Das Erbe der Pilgerin
weshalb Dietmar darauf achtete, sie häufig zu wechseln. Gerade ritt er mit einer neuen Mannschaft an der Burg vorbei Richtung Bamberg.
Rüdiger, der das vom Ausguck der Trutzburg aus beobachtete, erschrak, als sich plötzlich die Tore der Burg öffneten und einen ähnlich starken Trupp Bewaffneter ausspien. Er veranlasste sofort, dass der nächststehende Wachmann in sein Horn stieß.
»Sie machen einen Ausfall!«, berichtete er den daraufhin heraneilenden Männern. »Macht euch gefechtsbereit! Schnell!«
Obwohl die Knappen Brustpanzer und Kettenhemden bereithielten, dauerte es doch seine Zeit, bis ihre Herren dann wirklich auf den ebenfalls gepanzerten Pferden saßen. Rüdiger betrachtete besorgt, dass die Männer vor der Burg derweil auf sich allein gestellt waren. Aber andererseits waren sie alle kampferprobte Ritter, voll gerüstet und die Kräfte verhältnismäßig gleich verteilt. Dietmar sollte den Angriff eigentlich erfolgreich zurückschlagen. Aber dennoch schrillte in Rüdigers Kopf eine Alarmglocke. Warum dieser Ausfall? Was bezweckte Roland mit dem offenen Gefecht, das er bislang doch vermieden hatte?
Dietmar und seine Männer hatten sich derweil zum Kampf gestellt und ritten gegen die Front der anderen Ritter an. Die Linien stießen hart aufeinander – aber dies waren erkennbar Rolands bessere Ritter. Beim ersten Tjost ging keiner zu Boden. Aber Dietmar horchte auf, als er einen von ihnen rufen hörte.
»Vorsicht, Herr Ulrich!«
»Dort links, Herr Ulrich!« Ein anderer.
Dietmar fixierte den Ritter, von dem sie sprachen. Ein großer, schwerer Mann, was nicht verwunderlich war. Auch die anderen Steinbacher hatte man ihm stets als ungehobelte Kerle, aber starke Männer und gewandte Kämpfer geschildert. Und nun stand er diesem Riesen gegenüber – dem angeblich seine zarte, sanfte und schüchterne Sophia versprochen war. Dietmar sah rot vor Wut. Nein, ganz sicher war sie diesem Kerl nicht minniglich zugetan. Das musste Herr Gisbert erfunden haben. Sicher würde sie sich eher vor solch einem Bräutigam fürchten.
»Herr Ulrich von Steinbach?«, donnerte Dietmar.
Der Ritter nickte.
»Kämpft mit mir!«
Es war nicht so, dass die Kämpfe rund um den Erben von Lauenstein und den vierten Sohn des Burgvogtes von Steinbach völlig eingestellt wurden, nachdem Dietmars Forderung erfolgte. Aber die Ritter schienen doch nicht mehr mit dem gleichen Elan aufeinander loszuschlagen. Sie schufen Platz für Dietmar und Ulrich, die sich jetzt für einen Kampf wappneten. Wobei die Chancen ungleich verteilt waren. Dietmar ritt ein eher kleines, noch junges Pferd – der Erkundungsritt war ihm nicht gefährlich genug erschienen, um sein erfahrenes Streitross aus dem Stall zu holen. Ulrich von Steinbach saß dagegen auf einem gewaltigen Hengst. Dietmar parierte seinen Lanzenstoß äußerst geschickt, aber er brauchte dazu seine ganze Kraft und kam selbst kaum zum Zielen. Beim zweiten Tjost wurde es noch schlimmer. Dietmar parierte mit dem Schild, aber die Wucht des Angriffs war derart groß, dass die Lanze das Holz durchschlug. Dabei verpuffte die Kraft des Angriffs, aber Dietmar blieb nichts anderes übrig, als den Schild wegzuwerfen, schon damit sein Pferd nicht vor der nachschleifenden Lanze scheute. Als Ulrich zum dritten Mal anritt, war er gänzlich ohne Schutz. Zwar gelang es ihm, den Stoß des anderen mit der quer gehaltenen Lanze abzuwehren, aber er wurde dennoch vom Pferd gehebelt. Zum Glück tat er sich nichts und kam schnell wieder auf die Beine. Aber Ulrich von Steinbach lachte und begann nun, ihn mit dem Schwert zu attackieren. Dietmar schlug verzweifelt zurück. Aber ohne Schild war es nicht einfach – er konnte sich vom Boden aus allenfalls verteidigen, nicht seinerseits angreifen. Dietmar wehrte sich tapfer, konnte jedoch absehen, wie lange seine Kraft reichen würde.
»So steigt wenigstens ab!« Der Ruf eines der anderen Ritter.
Die Männer hatten die Kämpfe nun eingestellt, sie bildeten einen Kreis um die wichtigsten Kombattanten. Ein alter Freund des Belagerten – und der Fehdemeister der Belagerer. Dieser Kampf konnte die Schlacht um Lauenstein entscheiden!
»Bietet dem Mann einen gerechten Kampf!«, forderte auch ein anderer.
Dietmar war zu beschäftigt mit seiner Verteidigung, um zu erkennen, ob er ihm oder Ulrich angehörte.
Ulrich lachte nur. »Das zieht die Sache nur in die Länge!«, rief er den anderen zu. »Das Jüngelchen wollte mit mir kämpfen, nun hat er, was er will. Mal
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