppe den Weg hinunter zur Empfangshalle gefunden hatte.
Es war an diesem Tag sicher nicht meine beste Idee, nachdem ich das Objekt im Auto verstaut hatte, noch nach dem Chefarzt zu fragen. Aber nun war es passiert, und die Dame am Empfang rollte verzweifelt mit den Augen bei dem Versuch, ihn ausfindig zu machen.
»Herr Doktor, hier ist ein Journalist...«, quiekte sie in den Hörer, nachdem sie ihn endlich aufgetrieben hatte, »... der behauptet, dass Sie den Senator ermordet haben. Könnten Sie bitte mal... ?«
Er konnte. Es dauerte keine zwei Minuten, bis ein weiß bekittelter Mann meines Alters mit wütenden Schritten durch die Halle auf mich zustrebte.
»Haben Sie noch alle beisammen, so etwas zu behaupten?«, fuhr er mich an und prüfte mit einem kurzem Rundumblick, ob jemand in der Halle hatte zuhören können.
»Ich war zugegen, als die betreuende Schwester dem Senator die Injektion gegeben hat«, beharrte ich auf meiner Behauptung.
Verunsichert tasteten seine Blicke mein Auftreten ab.
»Darf ich mal Ihre Legitimation sehen?«, startete er das, was von mir momentan nicht als Angriff, Verteidigung oder beides einzuschätzen war.
»Na gut. Kommen Sie bitte mit.« Er gab mir meinen Presseausweis zurück und ging voraus.
Nach einem Rundgang durch die Gänge des Erdgeschosses öffnete er die Tür zu einem halb verdunkelten Krankenzimmer und zog das Leintuch von einem Körper.
»Ist er das?«
Der Tote vor mir war noch dürrer, als ich ihn im Anzug eingeschätzt hatte. Dieser Körper erinnerte mich an Aufnahmen, die die Amerikaner von der Befreiung der überlebenden Häftlinge deutscher KZ gemacht hatten.
Ich nickte stumm.
»Na schön«, ging der Doktor mit scharfer Stimme und in den Taschen geballten Fäusten zum Angriff über. »Dann folgen Sie mir mal ins Büro. Da werde ich Ihnen etwas über diesen Mann erzählen.«
Ohne auf mich zu warten, rauschte er aus dem Raum.
Wütend stieß er die Tür zum Büro auf und fuhr eine ältere Frau an, die am Computer Daten eingab: »Hilde, wie lange arbeiten Sie hier?«
»Fast dreißig Jahre«, stotterte diese irritiert.
»Dann holen Sie die Unterlagen über unseren Senator und kommen zu mir ins Büro. Ich brauche Sie.«
Mit langen Schritten durchquerte er den Raum, öffnete mit einer Codekarte sein Büro, warf sich in einen ledernen Rollsessel hinter einen mit Akten überfrachteten Schreibtisch und bedeutete mir, irgendwo auf den zwei vorhandenen, ebenfalls mit Papierstapeln belegten Stühlen Platz zu suchen.
Er zog eine Schreibtischschublade heraus, setzte die Füße darauf, zündete sich eine Zigarette an und schaute in den Park hinaus.
»Wir warten, bis Hilde alles beieinander hat. Ich brauche sie als Zeugin«, murmelte er und trommelte mit den Fingern der linken Hand auf die Tischplatte.
Es dauerte zwei Zigaretten lang, bis Hilde kam. Ohne die gewünschten Unterlagen, aber völlig aufgelöst und den Tränen nahe.
»Die Unterlagen sind weg«, atmete sie schwer und ließ sich auf der Abdeckung des Reißwolfes nieder.
»Was heißt weg?« Der Arzt richtete sich auf und drückte die Zigarette aus.
»Weg, ganz einfach weg. Die Betreuerin des Senators kann ich auch nirgends finden.«
Der Doktor biss sich auf die Unterlippe und trommelte nun mit allen Fingern auf die Platte.
»Das ist doch ein Irrenhaus hier«, murmelte er zu sich selbst. Seine Augen zuckten nervös, als begleiteten sie optisch seinen Denkvorgang. »Na gut. Hilde, Sie sind jetzt meine Zeugin, dass alles, was ich jetzt Herrn Stösser zur Kenntnis gebe, weder von mir noch von sonst jemandem aus dem Haus ist. Sollte etwas davon mit unseren Namen in Verbindung gebracht werden, werden wir beide bezeugen, dass Herr Stösser sich widerrechtlich Zugang zum Archiv verschafft hat.«
Was sollte das denn werden?
Ich war es gewohnt, dass sich ein Informant nur unter der Zusicherung erklärte, dass sein Name nicht genannt wurde. Aber diese Version war mir neu.
»Herr Stösser, sind Sie damit einverstanden?«
Was blieb mir anderes übrig, als dem zuzustimmen. Ein Journalist, der nicht jeden erdenklichen Kompromiss einging, um an Informationen zu kommen, war
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