Das Erbe Der Loge: Roman
Möglichkeit, damit etwas anzufangen. Glauben Sie mir.«
»So, aber Sie?«, ließ ich meinem Ärger jetzt freien Lauf. »Sie dringen in meine Wohnung ein, wie es Ihnen passt, bitten um meine Hilfe, schmeicheln mir mit Ihrer Schwester und stellen mich gleichzeitig als Trottel hin ...«
»... wenn Sie sich ausgetobt haben, kann ich dann weitermachen, damit Sie verstehen, was wir für eine Situation haben?«, murmelte Joshua leise, kaum hörbar, aber es klang drohend.
»Von mir aus«, knurrte ich. »Aber bitte mit einer Logik, die ich verstehe, und nicht mit diesem orientalischen Um-den-Brei-herum-Gerede.«
»Na gut. Dann fange ich noch mal von vorne an«, seufzte er und verdrehte die Augen.
»Ein Kasten wird am Dom gefunden, und Sie bringen das in der Zeitung.
Danach kommen Leute um, und der Kasten verschwindet.
Wir finden im Nachlass unseres Vaters ein Foto und ein Buch aus der Zeit des Großvaters. Die Entschlüsselung ergibt nur einunddreißig Namen, obwohl, ohne den Fotograf, zweiunddreißig auf dem Foto sind.
Gehen wir mal davon aus, dass Goldrausch es nicht nötig hatte, seinen Namen zu verschlüsseln, dann war er die im Buch fehlende Person.
Ist das so weit nachvollziehbar?«
»Nein. Warum sollte Goldrausch ...?«
Joshua wehrte ab. »Darauf komme ich noch. Das ist ein Fall für sich. Aber bis hierher können Sie folgen?«
Ich nickte und holte mir ein Bier aus der Küche.
Mit seinen viel zu großen Fingern entblätterte er einen viel zu kleinen Kaugummistreifen und rollte ihn genüsslich zwischen den Zähnen zusammen.
»Von nun an beginnt es kompliziert zu werden«, knatschte er auf der Masse herum und schob sie von einer Backe in die andere. »Die Zeitungen und Kladden weisen auf Enteignungen von jüdischen Unternehmen hin. Wie wir in der kurzen Zeit feststellen konnten, ist das bei den jüdischen Vorbesitzern, die noch lebten, zum Teil auch wieder gutgemacht worden. Aber eben nur zum Teil.
Was ist zum Beispiel mit denen geschehen, die ihr Eigentum nicht zurückfordern konnten, weil sie einen Namen angenommen hatten oder annehmen mussten, der mit ihrem Eigentum nicht mehr identisch war? Denn dieses Problem mit Todesfolgen scheint hier vorzuliegen.«
»Da mordet jemand, um sich zu rächen?«, fasste ich ungläubig zusammen, obwohl ich selbst schon diese Vermutung hegte. »Der muss älter als Goldrausch sein, und woher hat er die Informationen, während wir mit all unseren technischen Hilfsmitteln nicht weiterkommen?«
Goldrausch, meine Beute und die Mikropunkte, schoss es mir durch den Kopf.
Joshua blies den Kaugummi auf und sammelte die Blase kurz vorm Platzen wieder mit der Zunge ein.
»Die zweiunddreißig haben Familien hinterlassen. Frauen und Kinder ... Wissen Sie, was die Nazis damit gemacht haben?«
Es entstand eine Pause, die vor Peinlichkeit knisterte.
»Entschuldigung. Das wollte ich nicht«, stotterte der Riese und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. »Ich wollte in dieser Angelegenheit nur sagen, dass diese Familien bis zu Kriegsbeginn relativ sicher gewesen sein müssen ...«
Er machte eine kurze Pause, um tief durchzuatmen.
»Danach hat man die wertlosen Familien deportiert und die Frauen, die als Deutsche ›nur‹ mit einem Juden verheiratet waren, arisiert. Das heißt, dass ihre Ehen für nichtig erklärt wurden und ihre halbjüdischen Kinder in Umerziehungslager kamen. Die Frauen aber waren vogelfrei. Verstehen Sie? Ab 1940 wurden solche ›artvergessenen Weiber‹ als Zwangsprostituierte in die Wehrmachtslager geschickt ... und wir wissen nicht, welchen Namen sie dann gehabt haben und wie die Kinder hießen, die daraus entstanden sind. Ist das Problem für Sie so erkennbar?«
»Es könnte eine dieser unbekannten Frauen sein, die sich durch eines ihrer Kinder rächt«, folgerte ich übertrieben sachlich.
Joshua nickte und lächelte über die gebaute Brücke. »Möglicherweise, und damit kommen wir zu den Goldrauschs ...«
»Ich störe wohl...?«
Ohne von uns bemerkt worden zu sein, hatte sich Kögel in die Wohnung geschlichen.
»Was machen Sie, verdammt noch mal, hier? Können Sie nicht klingeln?«, fuhr ich ihn erschrocken an.
»Der Hausmeister sagte mir, dass schon ein Mann von der Kripo in der Wohnung sei. Da wollte ich Ihnen helfen. Man kann ja nie wissen ... bei Ihrem Umgang.« Ein breites, hämisches Grinsen strahlte über sein Gesicht. »Aber ich will nicht weiter stören. Wie ich sehe, haben Sie sich ja schon Polizeischutz aus Israel besorgt.
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