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Das Erbe der Pilgerin

Das Erbe der Pilgerin

Titel: Das Erbe der Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Kemenaten.
    »Der Medikus scheint mir sehr müde«, sagte Sophia mit ihrer sanften Stimme. »Er hat genug von all den Kämpfen. Wenn nur …«
    »Tolosa, viva Tolosa!« Aus dem Burghof erklangen plötzlich jubelnde Stimmen. »Es lebe Toulouse! Sieg! Es lebe der Graf! Viva Tolosa! «
    Die ganze Stadt schien innerhalb weniger Momente von Glück und Begeisterung widerzuhallen.
    Dietmar beugte sich über die Brüstung des Wehrgangs. »Was ist los?«, rief er herunter. »Ihr führt euch ja auf, als zögen Montforts Truppen ab!«
    Einer der Ritter, die eben frohlockend mit ihren Pferden auf den Burghof sprengten, wollte antworten, aber in dem Moment kam schon Miriam mit wehenden Gewändern aus den Räumen des Grafen.
    »Dietmar, Sophia! Wisst ihr es schon?«
    »Montfort ist tot!« Die Ritter auf dem Hof galoppierten ausgelassen um die Runde. »Montfort ist gefallen!«
    »Simon?«, fragte Dietmar. »Simon de Montfort?«
    Miriam nickte lachend. »Und wir haben’s geschafft! Unsere Mangonel, Sophia! Geneviève, Ariane, die Kleine von Hansi. Und wir zwei! Wir haben den obersten Kreuzritter vernichtet!«
    Abram kam hinter seiner Gattin her und umarmte Dietmar, der Graf erschien ebenfalls auf der Empore und küsste Sophia.
    »Nicht zu fassen!«, jubelte er. »Der Kerl besiegt drei Armeen, bringt Könige um und brennt Städte ab. Aber kaum stellen sich ihm die Frauen von Toulouse entgegen, da fällt er um und ist tot!«
    »Wir mussten ihm dazu schon eine Steinkugel an den Kopf werfen«, meinte Miriam beleidigt. »Unser einfacher Anblick hätte nicht genügt.«
    Der Graf lachte. » Viva Tolosa! Es leben Okzitanien und seine Frauen! Habe ich doch immer gesagt! Wo sind die anderen? Die kleine Ariane? Und Geneviève … Und die Fremde? Das Bauernmädchen …«
    »Esclarmonde«, ergänzte Miriam.
    Es war ihr äußerst wichtig, Esclarmondes Beteiligung in Raymonds Gedächtnis zu verankern. Um Hansi heiraten zu können, brauchte das Mädchen unbedingt einen Adelstitel.
    Der Graf lachte noch ausgelassener. »Eine kleine Esclarmonde de Foix!« Er hob seinen Becher, inzwischen wurde überall Wein ausgeschenkt. »Auf unsere Parfaites! Mit Weihe und ohne Weihe: Auf die perfekten Frauen des Languedoc!«
    »Aber ist denn jetzt wirklich alles vorbei?«, fragte Sophia unsicher, als sie Dietmar und Abram die Treppe hinunter folgte. Die beiden hatten eine Trage organisiert und beabsichtigten, Rüdiger in Abrams und Miriams Räume zu bringen.
    »Da können wir gleich auch noch in Ruhe einen Becher Wein trinken – beim Grafen müsste ich mit Wasser anstoßen«, meinte Abram mit einem Seitenblick auf die spanischen Berater des Grafen, die dessen sonderbare Mauren stets mit Skepsis betrachteten. »Werde ich froh sein, wenn ich die los bin.«
    Dietmar antwortete auf Sophias ängstliche Frage. »Eigentlich sollte es nicht vorbei sein. Bernard sagte vorher, Amaury de Montfort habe das Heer übernommen.«
    Abram grinste und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Wer ist Amaury de Montfort?«, fragte er abfällig. »Den kennt keiner im Heer, und niemand nimmt ihn ernst. Abgesehen davon: Du machst dir doch keine Illusionen über dieses Heer! Raubritter und Gauner. Die wurden nur durch Simon de Montfort zusammengehalten. Mit eiserner Hand. Wartet mal ab, wie schnell alles auseinanderläuft!«
    Auf dem Burghof und in der Stadt wurde jedenfalls jetzt schon ausgelassen gefeiert, selbst aus dem improvisierten Feldlazarett im Rittersaal drangen Freudenschreie. Dietmar führte Abram an Rüdigers Lager. Sie fanden dort auch den Medikus. Aber weder der Verletzte noch der Arzt konnten den Jubel um sie herum teilen. Beide blickten fassungslos auf Geneviève. Sie saß zusammengekauert am Fußende von Rüdigers Bett, hatte seine Hand längst losgelassen und weinte haltlos.
    Es war noch einmal eine Tortur, Rüdiger hinauf in die Kemenate der Mauren zu bringen. Die engen Wehrgänge und Treppen waren nicht für Krankentragen gebaut. Aber Rüdiger schien weniger unter seinen eigenen Schmerzen zu leiden, als sich um Geneviève zu sorgen. Sie folgte den Männern willenlos, geführt von Miriam und Sophia, und ließ sich sofort wieder weinend fallen, als sich die Tür der luxuriösen Wohnung hinter ihr schloss. Die einzige Regung, die sie darüber hinaus zeigte, war ein Zusammenzucken, als Rüdiger beim Umbetten aufstöhnte. Der Verletzte entspannte sich dann aber schnell, als er erst bequem auf Miriams und Abrams weichem Bett ruhte. Sophia flößte ihm mit Wasser

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