Das Erbe der Pandora
so
heftig, daß die schmalen, grauen Stufen kaum zu sehen waren. Kein Mond und kein
anderes natürliches oder künstliches Licht konnte ihn führen, aber er war die
Treppe schon so oft hinunter- und hinabgegangen, daß er kein Licht brauchte.
Er rannte sechzehn Stufen hinunter,
während ihm das Regenwasser um die Knöchel spritzte, bis er die
vierundfünfzigste Stufe — von der Capri Road aus gerechnet — erreichte. Dort
zwängte er sich durch das Geländer hindurch. Die Schicht von toten Blättern und
Tannennadeln war weggeschwemmt worden und hatte glitschigen Schlamm
zurückgelassen. Seine Sandalen saugten sich in dem Schlamm fest und ließen ihn
fast vornüber fallen, während er sich vorwärtskämpfte. Schließlich zog er die
Sandalen aus und lehnte sich hinüber, um sie auf die Stufen zu stellen, wo sie
rasch von dem Wasser weggeschwemmt wurden.
Er grub die Zehen in den Schlamm und
benutzte die Stange mit dem Haken als Stock, um nicht auszurutschen. Als er an
dem Abflußrohr ankam, mußte er sich anstrengen, um an dem steilen Abhang
aufrecht stehenzubleiben. Er legte die Stange auf den Boden neben das Rohr und
schnappte sie sich schnell wieder, bevor das leichte Plastik den Hügel
hinuntergeschwemmt wurde. Umständlich klemmte er sich die Stange unter den Arm
und grätschte über dem Rohr. Die Teilstücke des Rohres zog er ohne große
Schwierigkeiten auseinander, da der Regen feine Sandkörner unter die Muffe
gespült hatte. Wasser floß aus dem offenen Ende des Rohres. Er fiel auf die
Knie. Er stand wieder auf, steckte die Stange in das Rohr und zog sie wieder
heraus, ohne etwas gefunden zu haben. Der Abfluß war durchgespült worden.
Wütend trat er mit dem bloßen Fuß gegen das Rohr und verlor dabei fast das
Gleichgewicht.
Er stützte sich mit einer Hand auf die
Stange und hielt sich mit der anderen am Geländer der Treppe fest, während er
sich langsam den schlammigen Abhang hinunterbewegte. Das offene Ende des
Abflußrohres ragte etwa einen guten Meter über der Straße über das Ende einer
Stützmauer hinaus. Kip kletterte über die Mauer und sprang auf die unterhalb
liegende Straße. Seine Arme und Beine waren vom Schlamm bedeckt. Er sah nach
rechts und links. In diesen frühen Morgenstunden waren die Häuser an der Straße
alle dunkel. Niemand war in der Nähe.
Er steckte die Stange in das offene
Ende des Rohres, wühlte herum und zog sie heraus — doch außer nassem Müll fand
er nichts. Er stand in einem Haufen aus nassem Laub, Tannennadeln und Schlamm,
der aus dem Abflußrohr gespült worden war. Er wühlte mit dem Haken darin herum
und stieß endlich auf etwas Hartes. Mit der Hand griff er in den Matsch und zog
eine Pistole heraus.
27
E s regnete immer noch, als Iris die
Haustür öffnete, um ihre Zeitung hereinzuholen. Sie betrachtete den Regen, die
durchnäßten Rasenflächen und Blumenbeete und den Triumph, der auf der Auffahrt
stand. Sie hatte die stark porösen Gummidichtungen an dem Rahmen, an dem das
Verdeck befestigt war, nie ausgewechselt. Im Auto war es sicherlich feucht. Das
bereitete ihr Sorgen ebenso wie das andere, das sie vor dem Regen hätte
erledigen müssen: das Abstützen ihres Gartens hinter dem Haus. Dieser Regen war
nicht angekündigt worden. Sie hatten einen trockenen Winter vorhergesagt.
Während sie darüber und über unzählige
andere zu erledigende Dinge nachgrübelte, stürmte sie aus dem Haus, um die
Zeitung zu holen. Doch auf der Veranda stolperte sie fast über einen Karton.
Das Paket war gut 30 x 30 Zentimeter groß, eingepackt in glänzendes,
rosafarbenes Papier und hatte eine große weiße Schleife auf dem Deckel. Keine
Adresse oder Briefmarke war zu sehen. Jemand mußte es in der Nacht persönlich
vorbeigebracht haben. Sie sah es sich an, ohne es zu berühren, und merkte, daß
der untere Teil des Kartons und der Deckel getrennt eingepackt waren und die
Schleife nur um den Deckel gebunden war so wie bei den Geschenken in den Fernsehsendungen,
die aufgemacht werden konnten, ohne daß die hübschen Verpackungen
auseinandergerissen werden mußten.
Vorsichtig ging sie um das Paket
herum, während ihr Bilder eines mysteriösen Bombenlegers im Kopf
herumschwirrten. Sie spielte mit dem Gedanken, die Polizei anzurufen, kam aber
schließlich zu dem Schluß, daß es sich um ein Einweihungsgeschenk von Liz
handeln mußte. Es sähe Liz ähnlich, ein schick eingepacktes Geschenk auf dem
Heimweg von irgendeiner Gala vorbeizubringen.
Dennoch ging Iris ins Haus,
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