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Das Erbe der Pilgerin

Das Erbe der Pilgerin

Titel: Das Erbe der Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Mehr als einen Schuss hatte sie sicher nicht, um ihn zu retten.
    Geneviève atmete tief durch und fixierte noch einmal das Geschehen auf dem Schlachtfeld. Neben dem Katapult erkannte sie das Wappen des Simon de Montfort. Er beugte sich eben zu seinem Bruder, dem die Ritter aufgeholfen hatten. Geneviève kämpfte jeden Skrupel nieder. Egal, was man sie gelehrt hatte, in den Körpern dieser Männer verbarg sich ganz sicher nicht die Seele eines Engels …
    »Jetzt!«, sagte sie kurz.
    Die Mädchen zogen sich zurück, Abram und Geneviève ließen die Winde los. Und dann sahen sie alle die Steinkugel fliegen, mit der die Mangonel geladen gewesen war. Sie bewegte sich zielsicher in Richtung des Katapults – aber die Flugbahn war zu kurz. Die Kanoniere stöhnten, aber Geneviève verfolgte die Bahn der Kugel mit kühlem Blick, ebenso Miriam. Die Astrologin hatte diese Mangonel gebaut, im Gegensatz zu den Männern wusste sie sehr genau, wohin Geneviève und Ariane sie ausgerichtet hatten.
    Die Kugel traf mitten in das Getümmel um Guy und Simon de Montfort. Die Verteidiger konnten nicht genau sehen, wer getroffen war, aber Genevièves Ziel war auf jeden Fall erreicht. Gleich nach dem Einschlag wurden Schreie laut, die Männer, die Rüdiger traktiert hatten, ließen von ihm ab, und auch alle anderen Ritter Montforts wandten den Blick entsetzt in Richtung ihrer Heeresführung. Das gab Dietmar und den Rittern aus Toulouse Zeit, sich zu Rüdiger durchzukämpfen.
    »Er lebt, er bewegt sich …« Sophia jubelte, als Dietmar seinen Oheim aufs Pferd zog.
    Fußsoldaten aus Toulouse hatten ihm aufgeholfen, trugen ihn aber mehr, als sie ihn stützten. Immerhin schien er sich an Dietmar festzuhalten. Der junge Ritter versuchte, sein Pferd in Galopp zu setzen, aber Rüdiger schwankte schwer. Schließlich ritten sie in leichtem Trab auf die Stadtmauern zu. Die Kreuzfahrer behelligten sie dabei nicht.
    Geneviève und Sophia warteten nicht länger. Sie eilten die Stiegen herunter, um Dietmar und Rüdiger am Tor von Montoulieu in Empfang zu nehmen. Wenn Geneviève und Sophia an die gleiche Situation zwei Wochen zuvor zurückdachten, so beherrschten sie sich jedenfalls eisern. Die Männer, die mit Tragen bereitstanden, warfen mitleidige Blicke auf die jungen Frauen.
    »Erst der Bruder, jetzt der Liebste«, hörte Sophia einen von ihnen wispern. Sie wusste nicht, ob Geneviève es auch vernahm, aber sie entgegnete jedenfalls nichts darauf.
    Rüdiger fiel mehr vom Pferd, als abzusteigen, als Dietmar seinen Hengst verhielt. Die Rüstung hatten ihm die Feinde geraubt, sein Kettenhemd war an etlichen Stellen von Messern durchstoßen. Rüdiger war blutüberströmt, sein Gesicht völlig zerschlagen.
    Der Versuch, Geneviève zuzulächeln, geriet zu einer blutigen Grimasse. »Du bist doch gekommen …«, flüsterte er.
    Geneviève nickte.
    »Und wie schön du bist …« Rüdiger sank erschöpft auf die Trage.
    Sophia sah zu Dietmar auf, während Geneviève den Trägern folgte. »Ist er schwer verletzt?«, fragte sie angstvoll.
    Dietmar zuckte die Schultern. »Frag den Medikus. Aber er konnte sich immerhin noch auf dem Pferd halten, und bei Bewusstsein ist er auch. Liebste … dies ist die härteste Schlacht bisher. Wünsch mir Glück …«
    Er wirkte erschöpft, und sein Gesicht war schweißnass. An diesem Sommertag musste die Hitze unter der Rüstung kaum erträglich sein. Dennoch schloss er eben wieder sein Visier, um sich erneut in den Kampf zu stürzen. Ein paar andere Ritter kamen dagegen gerade zurück.
    »Da passiert nicht mehr viel«, gab der junge Bernard Auskunft. »Irgendwas ist mit Montfort, sein Bruder soll ja wohl verletzt sein. Jedenfalls übernahm das Kommando eben Amaury, Ihr wisst schon, der Sohn des alten Simon. Aber sie scheinen alle etwas demoralisiert zu sein. Wenn Ihr mich fragt: Für heute ist die Schlacht beendet. Reitet ruhig zum Schloss, und seht nach Eurem Oheim.«
    Sophia stieg noch einmal auf den Turm, um der Maurin Bericht zu erstatten. Miriam und Abram justierten die Mangonel eben neu, wieder mit der Hilfe von Ariane, der das Ganze sichtlich Spaß machte.
    »Wir zerschießen ihnen noch ihre Blide!«, vermeldete sie vergnügt. »Schade, dass Geneviève wegmusste. Ist ihr Ritter wohlauf?«
    Sophia verdrehte erneut die Augen ob der Naivität der Jüngeren. »Er lebt«, sagte sie kurz. »Und ebenso dein Bernard …«
    Die Bogenschützen auf den Zinnen bestätigten soeben Bernards Eindruck vom Ende der Schlacht.
    »Die Kugel

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