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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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grünen, entsetzlich stinkenden Paste. »Nach hinten wie Eisen so unzerbrechlich, nach vorne wie Nebel so unbegreiflich, und im Moment wie der Blitz, hell und gleich vorbei.«
    Sigfinn wollte nicht darüber sprechen, wollte sich vom Schmerz ablenken, der ihn nun erwartete, aber er konnte nicht anders, als sich an die Worte des Fisches zu erinnern. Sie schienen auf verdächtige Weise den Worten des Heilers zu spotten. Wie konnte etwas, das war, nicht sein?
     
    Mit den Augen und Ohren überall, hatten die Nibelungen gesehen, was Sigfinn widerfahren war. Da sie derzeit keine Macht außerhalb des eigenen Waldes hatten, konnten sie nur kreischen und fluchen, als das Netz den Sohn Islands wieder freigab und sein Blut nicht üppig floss, um ihre Gier zu befriedigen. In den Wellen hatten sie ihn umtanzt, unsichtbar, ohne Stimme in sein Ohr geflüstert. Giiib dich hiiinnn … bleib im Meeeer … Die wütende See war ihr Verbündeter gewesen, die Hoffnung auf ein Opfer ihr Antrieb.

    Und dann hatte dieser Fisch gesprochen.
    Dieser … Fisch.
    Welcher Fisch konnte sprechen? Nicht im Rhein hatten sie das erlebt, nicht in der Donau. Nicht im Meer, und nicht im See. Es war Trickserei, fauler Zauber, gedacht dazu, den Nibelungen ins Handwerk zu pfuschen. Doch wer? Wer konnte wissen, was sie, in Jahren vorbereitet, bald zum Abschluss bringen wollten?
    Wie ein fein gewebtes Tuch hatten sie die Intrige gesponnen, über Generationen hinweg, mit wechselnden Allianzen, geheimen Absprachen, ermüdender Diplomatie. Der Durst nach Rache war so groß wie einst, vielleicht größer noch. Die Nibelungen konnten nicht vergessen, wollten nicht vergeben. Die Schmach durch Siegfried, die Schmach durch seinen Sohn, die schwindende Macht in blühenden Ländern.
    Von Utgard bis nach Asgard riefen sie, forderten Rechenschaft und die Demaskierung des Verräters. Doch ihre Stimmen hallten durch das leere Walhalla, wurden nicht von Göttern oder Walküren gehört. Die Festung am Ende der Regenbogenbrücke war leer und blieb ihnen verschlossen.
    Manchmal, in Nächten ohne Mond, waren die Nibelungen müde. Sie fühlten ihre Kräfte schwinden, ihre Wut in der Dunkelheit verebben. Seltener und seltener hörte Odin ihre Klagen an, und seltener noch antwortete er ihnen. Es war, als wären die alten Götter auf eine Reise gegangen und riefen nur noch aus der Ferne. Oder als hätten sie sich schlafen gelegt und brummelten dösend vor sich hin. Mit ihnen schwand die Macht der Nibelungen.
    So konnte es nicht bleiben.
    Die Nibelungen hatten einen Plan.

2
    Brynja und das Herz aus Feuer

    Sigfinn hatte kaum geschlafen, was den Schmerzen in seiner Brust ebenso zu verdanken war wie dem Knistern in seinem Bauch. Er hatte Brynja fast drei lange Jahre nicht gesehen, und doch war das Band zwischen ihnen stark wie eh und je. In langen Briefen hatten sie einander von den Reichen erzählt, von den Geschichten, die Reisende an die jeweiligen Höfe gebracht hatten. Sie waren Kinder hoher Häuser und doch nur Kinder gewesen, denen im Leben die Gesellschaft gleichen Standes und Alters fehlte. Oft hatten sie geschworen wegzulaufen, ein eigenes Reich zu gründen, das sie gemeinsam regieren konnten. Nicht als König und Königin, sondern als Freunde.
    Es fiel dem Prinzen schwer, sich anzuziehen, und er wählte einen weichen Pelz als Überwurf, der wenig auf die Wunden drückte. Natürlich war seinen Eltern aufgefallen, wie ungelenk er aß und wie steif er ging, doch glaubten sie fest, er habe sich nur ein wenig die Muskeln gezerrt. Sein Vater war kein Freund wilder Mutproben, und Streit mit ihm wollte Sigfinn nach Möglichkeit vermeiden, solange Brynja hier war. Drei endlose Monate, bis in den tiefen Winter.

    Er wollte zum Hafen laufen, um sie zu begrüßen, aber der Schmerz mäßigte seine Schritte so sehr wie das Protokoll, dem er sich zu unterwerfen hatte.
    Der kleine Hofstaat stand fast vollzählig versammelt am kiesigen Ufer, als Edelrieds Schiff anlegte und das Gefolge seiner Tochter ihren Ausstieg vorbereitete. Einiges Volk war in Neugier gekommen. Nicht alle Tage war eine Repräsentantin eines anderen Reiches zu bestaunen. Vier Trompeter begrüßten die Prinzessin mit Fanfaren, und auf dem Steg kam Christer Brynja auf halbem Weg entgegen. Mehr Respekt gab es nicht zu zeigen. Sigfinn ging drei Schritte hinter den Eltern, wie es Sitte war. Zwar bewahrte er Haltung, doch es brauchte kein genaues Auge, um zu erkennen, dass er immer wieder neugierig zwischen seinen Eltern

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