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Das Erbe der Phaetonen

Das Erbe der Phaetonen

Titel: Das Erbe der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
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seine Aufmerksamkeit nicht abzu- lenken.“
       „Ja, wahrscheinlich ist es so. Jedenfalls leuchtet die Erklärung ein. Legen Sie sich hin, Boris Nikolajewitsch!“
       In einem Abstand von wenigen Millimetern streckte sich Mel- nikow längs des Steges aus. Sollte es einen Stoß geben, würde der Steg gut federn; das hatten sie wiederholt festgestellt.
       Der entscheidende Moment kam. In wenigen Augenblicken würden sie Bescheid wissen. Gespannt starrte Melnikow zur Venus. Während sie geschlafen hatten, war der Planet noch weiter in die Ferne gerückt. Er sah jetzt wie eine riesige weiße Kugel aus, etwa achtmal so groß wie der Vollmond am irdischen Himmel. Also beträgt der Abstand etwas mehr als eine halbe Million Kilometer, dachte Melnikow mechanisch.
       Sobald Wtorow den Sesselsitz berührte, begann er in Ge- danken Verse zu deklamieren, um nicht versehentlich etwas zu denken, was auf das Pult einwirken könnte. Als er sah, daß Melnikow bereit war, brach er mitten in einer Verszeile ab und schloß die Augen.
       Flüchtig tauchte der Gedanke bei ihm auf, sie könnten im nächsten Moment sterben, wenn das Raumschiff seinem Befehl sofort gehorchte. Eine blitzschnelle Wendung des Schiffs, durch die Trägheit bedingt ein entsetzlicher Ruck, ein ungeheuer hef- tiger Aufprall an der Wandung, und aus! Da spürte er, daß ihn eine sanfte Gewalt in den Sessel drückte. Im Raumschiff machte sich Fliehkraft bemerkbar! Sie konnte nur bei einer Wendung auftreten.
       Was war geschehen? Er hatte doch noch gar nicht Befehl ge- geben, war noch gar nicht dazu gekommen, an eine Wendung zu denken! Er wollte es gerade erst tun.
       „Das Raumschiff wendet!“ sagte Melnikow. „Der Versuch ist geglückt. Der Richtung der Fliehkraft nach zu urteilen, erfolgt die Wendung in der vertikalen Ebene. Noch besser merkt man das an der Stellung von Venus und Sonne. Gratuliere, Gennadij Ich rate dir, das Pult sofort wieder zu verlassen.“
       Wtorow gehorchte mechanisch. Er begriff nichts mehr. Mel- lukow glaubte, die Wendung habe er, Wtorow, bewirkt, dabei war das gar nicht der Fall. Oder vielleicht doch? Er hatte sich gerade ihr Ende, die Folgen einer scharfen Wendung, aus- gemalt. Augenscheinlich genügte das, um die Automatik in Gang zu setzen. Aber während er sich eine plötzliche Wendung vorgestellt hatte, wendete das Raumschiff ganz allmählich. Das bedeutete, daß sich ihre Hoffnungen erfüllt hatten. Die geheim- nisvollen Mechanismen nahmen wohl den Sinn eines Befehls auf, seine Ausführung aber erfolgte auf eine Weise, die nicht vom Willen des Menschen abhing. Ganz unbewußt hatte Wto- row den Versuch in der krassesten Form durchgeführt. Und es war ein voller Erfolg geworden. Dieses Raumschiff ist wirklich bis ins Feinste ausgeklügelt, dachte Wtorow.
       „Jetzt besteht kein Zweifel mehr, wir werden uns und das Schiff retten“, sagte Melnikow, den Kameraden umarmend. Bist ein Prachtjunge!“
       Wtorow erzählte ausführlich, wie es sich wirklich zugetragen hatte.
    „Also tauge ich noch nicht zum Steuermann“, schloß er.
       „Ich habe auch nicht damit gerechnet, daß es auf Anhieb klappen würde“, entgegnete Melnikow. „Du wirst es lernen. Aber das braucht Zeit. Wir haben nicht das Recht, nach einem so erfolgreichen Beginn alles aufs Spiel zu setzen.“
       „Ich fürchte, wir müssen uns beeilen. Bald werden wir vom Hunger geschwächt sein.“
       Melnikow sah den Freund prüfend an.
       „Verspürst du Hunger?“ fragte er.
       „Bis jetzt nicht.“
       „Ich auch nicht. Im Gegenteil, es kommt mir vor, als hätten meine Kräfte zugenommen.“
       „Merkwürdig“, sagte Wtorow. „Mir geht es genauso. Wahr- scheinlich liegt das am Zustand unserer Nerven. Denn wir haben doch das letztemal vor fünfzehn Stunden an Bord unseres Raumschiffs gegessen.“
       Melnikow schwieg. Einen Augenblick lang kam ihm der vage Verdacht, auch hierbei hätten die Phaetonen ihre Hand im Spiel; er ließ ihn jedoch gleich wieder fallen. Die Phaetonen konnten sich schließlich nicht von Luft ernährt haben. Wenn aber doch, vermochten es die Erdenmenschen noch lange nicht. Das Gefühl eines vollen Magens blieb indessen.
       „Wir müssen darauf achten, wie lange die Wendung dauert“, sagte Melnikow. „Vielleicht mußt du eingreifen und das Manö- ver stoppen.“
       „Ich glaube nicht. Ich erinnere mich sehr genau, daß ich mir eine Wendung von hundertachtzig Grad

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