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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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König in die Brust. Es zischte, als müsste mit der letzten Luft auch schwefeliges Leben entweichen.
    Verhaltener Jubel brach aus. Die ersten Menschen, die den Mut zur Hoffnung hatten, fielen einander in die Arme. Irgendjemand hatte eine kleine Flöte, und zum ersten Mal seit Jahrzehnten wehte eine fröhliche Melodie durch Worms. Es war kein Freudentanz und nur wenig Ausgelassenheit
- zu lange hatten die Bürger gelitten, zu viel verloren. Aber es kehrte Würde zurück in die Straßen und Leben. Einige Frauen schlugen Kreuze für den Christengott, der in Burant so lange verboten gewesen war, und ihre Lippen formten stille Gebete.
    Dann brachen die Horden-Krieger zusammen. Ihre bis dahin versteinerten Körper sackten in sich zusammen, als hätte man Segeln den Mast genommen. Sie zuckten, als ihre Leiber nicht mehr Mensch und Dämon zugleich sein konnten. Kreischend, ohne aus Mündern zu klingen, zappelten die Wesen aus Utgard sich frei, um in die Unterwelt zurückzukehren. Doch sie waren an Fleisch und Knochen gekettet, und wo ihre Wirtskörper starben, mussten sie ebenfalls verenden. Mäuler, Hauer, Krallen - alles nur noch Zierrat im bebenden Todeskampf. Im ganzen Reich fielen die Wachen, die Patrouillen, die Folterknechte, die Sklaventreiber. In ihrer Ungeduld, die Horden-Krieger endlich tot zu sehen, hieben die Menschen mit Stöcken und Steinen auf sie ein, warfen sie von Brücken und in Feuer. Es brauchte nur ein Morgengrauen, um die Macht wieder dem Volk zu geben. Nur wenige dachten daran, dass sie damit auch die Körper der eigenen Söhne, der eigenen Männer schändeten.
     
    Mit ihren Schiffen waren sie noch nicht aus dem Hafen Islands, als Elsa wie unter Krämpfen sich wand. Über die Reling erbrach sie sich in das dunkle und kalte Wasser, während Calder unentschlossen danebenstand. Ihre Hände pressten sich dabei so hart in das Holz, dass ihre Fingernägel brachen. Ein Diener brachte ihr einen Wasserschlauch, und sie spülte damit ihren Mund aus. Dann richtete sie sich auf, das Gesicht mit einem Ausdruck von
Gelassenheit, der ihren Worten widersprach. »Mein Vater ist tot.«
    Calder wollte ihr in der Trauer zur Seite stehen, zumal Elsa noch nie von ihrer Familie gesprochen hatte. »Mein Beileid ist dir sicher. War es eine Krankheit, die sein Leben nahm?«
    Sie sah ihn an, und seine Naivität verblüffte sie erneut. Natürlich hatte sie ihm nie die Wahrheit gesagt - aber war von einem König nicht zu erwarten, dass er wenigstens die einfachsten Schlüsse selber ziehen konnte? War Calder wirklich so dumm? Wenn ja, würde es umso einfacher sein, Burant zu regieren, ohne dass er ihr in die Quere kam.
    »Mein Vater«, sagte sie provozierend langsam, »ist Hurgan von Burant. Ich bin Elea, Erbin der Krone von Burgund. Und nun ziehen wir los, dieses Erbe zu fordern.«
    Calder schwieg verwirrt. Es ärgerte ihn, dass er nicht früher darauf gekommen war. Das Gold, das Wissen um den Hof von Worms, die seltsamen Kräfte - hatte er es nur nicht sehen wollen? Sollte er sich ihr nun widersetzen? Oder war die Verwirklichung ihres Vorhabens, das Reich zu übernehmen, durch ihr Erbe noch ein wenig näher gerückt?
    Eine harte Welle schlug gegen das Schiff, als sie aus dem Hafenbecken ins offene Meer fuhren, und die Gischt spritzte Calder kühlend ins Gesicht. Er erinnerte sich. An Menschen. An Ereignisse. An einen Pakt. Seine rechte Hand suchte den Ring am Finger seiner linken und fand ihn nicht. Danain. An Danain erinnerte er sich unter Schmerzen. Und da war Sig… Sig… irgendwas. Ein … Freund? Und ein Mädchen.
    Elsa übergab sich erneut ins Wasser, und die vagen Gedanken zerstoben wie Rauch im Wind.

    »In Fjällhaven sind Truppen stationiert«, sagte er und gab seiner Stimme einen entschlossenen Tonfall. »Wenn der Tyrann tatsächlich tot ist, werden wir Burant im Handstreich nehmen.«
    Elsa sah ihn so elend wie aufmunternd an. Es war ihr zuwider, einen so schwachen Charakter zu brauchen. Aber obwohl ihr dem Blut nach der Thron von Worms zustand, war kaum zu erwarten, dass die Menschen ihn ihr zugestehen würden. Schließlich hatte ihr Vater ihn nur mit Grausamkeit und Gewalt erhalten können.
    Es würde einen Krieg um die Nachfolge geben - und sie hatte vor, diesen Krieg zu gewinnen.
     
    Siegfried starb.
    Ein ruhmreicher Tod wie kaum ein anderer, sicherlich, aber ein Tod nichtsdestotrotz. Das wenige, was sich an Leben in ihm festklammerte, verlor schnell an Kraft, und in seinen Armen und Beinen kroch bereits die

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