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Das Erbe der Phaetonen

Das Erbe der Phaetonen

Titel: Das Erbe der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
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der schrecklichen Gefahr, die ihnen drohte.
       „Ich werde mich jetzt üben“, sagte er. „Ich gehe erst dann wieder ans Pult, wenn ich mir den Winkel mit Sicherheit vor- stellen kann. Haben wir noch Zeit?“
       „Jede Menge“, antwortete Melnikow gleichmütig. „Beeil dich nicht. Wir müssen ganz sichergehen.“
       Er selbst pflegte ebenso zu handeln. Noch ein mißglückter Versuch – und nichts konnte sie mehr retten. Die einmal ein- geschlagene Taktik mußte, koste es, was es wolle, bis zum Schluß befolgt werden. Darin lag ihre einzige Chance.
       „Bleib du hier“, sagte Melnikow. „Ich mache jetzt einen Rund- gang durchs Schiff.“
    Er trägt mir nichts nach, dachte Wtorow.
    Möglichst unauffällig beobachtete er den Kameraden.
       Melnikow trat an die Wand und drückte auf den Knopf, aber die Tür öffnete sich nicht. Die Mechanismen der Phaetonen hat- ten sich ganz auf „gedankliche Befehle“ umgestellt. Nun ver- suchte er, sich eine Öffnung vorzustellen. Aber ohne Erfolg.
       Alles wäre viel einfacher, dachte Melnikow, wenn die Mecha- nismen auf die Bioströme meines Gehirns ansprächen.
       „Soll ich die Tür offnen?“ fragte Wtorow.
       „Nein, es hat doch keinen Zweck. Ich kann ja sowieso nir- gendwo allein hingehen. Nur mit dir zusammen. Ich werd mich bemühen, dich nicht zu stören.“
       Trotzdem öffnete sich die Tür.
       Wtorow fluchte.
       „Es ist eine Strafe“, sagte er. „Wieder habe ich gegen meinen Willen gedacht.“
       „Ja, das ist eine schwierige Kunst. Aber denk an die Wen- dung.“
       Wer kennt nicht die Geschichte von dem Mann, dem auf- gegeben war, nicht an einen Affen zu denken, und der nun ge- rade fortwährend an ihn dachte. Das gleiche widerfuhr Wtorow. Der Raum, in dem sie sich befanden, hatte zwei Türen. Bald öffnete und schloß sich die eine, bald die andere, und manchmal geschah es sogar bei beiden gleichzeitig. Unablässig flammte der blaue Ring mit dem gelben Kreuz auf und erlosch wieder. Die Wände wurden abwechselnd durchsichtig und undurch- sichtig. Licht und Dunkelheit folgten einander. Wirr sprangen Wtorows Gedanken von einem zum anderen, nur auf das eigent- lich Notwendige konnten sie sich offensichtlich nicht konzen- trieren.
       Weder mit Worten noch mit Gesten gab Melnikow seine Un- geduld zu erkennen. Es wäre zwecklos und sogar schädlich ge- wesen. Alles hing allein von Wtorow ab.
       Melnikow zückte sein Notizbuch und tat, als trage er Be- obachtungen ein. Auf den häufigen Wechsel von Licht und Dunkelheit reagierte er nicht. Mochte Wtorow glauben, er, Melnikow, halte dieses Chaos für ganz natürlich und verständ- lich.
       Die Sekunden verrannen, wurden zu unwiederbringlich ver- lorenen Minuten. Immer schneller näherte sich das Raumschiff der Venus. Melnikow begann unwillkürlich, Berechnungen an- zustellen. Sie ergaben, daß ihnen nur noch etwa zweieinhalb Stunden zur Verfügung standen. Gelang es ihnen in dieser Zeit nicht, seitwärts abzubiegen, würden sie mit einer Geschwindig- keit von hundert Kilometern in der Sekunde in die Atmosphäre des Planeten eindringen, und nur eine feurige Spur am Himmel der Venus würde den letzten Weg des „Phaetonen“ bezeichnen.
       Zweieinhalb Stunden! Das war sehr wenig.
       Melnikow blickte verstohlen zu Wtorow hinüber. Der junge Ingenieur hing an der gegenüberliegenden Wand, von der be- reits deutlich spurbaren Schwerkraft dagegengepreßt. Sein Ge- sicht verriet Konzentration, die Augen waren geschlossen. Aber das regellose Öffnen und Schließen der Türen und das Auf- flammen und Erlöschen des Lichts dauerte immer noch an. Allerdings erfolgte es nicht mehr so häufig wie zu Anfang. An- scheinend kam doch allmählich Ordnung in Wtorows Gedanken.
       So verging etwa eine Stunde.
       Nach Melnikows 'Berechnungen betrug die Geschwindigkeit des Raumschiffes bereits fünfzig Kilometer in der Sekunde oder sogar noch mehr. Genau konnte er es nicht ausrechnen, da er nicht wußte, mit welcher Geschwindigkeit der Sturz auf die Venus begonnen hatte. Er war jedoch überzeugt, daß sie fünf- undzwanzig Kilometer in der Sekunde nicht überstiegen hatte. Die Entfernung bis zur Venus war ebenfalls nur annähernd bekannt.
       Beeil dich! hätte er seinem Kameraden am liebsten zugerufen, aber er schwieg.
       Jetzt wurden die Wände nicht mehr undurchsichtig. Licht und Dunkelheit wechselten nicht mehr miteinander ab. Nur die eine Tür

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