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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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Totenkälte heran.
    Sigfinn saß bei ihm und hielt stille Wache für den größten Krieger, der ihm je begegnet war.
    Die Seherin trat zu ihm, setzte sich auf den Boden und zog Siegfrieds Kopf auf ihren Schoß, um ihn sanft zu streicheln.
    »Dra… Drachentöter«, flüsterte Siegfried mit fast kindlichem Stolz in der brechenden Stimme.
    »In dieser Zeit wie in jeder anderen«, sagte die Seherin.
    Der sterbende Erbe von Xanten hob stöhnend die Hand, strich der blinden Frau über die Wangen, und ein letztes Mal flackerte so etwas wie Erinnerung in ihm auf. »Bru… Brunhilde?«
    Sie nickte stumm und zog ihn noch näher an sich.

    Sigfinn hielt sich zurück, auch wenn der Name eine Flut von Gedanken hervorrief. Die Seherin war Brunhilde? Königin von Island, dann Königin von Burgund, von Gunther auf dem Feld aus Feuer und Eis besiegt? Das ergab keinen Sinn. Und doch - hier war sie. Und sie umsorgte Siegfried mit einem Herz, das augenscheinlich nur ihm gehörte.
    »Kri… Kriemhild«, krächzte Siegfried nun, und Sigfinn konnte den Stich fast sehen, den der Name Brunhilde versetzte. »Für sie … für sie … Drachentöter …«
    Es war nicht mehr viel Zeit, das war gewiss. Aus leeren Augen sah die Seherin nun Sigfinn an und quälte sich mit den nächsten Worten. »Ich kann ihm geben, was ihn mir wieder nehmen wird - den Augenblick des Glücks, als er mit dem Tod des Drachen die Hand der Prinzessin von Burgund gewann. Doch wisse, Sigfinn von Island: keinen höheren Preis hat ein Herz je bezahlt für das, was ich nun tue.«
    Sie streckte die linke Hand nach Sigfinn aus, und er nahm sie. Dann ergriff Brunhilde Siegfrieds Faust, die immer noch Nothung umklammerte. In Gedanken rief sie die alten Götter und verkündete ihnen das Ende des Pakts, der dieses schwarze Jahrhundert ermöglicht hatte. Sie verlangte Gerechtigkeit und eine Gelegenheit für Siegfried, durch den Strom der Zeit zu schwimmen, um an der Quelle allen Unheils zu siegen, wo er um seinen Sieg betrogen worden war.
    Vielleicht waren die Götter der Ränkespiele so müde wie die Nibelungen. Vielleicht sahen sie nach Hagens Tod keinen Sinn mehr darin, dieses schwarze Jahrhundert zu erhalten. Oder sie wollten Sigfinns zähen Kampf gegen den Verrat der Nibelungen ehren.
    Ein Wind erfasste Sigfinn, Brunhilde und den sterbenden
Siegfried. Er zerrte an ihrer Kleidung, biss in ihre Augen, kratzte an ihren Händen. Der zertrümmerte Thronsaal wurde strahlend hell, dann wieder dunkel wie die Nacht. Fafnirs Kadaver verschwand und mit ihm jede Spur der Zerstörung. Die Sonne ging an der falschen Seite des Horizonts auf und eilte in nur einem Wimpernschlag zurück, dem Morgen entgegen. Dann wieder und wieder. Es wurde warm, dann bitterkalt, und das riesige Worms schrumpfte von den Rändern her auf Burg Drachenfels zu. Ein Pfeifen lag in der Luft, als ob sich tausend Töne zu einem vereinigten. Licht, Dunkel, Licht, Dunkel. Kälte, Wärme, Kälte, Wärme.
    Dann - Stille.
    Sigfinn spürte keine Verletzung mehr, keinen Schmerz. Er hörte einen Bach plätschern und Vögel singen. Sonnenlicht wärmte seine Haut, und klare Luft reinigte seine Lungen.
    Er öffnete die Augen.
    Es war ein Wald, in dem er stand. Mächtige Eichen, weiches Moos und Blüten vieler Art. Unberührte Schönheit und majestätische Größe.
    Zweige knackten unter eng geschnürten Stiefeln. Kaum zwanzig Schritte entfernt sah Sigfinn eine Gestalt, die sich einen Weg durch das Unterholz bahnte.
    Siegfried. Jung, stark und von geradezu blendender Schönheit. Schweiß glänzte auf seiner Haut, und goldenes Licht umschmeichelte ihn wie ein Glorienschein. In der kräftigen Hand hielt er Nothung, und sein Blick war entschlossen.
    Er ging, um für Burgund und Prinzessin Kriemhild den Drachen zu töten.

13
    Zurück an die Quelle der Zeit

    Brynja hatte mit Widerstand gerechnet, als ihre kleine Streitmacht an die Grenze zu Burant kam. Doch die Horden-Krieger, die Hurgans Reich sonst unüberwindbar schützten, waren nirgendwo zu sehen. Ihre Leichen fand Maiwolf mit seinem Spähtrupp erst auf der anderen Seite der großen Mauer, die sie mit Leitern und Seilen überwanden, um die wenigen schweren Tore für die Pferde zu öffnen.
    Hurgans Horde war ohne Schlacht gefallen, so sah es zumindest aus. Jeder Leib aus tausend Wunden blutend, lagen sie verstreut auf Feldern und Wiesen, saßen in Baracken, hingen festgegurtet an Pferden, die ängstlich mit dem toten Ballast umhertänzelten. Einige sahen aus, als wären sie wie

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