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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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Kette, damit sie das Loch im Amulett freigab. Dann drückte er seine Hälfte gegen den Ring - der Stein passte so genau in den geschmiedeten Kopf des Drachen, dass kein Zweifel mehr bestehen konnte.

    Die Welt um Sigfinn, Calder und Brynja verschwamm für einen Moment, als ob eine Welle aus Licht und Farben sie ertränken wollte. Die Luft flirrte, und ein merkwürdiger heller Ton war zu hören. Doch es dauerte nur einen Augenblick, dann war alles wieder wie vorher.
    »Habt ihr das gespürt?«, fragte Brynja.
    Calder und Sigfinn nickten.
    »Wie kamst du an diesen Ring?«, wollte Sigfinn wissen.
    Calder sah die beiden Reisenden aus Island an, als müsse er sich noch einmal vergewissern, dass ihnen zu trauen sei. Dann atmete er tief durch. »Den Ring bekam ich als kleiner Junge. Zuerst trug ich ihn an einem Lederband um den Hals, als meine Finger noch zu klein waren. Er war ein Geschenk meines Vaters - zu der Zeit, als alles noch war, wie es sein sollte.«
    Brynja und Sigfinn waren nicht sicher, ob Calder meinte, was sie dachten. Vorsichtig setzte der Prinz an: »Als alles noch wie war?«
    »Ihr wisst, wovon ich spreche. Die Zeit des Friedens und des Lichts, die vor einigen Tagen in einer Nacht verging und in der ein schwarzes Jahrhundert geboren wurde - nicht in die Zukunft, sondern zurück in die Vergangenheit.«
    Es war der Moment, in dem Calder mehr wurde als ein Freund und Retter in der Not - er wurde Sigfinns und Brynjas Verbündeter.
    »Wer weiß noch davon?«, wollte Brynja wissen.
    Calder hob die Schultern. »Niemand, wie es scheint. An manchen Tagen nicht einmal ich selbst. Dann legt sich eine Schwere auf meine Gedanken, und ein anderes Leben - dieses Leben - verlangt meinen Glauben. Es will, dass ich die Rolle Calders, des Rebellen, spiele.«

    »Warst du vor dieser Zeit kein Aufständischer?«, fragte Sigfinn.
    Calder lachte. »Gott erbarme, nein! Ich bin fahrender Schmied. Von Stadt zu Stadt ziehe ich, um Kessel zu flicken, Klingen zu schärfen und Fässer zu nageln.«
    Ein Schmied. Sigfinn fand das erstaunlich passend.
     
    Hurgan stieg die schmalen hohen Treppen von Burg Drachenfels hinab, vorbei an vielen Wachen, deren einziger Zweck es war, sein Leben zu schützen, obgleich niemand in zwei Generationen es mehr herausgefordert hatte. An der schweren Kette zog er das Tier hinter sich her, das in den letzten Tagen immer launischer geworden war. Es schien seine eigene Unrast zu spüren und für sich zu verstärken. Drei Generäle der Horde folgten ihm, dazu eine Handvoll Diener und Berater. Und natürlich Gadaric. Auf dem Kopf trug Hurgan seinen schwarzen, eisernen Helm, durch dessen Sehschlitz seine Augen grausam funkelten. Ein mächtiger Pelzumhang machte seine Schultern breiter, als sie tatsächlich waren.
    Aus dem Stein unter seinen Füßen wurde Holz, und durch eine letzte Tür trat der König auf die erste von Dutzenden Plankentreppen, die in einem Gewirr von starken Seilen an den Stützpfeilern der Burg vorbei nach Worms hinunterführten. Der Wind blies ihm heftig ins Gesicht, blähte seinen Umhang wie die Flügel eines Raben. Die Luft roch nach Kot und Fäulnis. Früher hatte es ihn angewidert. Als sein Herz noch schlug, schlug es für Burgund, und er wollte es prächtig sehen und reich. Doch die Götter hatten Hurgan den Thron geschenkt, und nun interessierte ihn nur noch, dass Burgund ihm unterworfen war.
    Am Ende der letzten Treppe, als das Holz in schmutzigem
Lehm endete, warteten weitere hundert Krieger der Horde. Zwischen ihnen eingekeilt: hundert junge Männer. Manche gerade dreizehn, vierzehn Jahre alt. Andere siebzehn, achtzehn. Sicher keiner, der sich bis zwanzig vor den Häschern hatte verstecken können. Sie alle schauten ängstlich, viele weinten. Die Verschleppung nach Worms hatte ihnen jeden törichten Mut aus den Knochen geprügelt, jeden Gedanken an Widerstand.
    Die Horden-Krieger vergrößerten den Kreis und ließen Hurgan eintreten. In Ehrfurcht senkten sie das Haupt vor dem König, der ihnen kaum bis zu den Schultern ging.
    Hurgan sah sich die jungen Männer an, einen nach dem anderen. Es waren Feiglinge, armseliges Gewürm, in einer normalen Truppe gar nicht zu verwenden. Aber das war auch gar nicht nötig. Er hatte darüber nachgedacht, einige der jungen Männer zu schonen, damit seine Tochter sich an ihnen auslassen konnte - aber Elea fand ihre eigenen Spielzeuge und brach sie mit diebischer Freude.
    Einem blassen Jüngling, dem die Tränen aus den Augen schossen, tätschelte

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