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Das Erbe der Pilgerin

Das Erbe der Pilgerin

Titel: Das Erbe der Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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über sich, seine Schwäche einzugestehen, aber er warf nur einen flüchtigen Blick auf seinen Patienten, bevor er Miriams Einladung, sich zu setzen und etwas zu trinken, dankbar annahm. Sophia brachte ihm einen Becher Wein, Miriam schob einen Schemel heran, auf den er sein Bein betten konnte. Er hatte Schmerzen, aber das war kein Wunder – er war seit Beginn der Schlacht auf den Beinen.
    »Sie feiern da unten den Sieg, und mir sind fünfzig Ritter und bestimmt hundert Fußsoldaten unter der Hand gestorben«, sagte er leise und trank den Wein in tiefen Zügen. »Ich will nicht mehr. Genug Schlachten für ein Leben …«
    Sophia schaute schüchtern von ihm zu Dietmar. »Dietmar«, sagte sie vorsichtig. »Wenn der Herr Géroˆme nicht mehr hierbleiben will … Also falls deine Mutter nichts dagegen hat … vielleicht möchte er ja mit uns kommen nach Lauenstein.«
    Sie lächelte die beiden Männer wie um Verzeihung bittend an. Über das Gesicht des Medikus flog ein sonderbarer Ausdruck. War es Sehnsucht … oder Besorgnis?
    Dietmar biss sich auf die Lippen. »Der Herr … der Medikus ist mir selbstverständlich willkommen«, antwortete er. »Und sicher auch meiner Mutter, sie sprach immer voller Anerkennung und Wärme von ihm …«
    »Deine Mutter kennt ihn?«, erkundigte sich Sophia.
    Salomon nickte müde. »Allerdings nicht unter dem Namen Gérôme de Paris. Ich heiße Salomon von Kronach, Kind, und ich war der Mentor des Herrn Dietrich, des Vaters Eures Liebsten. Aber wenn … wenn es irgendeinen Zweifel gibt … wenn ich Gerlin von Lauenstein nicht willkommen bin … Dann möchte ich lieber sterben.«

Kapitel 11
    I n den nächsten Tagen ruhten die Kämpfe – und Abram erfuhr von seinem Informanten im feindlichen Lager, dass Amaury de Montfort heftig mit seinem Oheim Guy sowie dem Grafen von Soissons über den Fortgang der Belagerung stritt.
    »Der kleine Montfort möchte wohl weitermachen«, erklärte Abram seinen Freunden, »aber die Truppe meutert. Ich weiß nicht genau, was vorgeht – mein geistlicher Informant ist schon zweimal nicht zum Treffen gekommen. Jetzt, da er keine Angst mehr haben muss, dass ich ihn in der Schlacht erwische, zieht er sich zurück. Verständlich, aber ärgerlich. Immerhin hat er noch enthüllt, dass der Graf von Soissons überlegt, mitsamt seinen Leuten abzuziehen – das wäre ein ziemlicher Schlag für Montfort.«
    In der Truppe des Grafen von Toulouse hatte die Disziplin zum Glück nicht nachgelassen. Nach den ersten stürmischen Feiern sahen alle Ritter und Bürger ein, dass die Schlacht noch nicht gänzlich gewonnen war. Die Handwerker ließen also nicht nach in ihren Bemühungen, die Stadtmauer zu befestigen, und die Ritter übten sich im Kampf.
    Sechs Tage nach Simon de Montforts Tod bestätigte sich diese Umsicht. Der junge Heerführer versuchte einen letzten Angriff – und Toulouse wehrte ihn mühelos ab. Dietmar, Abram und Hansi machten allerdings eher halbherzig mit. Jeder von ihnen plante den Abzug mit seiner Frau oder Angelobten, aber keiner wagte einen Zeitpunkt festzulegen. Schuld daran war natürlich die noch unsichere Lage in der Stadt, aber auch die Sorge um Rüdigers Zustand. Er lag nach wie vor krank in Miriams Kemenate – trotz der guten Versorgung hatten sich einige der Messerstiche entzündet, und das Fieber wollte nicht sinken. Vor allem eine Verletzung an der rechten Schulter eiterte und schmerzte, eine Komplikation, die der Medikus zwar nicht für lebensbedrohend hielt, die aber das endgültige Aus für Rüdiger als Schwertkämpfer darstellte.
    »Ihr werdet den Arm gebrauchen können, so Gott will«, beschied Salomon seinen Patienten bedauernd. »Aber wirklich erstarken wird er nicht mehr. Also richtet Euch darauf ein, auf Euer Lehen zurückzukehren und es zu verwalten. Ich hoffe, das wird kein zu harter Schlag für Euren Bruder.«
    Bisher verwaltete der jüngere Wolfgang von Falkenberg den Besitz. Er war seit Jahren verheiratet und hatte drei Kinder.
    »Du kannst ja den Waffenmeister für die Knappen spielen«, tröstete ihn Dietmar. »Die Ritter würden darauf brennen, dir ihre Söhne zu schicken. Unsere kommen bestimmt!« Er lächelte Sophia verschwörerisch zu, die den Blick strahlend erwiderte.
    Für Rüdiger war die Prognose ein herber Schlag, und es mochte sein, dass auch der Kummer seine Genesung verzögerte. Als Amaury de Montfort die Belagerung am 25. Juli, genau einen Monat nach dem Tod seines Vaters, aufhob und die Kreuzfahrer abzogen, lag er

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