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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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weniger in der Lage? Er hatte Hunger und bekam doch keinen Bissen herunter.
    Plötzlich stand sie vor ihm, so nah, dass sich ihre Knie fast berührten. »Tanzt er?«, rief sie lachend und griff nach seinen Händen, so wie sie es immer getan hatte, wenn sie als Kinder im Kreis tanzten. Bevor er protestieren konnte, hatte sie ihn auf die Füße gezogen, zur Tanzfläche. Der Hofstaat machte angemessen Platz, und schon bald wirbelten sie zur Musik aus zwanzig Instrumenten.
    Sigfinn wurde schwindelig, seine Schulter schmerzte, und die Füße wollten den Dienst versagen, doch er hielt die Hände der Prinzessin, als seien sie aneinandergekettet. Bei jeder Drehung fingen ihre Augen für einen Moment den Widerschein der Fackeln ein, und dann stand in ihrem Blick ein warmes Feuer, nur für ihn. Als das Lied nach endloser Zeit - und doch zu schnell - vorbei war, zog Brynja ihn an sich. »Lass uns aus der Burg schleichen, wenn das Ende der Musik die Nachtruhe einläutet!«
    Der Prinz kam nicht dazu, über eine Antwort nachzudenken, denn einer der Heerführer seines Vaters bat höflich um einen Tanz mit Brynja, und genauso höflich nahm sie an.
    Sigfinn ging zu seinem Platz zurück, lächelte seinen Eltern zuliebe und wartete mit brennendem Herzen, dass die Feier ihr Ende fand …

    Es hatte Kari zu lange gedauert, bis der König die Nacht ausgerufen hatte und die restlichen Speisen für die wenigen Armen des Landes vor das Burgtor geschafft wurden. Ein paar übermütige Trinker mussten aus dem Saal getragen werden, und die Musiker packten ihre Instrumente, um in den ihnen zugewiesenen Räumen zu übernachten. Wenn man genau hinschaute, konnte man am Horizont schon den ersten hellen Streifen des neuen Tages sehen.
    Die Königin wusste, was ihre Pflicht war, und so beugte sie sich zu Christer, als er sich mühsam aus dem Stuhl erhob. »Möchte der König zur Nacht meine Gesellschaft?«
    Christer nahm ihr schmales Gesicht zwischen seine großen Hände und gab ihr einen zaghaften Kuss auf die Stirn. »Nein, dir sei der Schlaf gegönnt. Lass uns das Lager teilen, wenn wir beide ausgeruht genug sind, es zu genießen.«
    Darauf hatte sie gehofft. Natürlich sehnte sich ihr Leib noch nach der Berührung ihres Mannes, aber in dieser Nacht gab es wichtigere Dinge zu erledigen.
    Statt sich in ihr eigenes Gemach zurückzuziehen, nahm die Königin eine kleine Fackel und begab sich erneut in den ältesten Flügel der Burg, der vor Urzeiten aus dem Fels gehauen worden war, um den ersten Isländern Schutz vor dem gnadenlosen Winter zu bieten. Von diesen Gängen gab es keinen Plan, sie liefen wild ineinander, und manchmal waren sie so schmal, dass ein Mann von der Fülle Christers nicht hätte passieren können. Niemand außer der Königin kam hierher, denn geschickt gestreute Gerüchte machten den Bediensteten Angst und sprachen von düsteren Flüchen über jeden, der sich hier verlief. Mägde wie Köche flüsterten von manchem, der sich in die Gewölbe gewagt hatte, und wenigen, die zurückgekehrt waren.
    Zweimal stolperte Kari auf dem unebenen Boden, einmal
riss ihr Kleid an grob gehauener Wand. Die Luft war schal und modrig, der Stein feucht und warm. Der Gang endete vor blankem Fels. Doch die Königin kannte ihren Weg, war ihn seit ihrer Kindheit oft genug gegangen. Es brauchte nur wenig Kraft und Druck auf die richtige Stelle, um knirschend den Durchgang freizugeben. Ein Windstoß zog an ihrer Fackel, doch zum Glück blieb die Flamme treu.
    Der Raum, den Kari nun betrat, war das Erbe des alten Island. Alles, was der Gott der Christen für schändlich hielt, hatten die Könige zerstören lassen - und die Königinnen hatten heimlich gerettet, was zu retten war. Die prächtige Rüstung von Olden, dem ersten neuen Herrn von Isenstein; der Schädel des mutigen und weitgereisten Hakan; der Speer seiner Tochter Brunhilde, um die sich allerlei Waschweiber-Legenden rankten; die Kronen von Elsa und Gernot, vom Hofschmied ineinander verkettet. Dazu reich verzierte Kelche, den Göttern gewidmete Schilde und so manches steinerne Amulett in Form des Hammers Mjölnir, von den Kriegern des Landes in der Schlacht getragen, um geschützt zu sein. Opfersteine, Blutäxte, Dryk-Hauer.
    Doch all das war nur Götzenplunder, von Narren mit einem Wert versehen, der ihm nicht zustand. Was Kari brauchte, war der Schutz der Götter selbst. Etwas, das nicht ihnen zum Gefallen, sondern von ihnen geschaffen worden war.
    Unter einem alten Leder, brüchig und mit Salz

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