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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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brennen, und ich will mir die Zeit nehmen, langsam aus der Quelle zu steigen.«
    »Ist gut«, sagte Brynja und ging leichten Schrittes davon.
    Sigfinn sah ihr nach, und kein anderer Gedanke blieb ihm als jener, dass er nun den zarten Körper kannte, der unter dem dünnen Kleid kaum verborgen war. Er schloss die Augen.
    Es würde dauern, bis er aus der Quelle steigen konnte …
     
    Sigfinn schämte sich für die Ereignisse einer Nacht, in der nichts geschehen war. Es war, als wolle der Drang seines Körpers seine ehrvolle Freundschaft zu Brynja hintertreiben, sie mit Lust und Gier vergiften. Seine Lenden brannten, und er war nicht sicher, ob das Feuer ihn schlafen lassen würde. Der Prinz hatte das Gefühl, dass jeder Diener in der Burg ihm nicht freundlich, sondern verschwörerisch zulächelte, als bestünde heimliches Einverständnis über das, was von Brynjas Körper zu halten und zu wollen sei.
    Außerdem nagte der Schwefel an Sigfinns frischen Wunden wie ein Heer von Ratten am Speck. Schlimmer konnte die Nacht kaum werden, dachte er - bis er seine Mutter in seinem Zimmer fand, mit auf dem Schoß gefalteten Händen auf ihn wartend.
    »Es ziemt sich nicht, dass der Prinz nächtens durch die
Burg vagabundiert«, sagte sie leise ohne Begrüßung. »Die Pflichten des Tages sollten deine Kräfte ausreichend fordern.«
    »Ich … ich war nur ein wenig …«, stotterte Sigfinn, aber er war um eine Ausrede verlegen.
    »Es ist nicht wichtig«, winkte Kari ab. »Nicht wirklich.« Sie stand auf und strich ihm mit der zarten Hand durchs nasse Haar. »Mein Sohn, mein Prinz - du weißt von meiner endlosen Liebe.«
    Sigfinn kannte die melancholische Seite seiner Mutter, ihren Hang zu düsteren Gedanken - nur eigentlich nicht zur Schlafenszeit und dazu noch in seinem Zimmer. Er schob sie behutsam von sich und griff nach einem Tuch, um sich das letzte Wasser aus den Haaren zu reiben. »Natürlich. Aber braucht es die frühen Morgenstunden, mir das zu sagen?«
    Statt einer Antwort griff Kari in ihre Rocktasche und zog etwas Goldenes daraus hervor. Sigfinn hielt es für das Abbild einer Echse, das an einer langen Kette baumelte. »Ich möchte dir das hier geben.«
    Der Prinz nahm das Schmuckstück in die Hand. Es wog schwer. Im Licht der Kerzen erkannte er nun, dass es sich dabei nicht um eine Echse handelte, sondern um ein furchterregendes, geschupptes Monstrum, mit ledernen Flügeln und aufgerissenem Maul. Obwohl es nicht größer war als Sigfinns ausgestreckte Hand, war es reich an Details, und selbst die Zähne waren so fein gearbeitet, dass man sich an ihnen ritzen konnte, wenn man damit unbedacht hantierte. Statt eines Auges war da ein schwarzes Loch, durch das Kari die Kette gezogen hatte.
    Sigfinn wusste um die Bedeutung des Schmucks - und um die Gefahren. »Der Drache.«

    Ob er wollte oder nicht, in diesem Moment musste der Prinz mit der Königin einen Pakt eingehen. Niemand durfte davon wissen, schon gar nicht der König. Island war christlich, Sigfinn war getauft, und Sonntage gehörten dem Gebet.
    Der Drache jedoch war das Zeichen der alten Götter, grausige Erinnerung an barbarische Zeiten, Kainsmal der Blutlinie von Island. Man sprach nicht über den alten Glauben, verbrannte die ehrwürdigen Schriften und warf die alten Götzenbilder ins Meer. Aus der Vergangenheit musste Erinnerung werden, damit sie verblassen konnte. So war es Befehl, von König zu König. Island war dem einen Gott geweiht, und dieser duldete keine Götter neben sich.
    Indem sie ihrem Sohn den Drachen zeigte, machte Kari viele Jahre der Verdrängung zunichte, grub aus, was lange unter der Erde verborgen war. Es gab nun nichts mehr zu leugnen und kein Versteck vor der Wahrheit.
    Kari sah die Sorge in den Augen ihres Sohnes. »Er wird dich schützen. Weil etwas kommt. Etwas Großes. Und nichts wird mehr so sein, wie es war.«
    Sigfinn hatte angesetzt, seine Mutter ob ihres Aberglaubens zu schelten, der ihr heftigen Streit mit dem König bringen würde. Aber ihre Worte klangen in ihm nach, seltsam vertraut, und ebenso furchteinflößend. Er drehte das goldene Amulett in seiner Hand. »Wovor soll es mich schützen? Und wieso ausgerechnet mich?«
    Kari setzte sich wieder, und die Worte fielen ihr sichtlich schwer. »Du bist von Siegfrieds Blut. Nachfahre des Drachentöters. Der erste in Generationen. Jeder, der die alten Geschichten kennt, kann es sehen.«
    Sigfinn kratzte sich am Kopf. »Ich bin kein Held - und kein Drachentöter. Sieh mich doch

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