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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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Jahren hatten die Steine kaum noch gute Nachricht zu verkünden, und sie wurde der dauernden schlechten Kunde müde. Die Menschen im Sonnental begannen schon, sie zu meiden, ihr die Schuld an dem vielen Unbill zu geben. Vielleicht war es an der Zeit, das Glück an einem anderen Ort zu suchen. Die Rebellen waren gut zu ihr gewesen, doch die Anfeindungen nahmen zu.
    Sie entschloss sich, noch ein wenig spazieren zu gehen, in Richtung Osten, auf die Sonne zu, deren Lichterkranz sich langsam über den Horizont schob. Auf nackten Füßen wanderte sie über die üppigen Wiesen und ließ sich vom anbrechenden Tag begrüßen.
    Sie ging zehn, vielleicht fünfzehn Minuten. Die klare Luft füllte ihre Lungen, vertrieb die trüben Gedanken der letzten Stunden. Was sollte sie woanders? Hier war sie doch zu Hause.
    Ein Schatten glitt über sie. Zu schnell, um eine Wolke am klaren Himmel zu sein. Ein Geräusch wie flatternde lederne Segel. Erst jetzt fiel Aude auf, dass keine Vögel sangen, was zu dieser frühen Stunde mehr als ungewöhnlich war. Sie blickte nach oben.
    Fafnir.
    Der Drache hing über ihr in der Luft, die Schwingen ausgebreitet, den schuppigen Leib sanft im Wind pendelnd.
Langsam, grausam langsam senkte er den Kopf am Ende des langen Halses, bis sein verbliebenes glühendes Auge ihr wie eine Fackel vorkam und sein fauliger Geruch ihr den Atem nahm.
    Feuer und Tod, dachte Aude noch. Die Steine hatten es nicht symbolisch gemeint.
    Feuer und Tod.
    Dann verbrannte sie der Drachenatem in gnädigen Sekunden.
     
    Es war nicht zu sagen, wer als Erster schrie oder wer sein Schwert gegen einen Kessel schlug, um die anderen zu warnen. Aber die Rebellen waren immer schon vorsichtig genug gewesen, um schnell zu reagieren. In Sekunden sprangen sie von ihren Lagern, packten ihre Waffen und stürmten kampfbereit aus den Hütten. Sigfinn, Calder und Danain gehörten zu den Ersten, die auf dem kleinen Platz vor dem erloschenen Festfeuer eintrafen.
    Lodernde Flammen empfingen sie. Weiter hinten, im Osten, schien das gesamte Tal zu brennen. Der Wind wehte einen glühenden Hauch herüber, der ihre Gesichter erhitzte.
    »Was bei den Göttern ist hier los?«, schrie Calder.
    Die Antwort kam von selbst, mit mächtigen Schwingen und einem Atem, der feurigen Tod spuckte. Zwei, drei Flügelschläge trieben Fafnir auf die Siedlung zu. Schnell, leise, unaufhaltsam. Beiläufig stieß er seine Flammen in die weiter entfernten Hütten, aus denen sofort schwarzer Rauch stieg. In seinen Krallen hatte er die Körper zweier Rebellen, die zerquetscht und leblos pendelten.
    »Fafnir«, murmelte Sigfinn. Alle Zweifel, die er noch gehabt hatte, waren weggewischt von der grausamen Wirklichkeit.

    »Schlagt euch in die Büsche!«, schrie Danain. »Gebt ihm kein Ziel!«
    Die Rebellen ahnten - nein: sahen! -, dass mit dem Biest kein Kampf zu gewinnen war, und stoben auseinander. Junge Mütter zerrten ihre Kinder in das karge Unterholz. Drei, vier, fünf weitere Hütten gingen fauchend in Flammen auf. Doch noch hatte Fafnir den Hauptplatz nicht erreicht.
    Nun kam auch Brynja dazu, das Schwert in der Hand und Angst in den Augen. »Ich sehe es und glaube es doch nicht.«
    Calder sah so grimmig wie hilflos zu, während seine Siedlung dem Feuer zum Opfer fiel. »Er wagt sich selten weit von Burgund weg - hier im Norden herrschen die Horden für Hurgan. Irgendetwas ist geschehen.«
    »Wir sollten uns ebenfalls verstecken«, drängte Danain. »Ich möchte nicht in seinem Atem rösten.«
    Calder nickte. »Kümmere dich um jene, die sich nicht selbst helfen können.«
    Sein Getreuer rannte davon. Calders Blick war fest auf die Hütten vor ihm gerichtet, aus denen Kinder und Alte strömten. Zu langsam. Nur noch Sekunden, und sie würden ihr Leben lassen …
    »He!«, schrie er und reckte die Faust mit dem Schwert in den Himmel. »Fafnir! Suchst du Streit?«
    Sigfinn und Brynja sahen sich zweifelnd an - sie verstanden, was der Rebell vorhatte, welch noble Absicht ihn trieb. Doch glich sein Handeln eher einem törichten Opfer als mutigem Widerstand. Trotzdem blieben sie an seiner Seite.
    Fafnir, dessen Maul gerade noch Verderben in die Welt gespuckt hatte, hörte auf Calders Stimme, als hätte er sie
erwartet. Der kräftige Schlag seiner Flügel trieb ihn abermals voran, und die Spitzen berührten dabei fast den Boden. Dann gruben sich seine mächtigen Klauen in den Boden, rissen armdicke Furchen hinein und wühlten Gras und Steine auf.
    Er stand. Vor Calder, Sigfinn und

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