Das Erbe der Phaetonen
der Phaetonen drei Menschenleben auf dem Spiel stehen. Ich lege dem Rat hiermit zwei Fragen vor. Besteht Hoffnung, daß es Belopolski gelingt, den Flug seinem Plan entsprechend glücklich auszu- führen? Und wenn nicht, was unternehmen wir zur Rettung der Männer?“
Auf die erste Frage erfolgte die Antwort einstimmig: „Nein, auf die Treibstoffvorräte des ‚Phaetonen' können wir unsere Hoffnung nicht setzen!“
„Was ist dann zu tun?“ fragte der Vorsitzende.
Ingenieur Semjonow, einer der leitenden Mitarbeiter des Kosmischen Instituts, erhob sich.
„Die ,KS 3' kehrt in zwölf Tagen zur Erde zurück“, sagte er. „Wir müssen sie sofort für einen Flug zur Ceres ausrüsten. So- bald wir sehen, daß der ,Phaetone' nicht wiederauftaucht, startet sie.“
„Das bedeutet, daß wir einen ganzen Monat verlieren.“
„Aber was können wir sonst tun? Die ,KS 3' ist in General- überholung. Andere Raumschiffe, die einen so langen Flug unternehmen könnten, haben wir nicht.“
„Und wenn dem ,Phaetonen' nun nicht einmal mehr die nor- male Landung auf der Ceres glückt und er abstürzt?“ fragte Woloschin. „Wie klein der Asteroid auch ist, seine Anziehungs- kraft reicht aus, das Raumschiff zu Bruch gehen zu lassen. Da- bei können die Männer durchaus am Leben bleiben. Aber sind sie in der Lage, drei Monate zu warten?“
„Nicht einen einzigen. Früher als in zweiundsiebzig Tagen aber ist die Ceres nicht zu erreichen.“
Wieder stand Kamow auf und sagte: „Genossen! Ich habe einen Funkspruch von William Jenkins erhalten. Er kann sofort mit seinem in England neuerbauten Raumschiff, dem ,Prince of Wales', losfliegen. Es ist startbereit, da beabsichtigt war, ihn zur Venus zu schicken. Jenkins erklärt, daß er und seine Mannschaft unserem Institut zur Verfügung stehen.“
„Aber seine Geschwindigkeit beträgt, soviel ich weiß, nur fünfzig Kilometer in der Sekunde“, wandte Woloschin ein. „Falls die drei mit dem ,Phaetonen' wirklich Bruch gebaut haben, ist das zuwenig.“
„Hören Sie, was er uns noch mitteilt“ Kamow holte das Telegrammformular hervor. „ ,Ich und meine Kameraden schla- gen eine Beschleunigung von fünfunddreißig Meter pro Sekun- denquadrat vor. Dadurch könnten wir eine Geschwindigkeit von vierundachtzig Kilometern erreichen. Die Entfernung zur Ceres würde in eintausend Stunden bewältigt werden.' Ich brauche Ihnen nicht zu erläutern, was die Engländer damit auf sich nehmen, um unsere Kameraden zu retten. Der ,Prince of Wales' ist ein mächtiges Raumschiff. In mancher Beziehung übertrifft er noch die ,KS 3'. Wir müssen den Engländern dank- bar sein, da unsere ,SSSR-KS 4' das Werk noch nicht verlassen hat. Aber haben wir das Recht, das angebotene Opfer anzu- nehmen? Vierzig Minuten einer derart hohen Beschleunigung gefährden die Gesundheit.“
„Auf die Frage gibt es nur eine Antwort“, sagte Woloschin. „Wir können Jenkins' Angebot nicht ablehnen. Ich schlage vor, daß wir uns mit ihm in Verbindung setzen und ihn noch einmal auf die Gefahr hinweisen, die er womöglich unterschätzt. Das Weitere ist dann ihre Sache.“
So kam es, daß die dem Untergang auf der Ceres geweihten Kosmonauten von der „Prince of Wales“ gerettet wurden.
Ohne Zögern vollbrachten William Jenkins und seine sieben Kameraden diese große Tat. Und sie kamen nicht eine Minute zu spät!
Fast gleichzeitig mit ihrem ersten Aufkommen hatte die Raumfahrt der Erde bereits die engen nationalen Grenzen ge- sprengt, war sie zu einer Sache der gesamten Menschheit, zu einer internationalen Kollektivaufgabe geworden. Und es ist allgemein bekannt, wie stark ein Kollektiv ist.
Mit Recht konnten die Engländer auf ihre Helden stolz sein, aber hätten die Kosmonauten in anderen Ländern nicht genauso gehandelt? Menschen, die an ein und derselben Aufgabe arbei- ten, kennen keine nationalen Unterschiede, wenn es zu helfen gilt.
Roald Amundsen fand bei dem Versuch den Tod, seinen per- sönlichen Feind, den Italiener Nobile, zu retten. Beide waren Polarforscher. Dahinter hatten persönliche oder nationale Be- lange zurückzutreten.
William Jenkins, der Engländer, rettete Konstantin Belo- polski, den Russen. Ebensogut hätte es umgekehrt sein können. Angesichts des Kosmos sind die Menschen aller Länder gleich – eine einzige Familie!
Schon der Charakter ihrer Arbeit hält aus ihrem
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