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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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verkrustet, fand sie die kleine Kiste, von der ihre Mutter einst erzählt hatte. Vom Gold, das kein Gold sein durfte. Vom Schatz, der keinen Wert besaß. Vom Erbe, das schwarz auf der Familie lastete.
    Und Kari öffnete die Kiste, deren Scharniere rostig
quietschten. Im Schein ihrer Fackel lächelten Juwelen sie an, Münzen, feine Klingen. So edel und vollkommen, so freundlich und warm, dass keine irdische Schmiede sie erschaffen haben konnte. Das Gold sprach zu ihr, leise und sanft: Nimm mich an dich. Lass mich dein sein.
    Nur wenig steckte Kari ein. Sie wollte nicht gierig sein, nur die Gunst der Götter in ihren Schätzen finden. Es steckte Dank in ihrer Hingabe.
    Dann verschloss die Königin die Kiste wieder und machte sich auf den Weg in ihr Gemach. Ihre Tasche war schwer, doch ihr Herz war leicht, fühlte es doch die Kraft, sich dem Schicksal zu widersetzen und Sigfinn zu beschützen.
    Was anders war die Aufgabe einer Mutter?
    Nur einmal blieb sie noch stehen, drehte sich unsicher im Kreis. Hatte sie ein Lachen gehört? Ein keckerndes, kreischendes, so gar nicht freudiges Lachen, direkt aus dem Fels? Sie schüttelte den Kopf, als müsse sie sich selbst widersprechen. Unsinn.
     
    Sigfinn saß in seinem Zimmer, unsicher und aufgeregt. Brynja hatte ihm ein heimliches Treffen versprochen, wie sie es als Kinder oft gehalten hatten. Doch weder Zeit noch Ort war genannt worden, und so hockte er nur. Sollte er ihr Schlafgemach aufsuchen? War das zu ungehörig? Wartete sie schon irgendwo, und er hatte nur die Zeichen nicht gesehen? Es ärgerte den Prinzen, dass die Gedanken in seinem Kopf so krude kreisten. Auch das war früher nie so gewesen. Gerade die Selbstverständlichkeit der Freundschaft war ihr großer Wert gewesen.
    Die Tür öffnete sich einen Spaltbreit, ohne dass geklopft worden war. Im Schein einer Kerze schlüpfte die Prinzessin
in den Raum. Sie sah Sigfinn an, lehnte sich dabei mit dem Rücken an die Wand, das Becken leicht vorgeschoben. Der Schein der wenigen Flammen zeichnete Hügel und Täler über ihr dünnes Kleid, und so sehr Sigfinn nicht starren wollte, so sehr tat er nichts anderes.
    »Hast du auf mich gewartet?«, fragte sie leise, obwohl niemand in der Nähe war, der sie hätte hören können.
    Es schien dem Prinzen unangemessen, geradezu ungehörig, diese Frage zu bejahen, während er auf seinem Lager saß. Er stand auf, und die Schmerzen seiner Verletzungen stachen ihn wie zur Erinnerung an seine Erziehung. »Wie es vereinbart war. Was nun?«
    Brynja trat auf ihn zu, nahm seine Hand, doch statt sich an ihn zu pressen, wie sie es auf dem Steg getan hatte, zog sie ihn zur Tür. »Lass uns baden gehen!« Sie sagte es mit einer kindlichen Selbstverständlichkeit, und warum nicht? Als Kinder hatten sie zusammen im Trog gesessen, sich lachend Wasser in Fontänen ins Gesicht gespuckt.
    Es war Sigfinn nun klar, wohin die Prinzessin wollte. Er folgte ihr hinunter zum großen Tor, wo eine Wache neben der Luke stand, die Bediensteten den Zugang zur Burg erlaubte. Mit einem einfachen Kopfnicken bedeutete Sigfinn dem Soldaten, ihn passieren zu lassen, und so schlichen er und Brynja bald in die kühle Nacht hinaus. Erst stachen Kiesel in ihre Füße, dann liefen sie über weiches Gras an den Häusern vorbei, die vor Generationen am Hafen gebaut worden waren. Vorbei an kleinem Buschwerk, fand Brynja mit der Gewissheit einer geliebten Erinnerung den Weg zu den heißen Schwefelquellen, die zwischen Wackersteinen und Findlingen dampften.
    Einst hatte man dieses Gebiet das Feld aus Eis und Feuer genannt, als der Vulkan noch aktiver gewesen war und der
Winter kälter. Legenden gab es, von wilden Duellen zwischen Bächen aus brennendem Fels und tückischen Geysiren. Das war lange her. Heute nutzten die Isländer die Quellen zur Linderung vieler Schmerzen, aber auch zur wohligen Entspannung.
    »Sosehr habe ich mich nach dem heißen Bad gesehnt«, sagte Brynja, »dem Prickeln auf der Haut.«
    Sie streifte ihr Kleid mit derselben Selbstverständlichkeit ab, mit der sie es als junges Mädchen getan hatte, und Sigfinn sah ihre blassen Schultern im Mondlicht und ihre schlanken Fesseln, als sie im dünnen Unterkleid in eine sacht blubbernde Quelle stieg, deren Durchmesser einem Wagenrad entsprach. »Heiß, heiß, heiß!«, kiekste sie, und zum ersten Mal war ihre Stimme ihm wieder vertraut.
    Sigfinn blieb nun keine Wahl, und er streifte Wams und Hosen ab. Das lange Leinenhemd behielt er an, bedeckte es doch

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