Das Erbe Der Nibelungen
Pestbeulen von innen aufgebrochen.
Maiwolf erstattete seiner Fürstin Bericht: Burants Grenzen waren unbewacht, und niemand hatte es bemerkt!
Brynja sah vom Wehrgang auf der großen Mauer in das Reich hinein, das sie vor wenigen Monaten unter großen Opfern verlassen hatte. »Es bricht zusammen, was nie sein durfte.«
Rahel stand an ihrer Seite. »Dann ist der Weg nach Worms frei?«
Die Fürstin atmete tief ein. »Wenn das Schicksal eine Lücke lässt, wetteifern das Gute und das Böse, sie zu füllen. Ich würde mich wundern, wenn wir die Einzigen wären, die an Burant Interesse zeigen.«
»Ein Grund mehr zur Eile«, sagte Maiwolf, der nun zu ihnen trat. »Unsere Soldaten sind guten Muts, da sie der Horde nicht entgegentreten müssen. Wenn es überall ist wie hier, hat das riesige Burant unseren Schwertern kaum etwas entgegenzusetzen.«
Brynja schüttelte nachdenklich den Kopf. »Wir kommen nicht als Eroberer, guter Maiwolf, sondern als Befreier. Zu oft wird beides für eines gehalten.«
Dann gab sie den Befehl, Berittene auszusenden, die entlang der Grenze die Lager der Sklavinnen aufsuchen sollten. Es galt, den Frauen gute Nachricht zu bringen und sie sicher in die nächsten Dörfer zu geleiten. Nur das Lager, in dem sie selbst geknechtet worden war, legte Brynja auf den Weg, den ihr Heer nehmen sollte.
Wie nicht anders zu erwarten, waren auch auf den kargen Feldern an dem kümmerlichen Fluss die Horden-Krieger in einer einzigen Nacht erbärmlich verreckt, ohne dass eine fremde Klinge sie berührt hätte. Die Frauen, die nun frei waren, konnten damit nichts anfangen; viel hätte nicht gefehlt, und sie wären in alle Windrichtungen davongelaufen. Doch statt Freude regierte nun Verwirrung. Brynja grüßte sie selbst, ging durch die Reihen, verteilte frisches Brot und sauberes Wasser. Einige wenige Gesichter kannte sie - und sie wurde von ihnen erkannt. Jede der Frauen bekam einige Münzen aus dem Schatz von Wenden und ein Angebot der Fürstin. »Wer noch Familie zu haben glaubt,
soll sie suchen gehen. Kinder brauchen Mütter, Männer Eheweiber. Wer ein Handwerk hat, soll sich ein Dorf suchen, in dem es benötigt wird. Doch wer von euch ein neues Ziel sucht, einen neuen Anfang, dem steht es frei, sich uns anzuschließen. Mit Hurgans Niedergang wird Burant eure Kraft nötiger haben als je zuvor. Baut auf, baut an, gebärt Kinder. Seid Keim für eine neue Saat, eine neue Ernte!«
Ein gutes Drittel der Frauen entschied sich, Brynjas Ruf nach Worms zu folgen. Ähnlich war es bei den anderen Lagern, von denen im Laufe der nächsten Tage immer mehr befreite Sklavinnen kamen. Am Ende verdoppelten sie die Zahl der Köpfe unter Brynjas Kommando.
Den langen Weg vom Osten nach Burgund sah Brynja die Veränderungen, die sich zugetragen hatten, bis auch schnelle Kuriere ihr von der wundersamen Nacht in Worms berichteten. Manchmal brach die Sonne über dem Reich wieder durch, und ein starker Regen stillte den langen Durst der Felder. Nicht nur das Volk, auch die Erde schien aufzuatmen. Was nun ganz besonders fehlte, waren Männer - nicht nur als Gatten, auch als Bauern, Bäcker, Hirten. Sie alle waren von Hurgan in Horden-Krieger verwandelt worden und eines elenden Todes gestorben. Es dauerte nicht lange, bis die ersten von Brynjas Soldaten dem Lockruf einsamer Frauen in den Dörfern folgten, und leichten Herzens ließ sie die Kerle ziehen, auch wenn es ihr Heer schwächte. Brynja hatte sowieso nicht vor, es in eine Schlacht zu führen.
Als Späher ihr berichteten, dass Hurgan in Worms seinem eigenen Drachen erlegen war und dieser wiederum einem mutigen Drachentöter, da war für Brynja kein Zweifel mehr.
Sigfinn.
Sie konnte es kaum abwarten, ihn wiederzusehen. Wann immer sie Fynna stillte, flüsterte sie dem Kind seinen Namen ins Ohr.
Es ging Calder, Elsa und den zu ihnen gestoßenen Grenzherrschern kaum schnell genug. Der Weg nach Worms war weit, und obwohl sie auf keinen Widerstand trafen, würde es Wochen dauern, den Thron von Burgund zu übernehmen. In Erwartung schwerer Kämpfe hatten sie die Truppen auf breiter Linie verteilt und nicht keilförmig zusammengezogen. Es war schwer, mit berittenen Boten die Befehle an die einzelnen Verbände zu übermitteln, zumal Calder feststellen musste, dass es mit der Loyalität einiger Grenzfürsten nicht so weit her war, wie es das Gold versprochen hatte.
Irgendwann gaben sie den Befehl aus, auf eigene Faust gen Süden zu marschieren und sich dabei mit allem zu
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