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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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Möglichkeit, aus dem Gefahrenbereich zu springen. Eine große Eiche bot genügend Schutz, um vielleicht für wenige Augenblicke nicht gesehen zu werden. Sigfinn atmete tief durch und fasste neuen Mut. Er blickte auf den Dolch in seiner Hand. Mit dieser albernen Klinge kam er niemals nah genug an einen Gegner heran, um ihm ernsthaft bedrohlich zu werden.
    Er hörte Brynja aufschreien.
    Zwei, drei Schritte nur von ihm entfernt stand sie. Die wuchtigen Hiebe ihres Gegners hatten ihr das Schwert aus der Hand geschlagen, und es lag nutzlos am Boden. Der Horden-Krieger öffnete das Maul, brüllte und hob seinen Speer. Sigfinn hatte weder Zeit noch Gelegenheit, sich eine Taktik zu überlegen. Er sprang aus seinem Versteck und warf sich schreiend auf das Halbwesen - allerdings ohne es wie erhofft umzuwerfen. Sein Kopf prallte gegen den Brustpanzer wie gegen eine verschlossene Tür, und heftiger Schmerz durchzuckte seinen Körper.
    Der Krieger empfand den Prinzen scheinbar nur als lästig, packte ihn am Kragen und warf ihn wie einen Beutel Brot vor sich, wo er neben Brynja landete. Sofort kam Sigfinn wieder auf die Beine und stellte sich zwischen seine Freundin und den Angreifer. Sollte er sterben, würde sie vielleicht die Zeit zur Flucht gewinnen …
    Lächelnd hob das bullige Halbwesen seinen Speer, bereit, beide mit einem Wurf zu durchstoßen, als hinter ihm der Schatten eines kräftigen Mannes in die Höhe schoss und mit einem Schrei ein kurzes Schwert in den Nacken des Horden-Kriegers stieß, so dass seine Klinge wie eine blutende Zunge vorne wieder hervorschaute.

    Der Horden-Krieger starb und fiel ohne Spektakel zur Seite weg. Das machte für Sigfinn und Brynja den Weg frei, um einen besseren Blick auf ihren Retter zu werfen. Er war ein rauer Geselle, muskulös, aber doch von angenehmer Gestalt. Die Haare waren braun und fielen ihm offen auf die Schultern, wie es in Island nur bei Frauen üblich war. Ein kurzer Bart stand in seinem Gesicht, und seine Augen waren von ungewöhnlich hellem Blau. Aus der zähen Weste, die er trug, schauten gleich mehrere Klingen, und die Arme waren in Lederstreifen gewickelt, die schützten, ohne die Bewegung einzuschränken.
    Der Fremde drehte sich zu einer Handvoll Männer um, die nun aus dem Buschwerk marschiert kamen - allesamt ungleich gröber in Gestalt und Auftreten. Er spuckte aus. »Es wäre dienlich, wenn ihr künftig die Zahl der Gegner im Auge behaltet. Das wäre beinahe unschön ausgegangen.«
    Dann drehte er sich zu Sigfinn und Brynja, wobei sein Blick einen auffällig langen Moment an der Prinzessin hängen blieb. »Entschuldigt das arg dramatische Finale.«
    Sigfinn fand als Erster seine Stimme wieder: »Wir … wir danken euch für die Rettung. Diese … diese …«
    Der Rebellenführer half ihm aus der Not. »Beginnen wir mit euren Namen.«
    »Brynja«, sagte die Prinzessin nun. »Und dies ist Sigfinn, mein Freund und Begleiter, Prinz von …«
    Sie verstummte, um Island nicht zu erwähnen.
    »Ich bin Calder«, sagte dieser. »Ebenfalls Prinz von überhaupt nichts.« Er verbeugte sich spöttisch. »Was treibt euch in diese trostlose Gegend?«
    Sigfinn entschied sich, seinem Retter zu vertrauen. »Wir wollen zum Sonnental. Es soll nur einen kurzen Ritt entfernt sein.«

    Calder lachte freundlich. »Es ist so nah, dass ihr zu Fuß gehen könnt.« Er warf einen Blick auf die beiden Pferde, die in dem kurzen Gefecht von Klingen durchbohrt worden waren und tot auf dem Waldboden lagen. »Und wie es aussieht, müsst ihr das auch.«
    »Könnt ihr uns den Weg zeigen?«, fragte Brynja hoffnungsvoll.
    Sie verstand zuerst nicht, warum die grobe Bande lachte, bis Calder ihr ungehörig zuzwinkerte. »Schönes Kind, wir sind der Weg zum Sonnental. Folgt uns einfach!«
    Damit gingen sie voraus.
    Sigfinn und Brynja sahen sich an. Es schien angebracht, den Männern zu folgen, auch wenn die Umstände der Begegnung wenig erfreulich gewesen waren. Von einem der toten Horden-Krieger nahm Sigfinn ein Schwert, das so schwer war, dass er es nicht am Gürtel tragen konnte, ohne ständig zu stolpern. Kurzerhand zog er den Gürtel über eine Schulter und trug die Klinge damit am Rücken.
    Es fühlte sich gut an, wie ein Mann bewaffnet zu sein.
     
    Die Seherin stand vor Hurgans Thron im blutgetränkten Saal von Drachenfels. Keine Wache befand sich im Raum, kein König. Sie hatte einen Moment zwischen der Zeit gewählt, ihn über das Maß gestreckt und konnte daher sicher sein, nicht gestört zu

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